Ablation oder Risikofaktormodifikation + Antiarrhythmika?

 

ACC-Kongress 2025 | PRAGUE-25: In der multizentrischen randomisierten Studie aus Tschechien wurde die Nichtunterlegenheit der Katheterablation gegenüber der Kombination aus Risikofaktormodifikation mit Antiarrhythmika bei VHF und Übergewicht oder Adipositas untersucht. Dr. Pavel Osmancik (Prag, Tschechien) stellte die Studie in der Session Featured Clinical Research I vor.


Prof. Christian Meyer (EVK, Düsseldorf) kommentiert.

 

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Prof. Christian Meyer

Leiter Rubrik Rhythmologie

 

15.04.2025

 

Bildquelle (Bild oben): David Harmantas / Shutterstock.com

Studiendesign und Methodik

 

In die prospektive, randomisierte, multizentrische, Nichtunterlegenheitsstudie wurden Personen mit paroxysmalem/persistierendem Vorhofflimmern (VHF) und Übergewicht oder Adipositas (BMI 30-40 kg/m2) im Verhältnis 1:1 in die beiden Gruppen Katheterablation (CA-Gruppe) oder intensive Risikofaktormodifikation einschließlich Gewichtsabnahme und Bewegung in Kombination mit Antiarrhythmika (RFM-Gruppe) randomisiert. Die Beobachtungsdauer betrug insgesamt 24 Monate. Im ersten Jahr erfolgten Sieben-Tage-Holter-Aufzeichnungen alle 3 Monate und anschließend alle 6 Monate. Primärer Endpunkt war das Wiederauftreten von VHF (jede VHF-Episode >30 Sekunden). Zu den sekundären Endpunkten gehörten VHF-Last, Peak-VO2-Aufnahme, Veränderungen der Stoffwechselparameter und der Lebensqualität.

Ergebnisse

 

Zwischen Mai 2021 und November 2023 wurden insgesamt 203 Personen in den CA-Arm (n=100) oder in den RFM-Arm (n=103) randomisiert. Die Baseline-Charakteristika waren vergleichbar (Alter 60±8 vs. 60±9 Jahre, 68,0% vs. 68,9% männlich, BMI 35,0±2,9 vs. 34,9±3,2, paroxysmales VHF 56,0% vs. 55,3%). Das mittlere Follow-up betrug 23,5 Monate.

 

Der Gewichtsverlust war signifikant höher in der RFM-Gruppe im Vergleich zur CA-Gruppe (-6,4±7,9 vs. -0,35±4,8 kg nach 12 Monaten, p<0,001). VHF-Freiheit über 12 Monate wurde bei 73,0 % (95%KI [64,3-81,7 %] der CA-Gruppe gegenüber 34,6 % (95%KI [25,3-43,9 %]) der RFM-Gruppe festgestellt (pÜberlegenheit <0,001). Auch die VHF-Last war im CA-Arm deutlich geringer (12,1±31,2 % vs. 22,1±37,2 %, p<0,001). Im Gegensatz dazu wurde im RFM-Arm eine signifikante Verbesserung der Peak-VO2-Aufnahme (+0,13±2,94 vs. +1,11±3,88 ml/min/kg, p=0,02) und eine HbA1c-Reduktion (-1,4+4,8 vs. +2,5+10,5 mmol/l, p=0,04) beobachtet. Die Verbesserung der Lebensqualität war in beiden Gruppen ähnlich.

Fazit

 

Trotz erheblicher funktioneller und metabolischer Verbesserungen war die Strategie aus Risikofaktormodifikation in Kombination mit Antiarrhythmika bei Personen mit VHF und Übergewicht unterlegen gegenüber der Katheterablation im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Sinusrhythmus.

Expertenkommentar

 

Die PRAGUE-25-Studie zeigt ein weiteres mal wichtige Möglichkeiten und Grenzen der Lebensstilmodifikation in der Behandlung von Menschen mit VHF. Für die “Beseitigung” von VHF (Freiheit von VHF über 12 Monate) ist die Lebensstilmodifikation selbst gemeinsam mit einer antiarrhythmischen Medikation leider lediglich auf “Placebo-Niveau” und der Pulmonalvenenisolation deutlich unterlegen.

Dennoch können mit der Lebensstilmodifikation wichtige Beiträge zur Verbesserung der Gesamtsituation (metabolisch, Lebensqualität/Leistungsfähigkeit) Betroffener erreicht werden, wie die vorliegende wichtige randomisiert-kontrollierte Studie verdeutlicht und die aktuellen Leitlinien untermauert.
Der Nutzen der Lebensstilmodifikation steht damit insgessamt im Einklang mit den früheren Studien, LEGACY- und ARREST-AF (nach VHF Ablation). Nach 12 Monaten verloren die LFM+AAD-Patienten im Durchschnitt 6,37 kg – ein ähnlicher Wert wie in der LEGACY-Studie (−6,0 kg). Allerdings waren die LEGACY- und ARREST-AF-Studien nicht randomisiert. Der Einschluss besonders motivierter Menschen könnte hierbei eine Rolle bei den Erfolgen spielen.

Die in Deutschland initiierte multizentrische Studie SORT-AF zeigte hingegen 12 Monate nach Ablation keinen signifikanten Unterschied bei den VHF-Rezidiven zwischen Gewichtsreduktions- und Kontrollgruppe. Hinzu kommt, dass der Gewichtsverlust in SORT-AF trotz einer umfassenden und systematsichen Betreuung nur moderat war (−4,6 kg bzw. 4 % des Körpergewichts). Auch in der aktuellen Studie war der Gewichtsverlust eher gering, so dass die Patientenselektion und individualisierte Programme möglicherweise eine wichtige Rolle spielen.


Welche Intervention für welche Menschen optimal ist, gilt es damit in Zukunft näher zu definieren. So konnte in kleineren Studien beispielsweise auch durch Yoga und andere Maßnahmen eine Reduktion der VHF-Last gezeigt werden. Dies stimmt hoffnungsvoll für eine individuell maßgeschneiderte Lebensstiloptimierung, passend zum eigenen Alltag und Vorlieben. Auch gilt es zu prüfen bzw. abzuwarten in wie weit optimale Effekte in Kombination mit GLP-1-Agonisten u.a. erreicht werden können.

Auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Dauer bis zur Verfügbarkeit eines Behandlungs-/PVI-Termins, ist die Optimierung des Lebensstils auch eine Möglichkeit aus einer “Wartezeit” eine “Vorbereitungszeit” zu machen. Ob dadurch die Behandlungsergebnisse durch die PVI verbessert werden können, ging jedoch natürlich über das Ziel der aktuellen Studie hinaus und gilt es weiter zu beleuchten.

Zur Person

Prof. Christian Meyer

Prof. Christian Meyer leitet seit 2020 die Klinik für Kardiologe, Elektrophysiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die interventionelle Kardiologie mit dem Fokus auf die Prävention und Behandlung von komplexen Herzrhythmusstörungen.

Prof. Tommaso Gori

Referenz

Osmancik P et al. Catheter Ablation Vs. Risk Factor Modification With Antiarrhythmic Drugs To Treat Atrial Fibrillation - PRAGUE-25 Study. Featured Clinical Research I, 30.03. (1:30-2:30 pm), Chicago, ACC 2025

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