Update zum Holiday-Heart-Syndrom

 

Das Holiday-Heart-Syndrom tritt gehäuft im Urlaub oder an Feiertagen auf und wird durch exzessiven Alkoholkonsum verursacht. In einem aktuellen Review-Artikel geben Argo et al. ein wissenschaftliches Update zu Pathophysiologie, Klinik, Therapie und Prävention von alkoholbedingten Herzkrankheiten. Prof. Harm Wienbergen kommentiert.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Prof. Harm Wienbergen

Expertenkommentar

 

18.07.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Doris Oberfrank-List / Shutterstock.com

 

 

Definition und Klinik

 

Das Holiday-Heart-Syndrom (HHS) wurde erstmals 1978 von Philip Ettinger beschrieben und bezeichnet Herzrhythmusstörungen, die typischerweise innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach exzessivem Alkoholkonsum bei ansonsten gesunden Personen auftreten. Die Arrhythmien manifestieren sich meist als paroxysmales Vorhofflimmern und gehen häufig mit Symptomen wie Herzklopfen, Schwindel und Brustschmerzen einher. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und dem Auftreten der Symptome ist ein charakteristisches Merkmal des HHS. Klinische Beobachtungen zeigen, dass es während des Urlaubs sowie an Feiertagen und Wochenenden zu einer signifikanten Häufung von HHS-Fällen kommt. In Abgrenzung zum HHS handelt es sich dagegen bei der Alkoholischen Kardiomyopathie um eine chronische Herzerkrankung, die durch jahrelangen übermäßigen Alkoholkonsum verursacht wird.

Pathophysiologie

 

Die Pathophysiologie des HHS ist multifaktoriell und komplex. Exzessiver Alkoholkonsum beeinflusst das Herz durch mehrere Mechanismen:

 

  • Direkte kardiotoxische Effekte: Ethanol und seine Metabolite wirken toxisch auf Kardiomyozyten.
  • Einfluss auf das autonome Nervensystem: Alkohol induziert die sympathische Stimulation und parasympathische Hemmung, was zur erhöhten Herzfrequenz und Erregbarkeit des Herzens führt.
  • Störung des Elektrolythaushalts: Dysbalancen von Elektrolyten wie Kalium und Magnesium begünstigen die Entstehung von Arrhythmien.
  • Entzündliche Prozesse: Alkohol fördert die Freisetzung inflammatorischer Zytokine, die die Herzfunktion beeinträchtigen können.

Therapie und Prognose

 

Die Behandlung von HHS umfasst die Stabilisierung des Herzrhythmus und den Ausgleich der Elektrolytstörungen. Zur Rhythmuskontrolle können Medikamente wie Beta-Blocker oder Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron) eingesetzt werden. Die Langzeitprognose des HHS ist generell günstig und in den meisten Fällen tritt eine vollständige Erholung innerhalb von wenigen Tagen nach der akuten Episode ein. Die wichtigsten Maßnahmen zur Prävention sind ein gesunder Lebensstil und ein maßvoller Alkoholkonsum oder eine Alkoholkarenz.

Fazit

 

Der Übersichtsartikel von Argo et al. beleuchtet die vielfältigen Auswirkungen von Alkohol auf das Herz-Kreislauf-System, wie u. a. das Holiday-Heart-Syndrom als Folge eines akuten exzessiven Alkoholkonsums. Auch wenn sich die Betroffenen in der Regel schnell wieder vom Holiday-Heart-Syndrom erholen, sollten sie darüber aufgeklärt werden, dass ein übermäßiger Alkoholkonsum viele negative Folgen haben kann und auch das Schlaganfall- und Krebsrisiko erhöht. Ob beim Feiern, Entspannen oder bei anderen Aktivitäten – im Urlaub sollte die Regeneration von Körper und Geist im Vordergrund stehen, um gesund und mit frischer Energie in den Alltag zurückzukehren.

Expertenkommentar

 

Die gesellschaftliche Akzeptanz von Alkoholkonsum ist hoch und Menschen, die über schädliche Wirkungen von Alkohol sprechen, meinen zumeist die Leber oder das Nervensystem, während Alkoholkonsum bezüglich des Herzens oft eher als schützend angesehen wird. Dabei wird die Datenlage über schädigende kardiale Effekte des Alkohols immer klarer. Argo et al. stellen in ihrer Übersichtsarbeit dar, dass Alkoholkonsum das Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse signifikant erhöht:
Neben Vorhofflimmern und arterieller Hypertonie sind insbesondere die alkoholische Kardiomyopathie und maligne Herzrhythmusstörungen (Sudden Cardiac Death) zu nennen. Das eigentliche Holiday-Heart-Syndrom (HHS) bei gesunden Personen bleibt hingegen oft auch folgenlos.


Die pathophysiologischen Mechanismen von kardialen Schädigungen durch Alkohol werden immer besser verstanden (siehe oben). Es ist insofern die ärztliche Aufgabe über die schädlichen Effekte von Alkohol aufzuklären, insbesondere die Patientinnen und Patienten mit kardialen Vorerkrankungen. Im Hinblick auf die rapide Zunahme von Adipositas und körperlicher Inaktivität in der Bevölkerung, die ja weitere Risikofaktoren für Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie und Herzinsuffizienz darstellen, ist diese Aufklärung in der aktuellen Zeit besonders wichtig.

Zur Person

Prof. Harm Wienbergen

Prof. Harm Wienbergen ist Kardiologe am Klinikum Links der Weser in Bremen und leitet das Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung mit dem Schwerpunkt Präventionsmedizin. Seit 2017 wurde er zum Stiftungsprofessor am Herzzentrum Bremen berufen und ist zugleich auch Universitätsprofessor der Universität zu Lübeck. Seit 2023 ist er zudem Sprecher der Projektgruppe Prävention der DGK.

Bildquelle: privat

Referenz

 

Argo A et al. A Comprehensive Review on Alcohol Abuse Disorder Fatality, from Alcohol Binges to Alcoholic Cardiomyopathy. Diagnostics (Basel). 2024;14(11):1189. doi: 10.3390/diagnostics14111189. PMID: 38893715; PMCID: PMC11172201.

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