Youngs für Youngs: Die Stress-Echokardiographie

 

Wichtige Verfahren im praktischen Überblick: In der Format-Reihe „Youngs für Youngs” präsentieren Youngs Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aus verschiedenen Fachgebieten. Erfahrene Kolleginnen oder Kollegen ergänzen in Expertenkommentaren weitere hilfreiche Hinweise zu Planung und Durchführung.

 

Dieses Mal befasst sich Ronja Flueren (BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum) mit der Stress-Echokardiographie. Der Experte PD Dr. Wolfgang Fehske (Uniklinik Köln) gibt zusätzliche Tipps.

Von:

Ronja Flueren
BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum

 

Expertenkommentar:

PD Dr. Wolfgang Fehske

Uniklinik Köln

 

20.08.2025

 

Bildquelle (Bild oben): LightField Studios / Shutterstock.com

 

Die Stress-Echokardiographie ist eine vielseitige Untersuchungsmethode, welche nicht-invasiv, mit kurzer Vorbereitungsdauer und frei von Strahlenbelastung fundierte Einschätzungen zu verschiedenen kardiologischen Krankheitsbildern ermöglicht. In den europäischen Leitlinien zum chronischen Koronarsyndrom, zu Herzklappenerkrankungen sowie zu Kardiomyopathien wird die Durchführung dieser Untersuchung für bestimmte Fragestellungen mit einem hohen Evidenzgrad empfohlen.

 

Die Qualität der Untersuchung hängt jedoch stark von der Erfahrung der untersuchenden Person ab. Als kompakte Übersicht soll dieser Beitrag einen Einblick in das Thema ermöglichen, typische Fallstricke benennen und somit den Einstieg erleichtern.

Untersuchungsprinzip, Indikationen und Kontraindikationen

 

Das Grundprinzip der Untersuchungsmethode besteht darin, funktionelle kardiale Veränderungen unter Belastung echokardiographisch zu erfassen. Abhängig von der jeweiligen Patientenkonstitution und der Fragestellung stehen unterschiedliche Belastungsmodalitäten zur Verfügung, welche verschiedene Vor- und Nachteile mit sich bringen. Unterschieden werden eine dynamische Belastung, üblicherweise in Deutschland in Form einer Fahrrad-Ergometrie, und eine medikamentöse Belastung mit positiv-inotropen (Dobutamin) oder vasodilatierenden Substanzen (Adenosin, Regadenoson). 


Es gibt verschiedene Indikationen zur Durchführung einer Stress-Echokardiographie. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung ist eine Stress-Echokardiographie bei intermediärer Vortestwahrscheinlichkeit zur Ermittlung von belastungsinduzierter Ischämie indiziert. Zur Planung einer Revaskularisation bei Koronarverschlüssen kann die Untersuchung zur Beurteilung der Myokardvitalität verwendet werden. Ferner kann die Untersuchung bei der Beurteilung der hämodynamischen Relevanz und der Schweregradeinteilung von Herzklappenvitien helfen. Bei dynamischen Vitien können hier belastungsinduzierte Graduierungsunterschiede ermittelt werden. Im Falle einer Low-Flow/Low-Gradient-Aortenklappenstenose wird die Durchführung einer Low-Dose-Dobutamin-Stress-Echokardiographie mit Ermittlung der kontraktilen Reserve empfohlen. Bei der Diagnostik einer hypertroph-obstruktiven Kardiomyopathie ist eine Stress-Echokardiographie zur Ermittlung einer belastungsinduzierten Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts (LVOT) indiziert.


Absolute Kontraindikationen sind insbesondere akute kardiale Erkrankungen wie ein akutes Koronarsyndrom, eine Lungenarterienembolie, eine Aortendissektion sowie eine akute Myokarditis. Ferner sind verschiedene relative Kontraindikationen zu erwähnen, bei denen die Untersuchung unter differenzierter Indikationsstellung dennoch erfolgen kann. Hier sind vor allem hochgradige Aortenklappenstenosen, stattgehabte maligne Arrhythmien und hypertensive Entgleisungen zu nennen. Im Falle einer medikamentösen Belastung sind vorhandene Allergien sowie substanzspezifische Kontraindikationen zu beachten. Bezüglich Dobutamin stellen unter anderem signifikante LVOT-Obstruktionen eine Kontraindikation dar, bezüglich der Vasodilatatoren sind es höhergradige AV-Blockierungen, symptomatische Hypotonien sowie ein Asthma bronchiale (Regadenoson ist jedoch bei Asthma bronchiale nicht absolut kontraindiziert). 

Vorbereitung

 

Für einen sicheren und reibungslosen Ablauf sowie aussagekräftige Befunde sollte eine gründliche Vorbereitung erfolgen. Vor jeder Stress-Echokardiographie sollten eine aktuelle transthorakale Echokardiographie, ein aktuelles 12-Kanal-EKG sowie relevante Vorbefunde vorliegen und es sollte eine eindeutige Fragestellung formuliert werden.


Wenn Betablocker zur physikalischen Stress-Echokardiographie pausiert werden, sollte individuell eine Bedarfs- bzw. Ersatz-Medikation angesetzt werden. Vor geplanter Adenosin-Gabe sollte ein 24-stündiger Koffeinverzicht eingehalten werden. Insbesondere im Falle einer medikamentösen Belastung sollte eine schriftliche Aufklärung vorliegen. Bei einer rein physikalischen Belastung ist eine Nüchternheit nicht unbedingt erforderlich. 

Untersuchungsablauf

 

Die Durchführung einer Stress-Echokardiographie erfolgt bis zur Detektion pathologischer Befunde bzw. dem Erreichen einer maximalen Ausbelastung, orientierend zu dokumentieren anhand der altersentsprechenden maximalen Herzfrequenz.


Es sollten eine durchgängige 12-Kanal-EKG-Ableitung und eine intermittierende nicht-invasive Blutdruckmessung erfolgen. Ferner sollte ein medizinischer Notfallwagen mit Defibrillator bereitstehen.


Im Falle einer dynamischen Stress-Echokardiographie ist eine Belastung mittels kippbarem Fahrrad-Ergometer in Linksseitenlage zu empfehlen. Hierdurch ist eine echokardiographische Diagnostik unter Belastung unterbrechungsfrei möglich. Unter Verwendung von standardisierten, jedoch dem individuellen Belastungsniveau angepassten Protokollen, wird üblicherweise mit einer Belastung von 50 Watt begonnen und alle 2 Minuten erfolgt ein stufenweiser Anstieg um 25 Watt.


Eine Dobutamin-Stress-Echokardiographie kann eine Alternative darstellen, wenn eine körperliche Belastung nicht möglich ist. Es erfolgt eine schrittweise Applikation von 10–40 µg/kgKG in 10-µg-Schritten, gegebenenfalls kann zur weiteren Herzfrequenzsteigerung bis max. 2 mg Atropin gegeben werden. 
Die Adenosin-Stress-Echokardiographie erlaubt neben der Wandanalyse auch die Messung der Perfusions- und der koronaren Flussgeschwindigkeitsreserve (CFR). Hierfür werden 140–180 µg/kgKG/min über 3–6 Minuten appliziert.


In jeder Belastungsstufe sowie in der Ruhe- und Erholungsphase sollte eine digitale Bildspeicherung erfolgen. Standardisiert sollten apikale 3-, 2- und 4-Kammerblicke mit weiteren, von der jeweiligen Fragestellung abhängigen Aufnahmen erfolgen.


Abbruchkriterien stellen unter anderem das Erreichen der oben genannten Endpunkte, Symptome wie Dyspnoe oder Angina pectoris, Blutdruckentgleisungen oder -abfälle, weitere relevante echokardiografische sowie signifikante EKG-Veränderungen dar.

 

Anschließend sollte der Patient bzw. die Patientin abhängig von den verwendeten Substanzen und dem individuellen Krankheits- und Risikoprofil eine gewisse Zeit überwacht werden, mindestens jedoch bis zur Normalisierung von Blutdruck und Herzfrequenz.

Ablauf einer Stress-Echokardiographie Abb.: Ablauf einer Stress-Echokardiographie

Fazit

 

Die Stress-Echokardiographie stellt eine umfangreiche Untersuchungsmethode zur Erfassung funktioneller kardialer Veränderungen unter Belastung dar. Die koronare Herzerkrankung ist derzeit die häufigste Indikation für die Durchführung einer Stress-Echokardiographie, durch erfahrene Untersucherinnen und Untersucher können belastungsinduzierte Myokardischämien mit einer hohen Sensitivität erfasst werden. Eine zuverlässige Befundinterpretation setzt jedoch eine gründliche Ausbildung voraus. 

 

Vor meiner ersten Stress-Echokardiographie hätte ich mir gewünscht, zu wissen, dass ... es wichtig ist, sich vor Untersuchungsbeginn ein gutes Schallfenster zu suchen, sinnvolle Geräteeinstellungen mit korrekter Tiefe vorzunehmen und die zu untersuchende Person entsprechend zu lagern. Auch das Äußern von Atemkommandos unter Belastung sowie das vorherige Üben einer flachen Atmung kann die Untersuchungsdurchführung und das Schallfenster verbessern. Es ist zu empfehlen, zuvor ausreichende praktische Kenntnisse in der standardisierten Ruhe-Echokardiographie zu erlangen und sich während der Untersuchung bei unklaren Befunden und eingeschränkten Untersuchungsbedingungen frühzeitig Unterstützung durch erfahrenere Kolleginnen und Kollegen einzuholen.

 

Nach den ersten Stress-Echokardiographien weiß ich, dass ... die Untersuchungsmodalität nicht bei allen Patientinnen und Patienten sinnvoll durchzuführen ist. Wichtige Voraussetzungen sind eine gute Mitarbeit und ein ausreichendes Schallfenster, dieses kann sich jedoch im Laufe der Untersuchung unter Belastung bei vertiefter Atmung teilweise auch verbessern. Wenn mehr als zwei Wandabschnitte nicht ausreichend zu beurteilen sind, kann nach entsprechender Aufklärung ein lungengängiges Ultraschallkontrastmittel verwendet werden, um die Wandbewegungsanalyse zu verbessern.

Expertenkommentar

 

Die Stress-Echokardiographie ist eine sehr aussagefähige Untersuchung mit mehreren Anwendungstechniken, wobei die physikalische Belastung auf dem Liegend-Fahrradergometer mit der Möglichkeit, die Patientinnen und Patienten während der Untersuchung in eine Linksseitenlage zu drehen, um eine möglichst gute Bildqualität zu erreichen, die einfachste und am häufigsten eingesetzte Methode ist.


Voraussetzung für die effektive Durchführung ist eine sichere Beherrschung der transthorakalen Echokardiographie mit den unterschiedlichen Standardtechniken.


Zum Einstieg in die Methode sollten unerfahrene Untersucherinnen und Untersucher möglichst intensiv begleitet werden bzw. die ersten eigenen Stress-Echokardiographien sollten grundsätzlich unter Supervision stattfinden. Diese bzw. eine zusätzliche gezielte methodenspezifische Einarbeitung ist sicher notwendig bei pharmakologischen Stressuntersuchungen und insbesondere auch bei den Myokardperfusionsdarstellungen unter Verwendung von lungengängigem Kontrastmittel. 


Für die Erkennung pathologischer Befunde ist ein Training an gesicherten Beispielen in einer der eigenen angewandten Methode vergleichbaren Aufnahmetechnik unbedingt erforderlich. Hierzu ist eine in der jeweiligen Institution vorhandene digitale Datenbank wünschenswert, ansonsten sind unterschiedliche digitale Beispiele über entsprechende Publikationen im Internet abzurufen. Sicher zu empfehlen sind darüber hinaus die Stressecho-Kurse, die unter anderem über die Akademie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie angeboten werden.


Alle Befunde sollten in einer standardisierten einheitlichen Form erstellt werden und bei pathologischen Auffälligkeiten grundsätzlich zunächst mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen nach gemeinsamer Durchsicht der Aufzeichnungen abgestimmt werden.


Eine aktive Nachfrage nach den Ergebnissen von nachfolgenden invasiven oder anderen ergänzenden Methoden bei insbesondere als pathologisch beurteilten Stress-Echokardiographie-Befunden sollte immer erfolgen. Diskrepante Befunde sollten im Team besprochen werden.

Zur Autorin

Ronja Flueren

Ronja Flueren ist Ärztin in Weiterbildung an der Med. Klinik II – Kardiologie und Angiologie am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum. Sie studierte in Gießen, Essen und Montpellier. Nach Abschluss einer Echokardiographie-Rotation arbeitet sie derzeit auf der Intensivstation. Ihr wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt im Bereich der kardialen Bildgebung bei strukturellen Herzerkrankungen.

Dr. Ailís Ceara Haney

Zum Autor

PD Dr. Wolfgang Fehske

PD Dr. Wolfgang Fehske ist ehemaliger Chefarzt der Kardiologie am St. Vinzenz Hospital Köln und jetzt als wiss. assoziierter Mitarbeiter der Klinik II für Innere Medizin – Allgemeine und interventionelle Kardiologie, Elektrophysiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin der Unikinik Köln tätig. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf dem Thema der kardialen Bildgebung.
Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Referenzen

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