Ein Mitralklappenprolaps kann tödlich enden, aber auch völlig harmlos sein. Wie erkennt man Patienten, die ein Risiko für einen plötzlichen Herztod tragen? Ein Review gibt Antworten.
Ein Mitralklappenprolaps kann tödlich enden, aber auch völlig harmlos sein. Wie erkennt man Patienten, die ein Risiko für einen plötzlichen Herztod tragen? Ein Review gibt Antworten.
Von Veronika Schlimpert
04.06.2020
Scheinbar völlig gesunde Menschen erleiden einen plötzlichen Herztod. Manchmal stellt in solchen Fällen ein Mitralklappenprolaps (MKP) die Ursache dar.
Per Definition der amerikanischen Kardiologie-Gesellschaft AHA liegt ein MKP vor, wenn die Klappen sich mind. 2 mm während der Systole in den Vorhof vorwölben (hinter die Mitralklappenebene in der parasternalen oder apikalen langen Achse); die ESC definiert einen MKP als superior relativ zum Mitralring verlagerten Klappenschluss (Koaptation).
Patienten mit einem MKP haben ein mindestens dreimal so hohes Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden, als die Allgemeinbevölkerung. Zumeist verläuft diese Klappenanomalie allerdings asymptomatisch. Wie also lassen sich jene Patienten ausfindig machen, die ein erhöhtes Risiko haben?
Dieser Frage sind Kardiologen um Dr. Lakshmi Muthukumar von der Universität Wisconsin nachgegangen und haben in einem Review die neuesten Erkenntnisse zusammengetragen.
Besonders häufig sind jüngere Frauen von einem sog. malignen Mitralklappenprolaps-Syndrom betroffen. Darüber hinaus sind folgende Beschwerden nicht selten Vorboten eines plötzlichen Herztodes:
Noch ist nicht ganz klar, inwieweit eine genetische Prädisposition einen plötzlichen Herztod bei Patienten mit Mitralklappenprolaps begünstigen kann. Fallberichte deuten auf eine familiäre Häufung hin. Eine systematische Studie dazu gebe es bisher allerdings nicht, so die Autoren des Reviews. Eine Variante des Filamin C-Gens (p.Trp34*-FLNC) konnte bis dato mit einer arrhythmogenen Form des MKP in Verbindung gebracht werden.
„Die meisten Patienten mit Mitralklappenprolaps weisen keine abnormale 12-Kanal-EKG-Befunde auf“, informieren Muthukumar und Kollegen. Wenn sich allerdings Auffälligkeiten zeigen, sollte dies ein Warnzeichen sein, da dann ein arrhythmogenes Substrat vorliegen könnte. „Red Flags“ sind:
Standarddiagnostik eines Mitralklappenprolaps ist die zweidimensionale Echokardiografie. Bestimmte morphologische Kriterien gelten hier als Hinweis für ein erhöhtes Herztod-Risiko:
Des Weiteren gibt es funktionelle Parameter im Echo, die mit einem erhöhten Arrhythmie-Risiko einhergehen:
Eine Myokardfibrose, nachgewiesen durch ein Late Gadolinium Enhancement (LGE) im MRT, gilt typischerweise als Risikofaktor für Patienten mit Mitralklappenprolaps. So ließ sich in einer Studie bei fast allen Patienten (93%), deren MKP mit komplexen ventrikulären Arrhythmien einherging, eine Fibrose feststellen. Auf der anderen Seite kommt es immer wieder zu einem plötzlichen Herztod, selbst wenn keine Fibrose vorliegt. Muthukumar und Kollegen glauben deshalb, dass das Vorhandensein einer Fibrose bzw. LGE als späte Phase eines malignen oder arrhythmogenen Mitralklappenprolaps-Syndroms interpretiert werden kann. In früheren Stadien fungierten wahrscheinlich andere Mechanismen als arrhythmogenes Substrat, erläutern sie.
Bei MKP-Patienten sind vielseitig LGE-Muster beschrieben: mittventrikulär, fleckenförmig und subendokardial im Papillarmuskel und inferobasalen Myokard.
Mit den neueren T1-Mapping-Techniken ließen sich zudem diffuse Fibrosen im linksventrikulären Septum bei MKP-Patienten mit komplexen ventrikulären Arrhythmien nachweisen.
Eine Hypertrophie der basolateralen Ventrikelwand und eine ausladende systolische Bewegung des posterioren Mitralklappenrings („systolic curling“) werden von den Autoren ebenfalls als Risikomarker für einen plötzlichen Herztod genannt.
Die Risikostratifizierung deutlich erleichtern würde es, wenn es ein Biomarker gebe, mit dem sich das Herztod-Risiko von MKP-Patienten vorhersagen lässt. Diesen gibt es bisher nicht. Zumindest aber ließ sich ein Protein ausfindig machen, dessen Konzentration bei MKP-Patienten mit Rhythmusstörungen erhöht ist: nämlich die lösliche Form vom sST2 (soluble suppression of tumorigenicity-2). Erhöhte Plasmakonzentrationen von sST2 werden als Zeichen für myokardialen Stress gewertet.
Muthukumar L et al. Association Between MalignantMitral Valve Prolapse and Sudden Cardiac Death A Review. JAMA Cardiol. 2020; doi:10.1001/jamacardio.2020.1412