Youngs für Youngs: Der Rechtsherzkatheter

 

Der Rechtsherzkatheter ist häufig eine der ersten invasiven Prozeduren, die im Herzkatheterlabor als Assistenzärztin oder Assistenzarzt eigenverantwortlich durchgeführt werden kann. Vor den ersten Prozeduren gilt es einiges zu beachten: Wo ist die optimale Punktionshöhe? Was mache ich bei schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz? Wie ist die Thermo-Dilution zu interpretieren? Was kann ich tun, wenn ich nicht in Wedge-Position komme? Der nachfolgende Artikel soll auf einige dieser Fragen eine Antwort geben. Von Youngs für Youngs. 

Von:

Dr. Samira Soltani

Medizinische Hochschule Hannover

 

Expertenkommentar:

PD Dr. Maria Tafelmeier

Universitätsklinikum Regensburg

Prof. Lars Maier

Universitätsklinikum Regensburg

 

 

23.04.2025

 

Bildquelle (Bild oben): LightField Studios / Shutterstock.com

Planung: Indikation und Kontraindikationen

 

Für die Rechtsherzkatheter-Untersuchung gibt es viele Indikationen: Auf der Intensivstation wird vor allem die durch das Einschwemmen eines Swan-Ganz-Katheters entstehende Möglichkeit des hämodynamischen Monitorings genutzt. Hierbei wird ein zentraler Zugang über die V. jugularis verwendet und der Rechtsherzkatheter in die Pulmonalarterie vorgebracht. Dieser Beitrag beschränkt sich auf den Zugangsweg über die V. femoralis und die damit verbundenen diagnostischen Möglichkeiten. Hierbei wird im Herzkatheterlabor unter Durchleuchtung der Swan-Ganz-Katheter über eine einliegende Schleuse bis in die Pulmonalarterie vorgebracht.

 

Als wichtigste Fragestellungen sind hier unter anderem eine pulmonale Hypertonie, die Suche nach einem Shuntvitium, oder auch Funktionsstörungen der Trikuspidal- oder Pulmonalklappe zu nennen. Die wichtigsten Kontraindikationen sind mechanische Trikuspidal- oder Pulmonalklappenprothesen, aber auch bei einem erhöhten INR oder einer Thrombozytopenie ist aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos beim peripheren Zugang Vorsicht geboten. Zur Vorbereitung muss zunächst ein großlumiger venöser Zugang etabliert werden. Hierfür wird die V. femoralis ca. auf halber Höhe des Hüftkopfes unter Zuhilfenahme eines Ultraschallgeräts, sonografisch gesteuert punktiert und eine venöse Schleuse in die Vene vorgebracht. 

Korrekte Positionierung

 

Nach Aspiration und Spülen der Schleuse wird nun der vorgespülte Rechtsherzkatheter ca. 15-20 cm über die V. femoralis in die V. iliaca externa und schließlich in die V. cava inferior vorgebracht. Unter Durchleuchtung wird der Ballon des Katheters inflatiert und der Katheter bis in den rechten Vorhof vorgeschoben. Auf dem Weg muss vor allem auf Höhe der Lebervene darauf geachtet werden, dass der Katheter nicht in einen Seitenast abbiegt. Mit etwas manuellem Geschick wird nun die Katheterspitze in Richtung des rechtsventrikulären Ausflusstrakts gedreht und in die Pulmonalarterie vorgebracht. Sollte das nicht funktionieren, können Atemkommandos helfen, um den Katheter in Position zu bringen. Bei bestehender schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz wird der Katheter häufig mit dem retrograden Blutfluss zurück in den Vorhof gespült. Hier kann es helfen, zunächst einen Draht in Position zu bringen und den Katheter dann über den Draht hinterher zu führen.

Invasive Druckmessungen und Interpretation

 

In der Pulmonalarterie angekommen wird zunächst der pulmonalarterielle Druck (PA-Druck) registriert. Über ein weiteres Vorschieben des Katheters ist in den meisten Fällen die sog. „Wedge-Position“ zu erreichen. Dafür wird der Katheter mit dem inflatierten Ballon in der zweiten oder dritten Abzweigung der Pulmonalarterie „eingekeilt“. So ist eine Messung des Lungenkapillaren-Verschlussdrucks (PCWP) möglich. Dieser Wert (der Wedge-Druck) entspricht nahezu dem enddiastolischen Druck im linken Vorhof, wodurch ebenfalls eine Einschätzung des linksventrikulären enddiastolischen Drucks (LVEDP) möglich wird. Die Ermittlung des Wedge-Drucks und die darüber indirekte Abschätzung des LVEDP ermöglicht dann weitere Differenzierungen bei der Diagnosestellung einer diastolischen Dysfunktion (welche mit einem erhöhten LVEDP einhergeht).

Ist der PA-Druck und der Wedge-Druck gemessen, so kann zudem zwischen einer prä-, postkapillären bzw. einer gemischten pulmonalen Hypertonie differenziert werden. Ist der Katheter in PA-Position vorgebracht, so kann in einem nächsten Schritt das Herzzeitvolumen nach der Thermodilutionsmethode bestimmt werden. Hierbei wird der Katheter in PA-Position belassen und kalte Flüssigkeit über das proximale Lumen in den rechten Vorhof injiziert. Dieses vermischt sich mit dem Blut im rechten Vorhof und führt zu einer geringfügig veränderten Temperatur, welche in der A. pulmonalis gemessen wird. Der Grad der Abkühlung ist umgekehrt proportional zum Herzzeitvolumen. Die Berechnung des Herzzeitvolumens erfolgt dann rechnergestützt durch die vereinfachte Stewart-Hamilton-Formel. Mögliche Fehlerquellen sind hierbei eine ungleichmäßige Injektion, welche zu einer unzureichenden Vermischung der Flüssigkeit mit dem Blut im rechten Ventrikel führt oder das Vorliegen einer Trikuspidalklappeninsuffizienz, welche aufgrund des entstehenden Pendelflusses zu einer verbreiterten Thermodilutionskurve führt. Weiterhin gilt es zu beachten, dass die Methode bei sehr geringem HZV aufgrund des verlangsamten Transports des Injektats in Richtung Thermistor zu einem Überschätzen des wahren Herzzeitvolumens führt.

Eine weitere wichtige diagnostische Möglichkeit des Rechtsherzkatheters ist die Shuntdiagnostik. In der Regel wird im Rahmen der Rechtsherzkatheteruntersuchung eine routinemäßige Messung der Sauerstoffsättigung in der A. pulmonalis bestimmt. Werte von über 80 % sind hierbei verdächtig und sollten eine weitere Suche nach einem vorliegenden Shunt nach sich ziehen. Hierbei hat sich die Etagen-Oxymetrie in der klinischen Routine durchgesetzt. Dabei wird an festgelegten Orten eine Messung der Sauerstoffsättigung durchgeführt. Hierbei handelt es sich um die Pulmonalarterie, den rechten Ventrikel, das obere Ende sowie das untere Ende des rechten Atriums, die V. cava superior und die V. cava inferior. Je nach Literatur und Fragestellung können noch weitere Messpunkte hinzukommen. Da die Lokalisation des Shunts in der Regel vor der Katheteruntersuchung bekannt ist, können die Blutentnahmepunkte individuell angepasst und ggf. abgekürzt werden. Die Lokalisation des Shunts ist dort anzunehmen, wo eine signifikante (≥ 7 %) Sättigungsdifferenz zwischen zwei Messpunkten identifiziert wird.

Abschluss der Untersuchung und Komplikationsmanagement

 

Ist die erforderliche Diagnostik (mit oder ohne Stufensättigung) im Sinne der Bestimmung des Herzzeitvolumens und der Bestimmung des lungenkapillaren Verschlussdrucks erfolgt, wird der Katheter schrittweise zurückgezogen und die Drücke im rechten Ventrikel sowie im rechten Atrium registriert. Sind alle Messungen erfolgt und auf Sinnhaftigkeit und Auswertbarkeit (Stichwort: Trikuspidalklappeninsuffizienz) überprüft, wird der Katheter über die einliegende Schleuse entfernt. In einem nächsten Schritt wird nun auch die venöse Schleuse entfernt und die Punktionsstelle zunächst manuell komprimiert und anschließend mit einem Druckverband versorgt.

In einigen Fällen, beispielsweise bei marcumarisierten Patientinnen und Patienten, sollte ein alternativer Zugangsweg über die V. brachialis in Betracht gezogen werden, um mögliche Blutungskomplikationen zu vermeiden. Über die V. brachialis lässt sich der herkömmliche Swan-Ganz-Katheter sogar in der Regel leichter in die Wedge-Position bringen, da die Biegung des Katheters der Anatomie folgen kann. Das Vorbringen des Katheters in das rechte Herz ist jedoch in manchen Fällen technisch etwas anspruchsvoller und Bedarf der nötigen Erfahrung. 

 

Vor meinem ersten Rechtsherzkatheter hätte ich mir gewünscht, zu wissen, dass ... es bei der Steuerung des Katheters auch auf Schnelligkeit ankommt, da dieser relativ schnell im Gefäß seine Steifigkeit verliert und es schwieriger wird, je länger die Verweildauer des Katheters in der warmen Blutbahn ist.  

 

Nach 20 Rechtsherzkathetern weiß ich, dass ... das Vorbringen des Katheters von jugulär häufig einfacher ist, dass es aber auch von femoral eine Lösung für (fast) jedes Problem gibt.

Expertenkommentar

 

Der Rechtsherzkatheter ist eine technisch einfach zu erlernende Untersuchung, dessen Komplexität mit präziser Messung und Interpretation der Ergebnisse jedoch oft unterschätzt wird. Der Beitrag von Dr. Soltani bietet eine fundierte Einführung für Kolleginnen und Kollegen, die erste praktische Erfahrungen im Herzkatheterlabor sammeln. Ergänzend möchten wir auf einige praxisrelevante Aspekte hinweisen:

 

  • Auch wenn es selbstverständlich erscheinen mag, sei an dieser Stelle nochmals betont, dass die Rechtsherzkatheteruntersuchung idealerweise beim kardial voll rekompensierten Patienten erfolgen sollte.
  • Der venöse Zugang über die Kubitalvenen gelingt häufig zuverlässiger mit einer G18-Venenverweilkanüle (Braunüle) als mit einer starren Stahlkanüle. Für den zentralen Kathetervorschub hat sich die mediale Vena basilica bewährt, da sie meist einen günstigen Übergang in die Vena axillaris bietet. Die laterale Vena cephalica mündet hingegen oft steil in die Vena subclavia, was die Passage erschweren oder unmöglich machen kann.
  • Die korrekte Festlegung des Nullpunkts ist für valide hämodynamische Messungen unabdingbar. Der Druckwandler sollte auf Höhe der halben anterior-posterioren Thoraxausdehnung – etwa auf Höhe des rechten Vorhofs – positioniert werden. Die Druckwerte sind idealerweise endexspiratorisch und bei ruhiger Spontanatmung abzulesen, um atemabhängige Schwankungen zu minimieren.
  • Bei der Ballonhandhabung gilt: Beim Vorschieben des Katheters sollte der Ballon immer luftgefüllt sein, um eine gelenkte Navigation mit dem Blutstrom zu ermöglichen. Beim Zurückziehen muss der Ballon entblockt sein, um Verletzungen an Gefäßen oder Klappen zu vermeiden. Die Passage der Trikuspidalklappe kann mit nur teilweise gefülltem Ballon erleichtert werden.
  • Der pulmonal-arterielle Verschlussdruck (PAWP) sollte mehrfach reproduziert werden. Für jede Messung des PAWP sollte der Katheter aus der zentralen Pulmonalarterie neu eingeschwemmt werden. Ein erneutes Ballonaufblocken in bereits distaler Position kann zu Gefäßverletzungen führen und ist daher zu vermeiden.
  • Das Herzzeitvolumen sollte mittels Thermodilution in mindestens drei Einzelmessungen bestimmt werden. Die Abweichung zwischen den Werten sollte unter 10 % liegen. Bei größeren Differenzen sind weitere Messungen erforderlich, ebenso die Überprüfung möglicher Störfaktoren wie unregelmäßige Atmung, inadäquate Injektionstechnik oder unzureichende Temperaturdifferenz der Indikatorlösung.
  • Eine standardisierte Durchführung mit präziser Messung und Interpretation ist vor allem im Rahmen der Evaluation zur Herztransplantationslistung von zentraler Bedeutung – insbesondere bei der Beurteilung der Reversibilität einer potenziell fixierten pulmonalen Hypertonie.

 

Wir wünschen allen Kolleginnen und Kollegen viel Erfolg, Freude und ein sicheres Händchen bei den ersten eigenen Rechtsherzkatheteruntersuchungen!

Zur Autorin

Dr. Samira Soltani

Dr. Samira Soltani ist Ärztin in Weiterbildung in der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Nach dem Studium in Hannover begann sie 2019 ihre ärztliche Karriere an ihrer Alma mater. Derzeit befindet sie sich in Rotation für die Zusatzbezeichnungen Intensivmedizin und interventionelle Kardiologie. 

Dr. Samira Soltani

Zur Autorin

PD Dr. Maria Tafelmeier

PD Dr. Maria Tafelmeier ist als Funktionsoberärztin für für Innere Medizin und Kardiologie am Universitätsklinikum Regensburg tätig. Sie gehört zum Nukleus der DGK-Arbeitsgruppe AG 35 (Kardiovaskuläre Erkrankungen und schlafbezogene Atmungsstörungen).

PD Dr. Maria Tafelmeier

Zum Autor

Prof. Lars Maier

Prof. Lars Maier ist seit 2014 als Direktor und W3-Professor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin und als Leiter der Arbeitsgruppen im Bereich Experimentelle Kardiologie am Universitätsklinikum Regensburg tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen die Herzinsuffizienz und koronare Herzerkrankungen. 

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Referenz

Lapp H (2019) Das Herzkatheterbuch. https://doi.org/10.1055/b-006-160381

Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

EP Case of the Month – Quiz

Test your diagnostic skills and refresh your practical knowledge with a new illustrative case from electrophysiology.

Überlegenheit der KI-gestützten Ablation bei persistierendem Vorhofflimmern

HRS-Kongress 2024 |TAILORED-AF: Studie zur zusätzlichen KI-gestützten Substratmodifikation gegenüber alleiniger PVI bei persistierendem Vorhofflimmern. Kommentiert von Dr. M. Gunawardene.

PVI im Vergleich zur Scheinprozedur

ESC-Kongress 2024 | SHAM-PVI: Reduktion von Vorhofflimmern und Symptomverbesserung durch Ablation nachgewiesen. Von Dr. M. Gunawardene.

Laden, bitte warten.
Diese Seite teilen