Auf dem ESC-Kongress 2023 in Amsterdam wurden aktuelle Erkenntnisse zur optimalen Behandlung der Trikuspidal- sowie der Mitralklappeninsuffizienz präsentiert.1 Daten lieferten das multizentrische Trigistry-Register und eine französische Erhebung.
Auf dem ESC-Kongress 2023 in Amsterdam wurden aktuelle Erkenntnisse zur optimalen Behandlung der Trikuspidal- sowie der Mitralklappeninsuffizienz präsentiert.1 Daten lieferten das multizentrische Trigistry-Register und eine französische Erhebung.
Von:
Prof. Tanja Rudolph
Herausgeberin der Rubrik Strukturelle Herzerkrankungen
26.08.2023
Im Rahmen der Late Breaking Science Session stellte Julien Dreyfus aus Frankreich die Ergebnisse zum optimalen Timing und zur Behandlungsmodalität (medikamentöse Therapie, isolierte chirurgische Operation oder interventionelle Rekonstruktion) der Trikuspidalklappeninsuffizienz aus dem multizentrischen Trigistry-Register vor, welche zeitgleich im European Heart Journal publiziert wurden.2
Die Trikuspidalklappeninsuffizienz hat eine hohe Prävalenz und ist mit einer erhöhten Morbidität, Rehospitalisierung und Mortalität assoziiert. Selten erfolgt eine isolierte chirurgische Therapie, insbesondere da das operative Risiko hoch ist und ein Benefit bisher nicht klar nachgewiesen ist. Katheter-gestützte interventionelle Verfahren bieten als weniger invasive Methoden möglicherweise eine Alternative zur Operation. In der Anfang 2023 publizierten TRILUMINATE-Studie hatte sich allerdings kein Benefit der Therapie gegenüber einer optimalen medikamentösen Behandlung gezeigt.
In das Trigistry-Register wurden 2413 Patienten aus 30 weltweiten Zentren eingeschlossen, wovon 1217 Patienten rein medikamentös, 551 Patienten mit isolierter chirurgischer Operation und 645 Patienten mit interventioneller Rekonstruktion behandelt worden sind. Die Einteilung des klinischen Stadiums erfolgte anhand des TRI-SCORE (≤ 3: niedriges Risiko, 4-5 intermediäres Risiko, ≥ 6 hohes Risiko). Hinsichtlich der Baseline-Charakteristika zeigte sich, dass Patienten, die einer operativen Therapie zugeführt wurden, signifikant jünger waren (mittleres Alter: 68 Jahre), eine bessere linksventrikuläre Funktion hatten und seltener eine moderate oder schwere rechtsventrikuläre Dysfunktion aufwiesen.
In der Gesamtkohorte sowie in den einzelnen Behandlungssträngen zeigte sich, dass der TRI-SCORE ein hervorragender Parameter für die Prognoseabschätzung ist - auch nach Adjustierung für Alter, Geschlecht, Vorhofflimmern und Komorbiditäten.
In der Gesamtkohorte ergab sich kein Unterschied in der 2-Jahres-Mortalität zwischen den 3 Behandlungsmodalitäten. Im Gegensatz dazu, war in der Kohorte mit niedrigem TRI-SCORE das Überleben am besten mit chirurgischer Behandlung (93 % vs. 87 % bei interventioneller Behandlung vs. 79 % bei medikamentöser Therapie) gewesen. Die interventionelle Therapie zeigte gegenüber der medikamentösen Therapie keinen signifikanten Unterschied in der 2-Jahres-Mortalität. Wurden allerdings nur die Patienten mit einem positiven prozeduralen Erfolg (residuelle TI ≤ mild-moderate) betrachtet, war die interventionelle Therapie der operativen nicht unterlegen. Bei den Patienten mit positivem prozeduralem Ergebnis nach interventioneller Therapie ergab sich - neben der Niedrigrisikogruppe - sogar in der intermediären Risikogruppe ein Überlebensvorteil gegenüber den medikamentös behandelten Patienten.
Somit unterstreichen die Ergebnisse der Studie die Notwendigkeit einer frühzeitigen Behandlung sowie die optimale Reduktion der Trikuspidalklappeninsuffizienz.
Pierre Deharo präsentierte die Ergebnisse einer nationalen Erhebung von 57.140 Patienten, die in Frankreich wegen einer isolierten hochgradigen Mitralklappeninsuffizienz zwischen 2012 und 2022 behandelt worden sind. Mit Hilfe einer Propensity-Matched-Analyse wurde der primäre Endpunkt - kardiovaskuläre Mortalität - nach operativer oder interventioneller Mitralklappenrekonstruktion (TEER) verglichen.
Das mittlere Alter der gematchten Kohorte lag bei 76 Jahren, der EuroSCORE II bei 3,9 %. 50 % der Patienten hatte eine bekannte koronare Herzerkrankung, 15 % eine chronische Niereninsuffizienz und 20 % eine chronische Lungenerkrankung.
Die kardiovaskuläre Mortalität war signifikant geringer nach TEER (IRR = 0,634, 95 % KI: 0,522-0,771, p < 0,001). Ebenso traten die sekundären Endpunkte Schlaganfall, relevante Blutung, Notwendigkeit einer Schrittmacher-/ICD-Implantation, Endokarditis, Vorhofflimmern sowie kardiale Dekompensation im Verlauf nach TEER seltener auf.
Der Vorteil der TEER zeigt sich insbesondere bei Patienten über 75 Jahre sowie bei Patienten mit einem EuroScore von über 4.
Bei getrennter Betrachtung von Patienten mit primären und sekundärer Mitralklappeninsuffizienz zeigte sich bei Patienten mit sekundärer Genese eine signifikant niedrigere kardiovaskuläre Mortalität im Vergleich zur chirurgischen Revaskularisation (IRR = 0,664; 95 % KI: 0,552 -0,846, p < 0,001). Bei Patienten mit primärer Mitralklappeninsuffizienz zeigt sich in der Tendenz ebenfalls nach TEER eine reduzierte kardiovaskuläre Mortalität, allerdings verfehlte der Unterschied das Signifikanzniveau (p = 0,08).
Diese Daten zeigen erstmals in einem großen Kollektiv einen klaren Benefit der interventionellen Rekonstruktion gegenüber der operativen, insbesondere bei älteren Patienten und bei sekundärer Mitralklappeninsuffizienz. Es bleibt abzuwarten, ob sich in der im nächsten Jahr zu erwartenden randomisierten Matterhorn-Studie (TEER versus operative Rekonstruktion/Ersatz bei sekundärer Mitralklappeninsuffizienz) ein ähnliches Ergebnis zeigen wird.