Welche EKG-Befunde bei Sarkoidose für ein erhöhtes Herztod-Risiko sprechen

Wenn bei Sarkoidose-Patienten eine kardiale Manifestation übersehen wird, kann das lebensbedrohliche Folgen haben. Bestimmte EKG-Befunde sprechen einer aktuellen Studie zufolge für ein erhöhtes Herztodrisiko. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Von: Veronika Schlimpert

 

05.04.2021

Bestimmte EKG-Befunde sollten Ärzten bei Sarkoidose-Patienten als Alarmsignal deuten – auch dann, wenn die Ventrikelfunktion noch normal ist. Denn entsprechende Veränderungen könnten einer aktuellen Analyse zufolge auf ein erhöhtes Herztodrisiko hindeuten.

Bis zu zwei Drittel verstirbt an einem plötzlichen Herztod

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Systemerkrankung, die nicht selten auch das Herz betrifft. Eine solche Herzbeteiligung wird laut Autopsie-Studien aber oft nicht erkannt: So findet sich bei bis zu 25% der verstorbenen Sarkoidose-Patienten eine kardiale Manifestation, die vor dem Tod nicht bekannt war. Die Folgen einer zu späten Diagnose können fatal sein. Bis zu zwei Drittel der Patienten mit einer kardialen Sarkoidose versterben an einem plötzlichen Herztod.

 

Gibt es irgendwelche Anzeichen, an denen gefährdete Patienten frühzeitig erkannt werden können? Als Screeningmaßnahme erscheinen die bisherigen Möglichkeiten nicht praktikabel genug, das jedenfalls ist die Ansicht von US-Kardiologen um Dr. Bharat Narasimhan: „Aktuelle Ansätze zur Diagnostik und Risikostratifizierung setzen vor allem auf die Anwesenheit einer Herzinsuffizienz und den Einsatz von erweiterten Bildgebungsmodalitäten wie die kardiale Magnetresonanztomografie oder die PET“, so die in New York tätigen Mediziner. Doch die Verfügbarkeit dieser Diagnostikmethoden sei begrenzt und die Kosten hoch.

 

Narasimhan und Kollegen haben sich deshalb speziell auf das EKG konzentriert und hier nach bestimmten Risikomarkern gesucht. Insgesamt 803.576 Krankenhausdaten von Patienten mit einer systemischen Sarkoidose haben sie analysiert; 4.177 dieser Patienten (0,5%) hatten einen plötzlichen Herztod erlitten. Personen, die neben der Sarkoidose noch eine ischämische Herzerkrankung hatten, sind in der Analyse nicht berücksichtigt worden.

Vier Risikomarker im EKG

In einer multivariaten Regressionsanalyse stellten sich folgende EKG-Veränderungen als unabhängige Prädiktoren für einen plötzlichen Herztod heraus:

 

  • AV-Block 2. und 3. Grades (Odds Ratio, OR: 3,22 bzw. 7,12; p=0,001),
  • Rechtsschenkelblock (OR: 2,59; p=0,001),
  • Linksschenkelblock (OR: 2,13; p=0,02) und
  • Faszikelblock (OR: 2,75; p=0,005).

 

Diese EKG-Veränderungen gingen auch bei Patienten, die bis dato keine Herzinsuffizienz oder Kardiomyopathie aufwiesen, mit einem erhöhten Risiko einher.

 

Weitere Prädiktoren für ein erhöhtes Herztodrisiko waren Vorhofflimmern (OR: 1,69) sowie eine Herzinsuffizienz sowohl bei reduzierter als auch erhaltener Ejektionsfraktion (OR für HFrEF: 2,37 und OR für HFpEF: 1,88).

 

Nicht wenige der von einem Herztod betroffenen Patienten waren noch nicht mal 40 Jahre alt (8,8%). Und ein beträchtlicher Anteil wies vor dem Ereignis eine normale Pumpfunktion auf (67,8%). „Obwohl eine Herzinsuffizienz und Kardiomyopathie zweifellos das Risiko für einen Herztod erhöhen, deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass auch Sarkoidose-Patienten mit einer normalen Ventrikelfunktion einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind“, geben die Studienautoren zu bedenken.

Eignet sich das EKG als Screeningtool?

Doch was heißt das jetzt für die Praxis? Nach Ansicht von Narasimhan und Kollegen könnten ihre Befunde in zweierlei Hinsicht hilfreich sein. Einmal könnte das EKG eine Möglichkeit zum Screening von Sarkoidose-Patienten darstellen. Sind darin Auffälligkeiten zu sehen, ist eine weiterführende Bildgebungs-Diagnostik angebracht. Zum anderen könnten die Ergebnisse bei der Therapieentscheidung wegweisend sein. Beispielweise bei einem Patienten mit bekannter kardialer Sarkoidose, tauchen bei ihm neue EKG-Veränderungen auf, spreche das für eine erneute Bildgebung und eine sich potenziell anschließende ICD-Implantation, so die US-Kardiologen.

 

Doch beim Einsatz des EKG als Screeningtool gibt es einen Knackpunkt: Die Sensitivität der Befunde ist gering, auch wenn deren Spezifität hoch ist. Bedeutet, wenn ein Patient keine entsprechenden EKG-Veränderungen aufweist, kann man sich nicht sicher sein, dass er wirklich keine kardiale Manifestation bzw. ein erhöhtes Herztodrisiko aufweist. Allein auf das EKG kann man sich also nicht verlassen. Das sehen auch die US-Kardiologen so: „Die klinische Einschätzung bleibt essenziell“, betonen sie.

ICD bleibt eine Einzelfallentscheidung

Keine Aussage treffen lässt sich anhand dieser retrospektiv ausgewerteten Daten, welche Sarkoidose-Patienten letztlich von einem ICD profitieren. „Wir können keinen Kommentar über irgendeinen potenziellen Nutzen einer ICD-Implantation für die Prognose dieser Patienten machen“, weisen Narasimhan und Kollegen als Limitation hin. 

 

Derzeit ist die Entscheidung für einen ICD immer im Einzelfall zu treffen. Eine höhergradig eingeschränkte Ejektionsfraktion sowie ein Late Gadolinum Enhancement im MRT sind laut einem Konsensuspapier der DGK und DGP Kriterien, die für eine Implantation sprechen. Aber selbst bei normaler Ejektionsfraktion könne eine ICD-Implantation im Einzelfall diskutiert werden, wenn im EKG ventrikuläre Arrhythmien induzierbar seien und im kardialen MRT ein ausgeprägtes LGE nachweisbar sei, heißt es in dem Papier.


Literatur

Narasimhan B et al. Incidence and Predictors of Sudden Cardiac Arrest in Sarcoidosis: A Nationwide Analysis. J Am Coll Cardiol EP. 2021. DOI: https://doi.org/10.1016/j.jacep.2021.01.022

 

Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung (DGK). Diagnostik und Therapie der kardialen Sarkoidose. Kardiologe 2020;14:14–25, DOI: https://doi.org/10.1007/s12181-019-00359-y

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