Vulnerable Plaques profitieren von der PCI – auch ohne hämodynamische Signifikanz!

 

 

ACC-Kongress 2024 | Die Indikation zur PCI bei einem chronischen Koronarsyndrom wird entweder auf der Basis eines nicht-invasiven Ischämietests oder einer hämodynamischen Signifikanz der Stenose gestellt. Die PREVENT-Studie liefert jetzt aber Hinweise darauf, dass Betroffene von einer PCI auch ohne jeglichen Ischämie-Nachweis profitieren.

Von:

PD Dr. Luise Gaede

Leiterin der Rubrik Vaskuläre Herzerkrankungen

 

24.04.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Joseph Sohm / Shutterstock.com

Hintergrund und Studienziel

 

Akute Koronarsyndrome und auch der plötzliche Herztod haben häufig eine Plaqueruptur als Ursache. Diese entsteht meist aus lipidreichen, atherosklerotischen Plaques, die daher auch als vulnerable Plaques bezeichnet werden. Häufig sind diese Plaques vor der Ruptur nicht flusslimitierend. Es besteht daher aktuell keine Indikation diese zu intervenieren und mit einem Stent zu versorgen.

Die PREVENT-Studie untersuchte nun den Effekt einer perkutanen Koronarintervention (PCI) bei vulnerablen, nicht-flusslimitierenden Plaques auf die Prognose der Patienten.

Methodik

 

Eingeschlossen wurden 1.600 Patienten mit akutem und chronischen Koronarsyndrom in 15 Zentren (Südkorea, Japan, Taiwan, Neuseeland). Zunächst wurde bei den Patienten jegliche Stenose mit einer hämodynamischen Signifikanz (Culprit Lesion oder FFR ≤ 0,80) mittels PCI behandelt. Alle weiteren Läsionen mit einer Diameterstenose ≥ 50 % und negativer FFR (> 0,80) wurden mittels intravaskulärer Bildgebung auf die Kriterien einer vulnerablen Plaque untersucht. Diese war durch das Vorliegen von mindestens 2 der folgenden Kriterien definiert: Minimale Lumen-Area ≤ 4,0 mm², eine Plaque-Last > 70 %, das Vorhandensein eines Fibroatheroms mit dünner Kappe (OCT oder RF-IFUS) oder einer lipidreicher Plaque (NIRS). Bei Nachweis einer vulnerablen Plaque erfolgte eine 1:1 Randomisierung entweder in die Preventive-PCI-Gruppe, die neben der PCI der vulnerablen Plaque ebenfalls eine optimale medikamentöse Therapie (OMT) erhielt, oder in die reine OMT-Gruppe.

Der primäre Endpunkt war der kombinierte Endpunkt „Target Vessel Failure“ 2 Jahre nach der Index-Koronarangiographie bestehend aus kardialem Tod, Zielgefäß-Myokardinfarkt, Zielgefäß-Revaskularisation aufgrund von Ischämie oder Hospitalisierung wegen instabiler Angina Pectoris.

Ergebnisse

 

Nach 2 Jahren (97 % Follow-Up-Rate) zeigte sich ein signifikant geringeres Auftreten des primären Endpunktes in der Preventive-PCI-Gruppe: 0,4 % vs. 3,4 %; HR 0,11; 95%KI (0,03-0,36); p = 0,003. Dieser positive Effekt der PCI war in jeglicher Subgruppenanalyse (z.B. FFR ≤ 0,86 vs. > 0,86, Diameterstenose ≥ 55 % vs. < 55 % oder das Vorliegen eines ACS) durchgehend vorhanden. Hinsichtlich des Patienten-orientierten kombinierten Endpunktes bestehend aus Tod, Myokardinfarkt oder erneuter Revaskularisation ergab sich ebenfalls ein positiver Effekt der PCI: 3,0 % vs. 5,2 %; HR 0,69; 95%KI (0,5-0,95); p = 0,002. Während sich kardialer Tod, Tod und jeglicher Myokardinfarkt nur numerisch unterschieden, unterschieden sich die Gruppen bei den Endpunkten jegliche Revaskularisation, Revaskularisation aufgrund einer Ischämie und Hospitalisierung aufgrund instabiler Angina signifikant jeweils zugunsten der PCI.

Fazit

 

Aktuell wird die Indikation zur PCI bei Patienten mit chronischen Koronarsyndrom entweder auf der Basis einer bestehenden relevanten myokardialen Ischämie in einem nicht-invasiven Ischämietest oder auf Basis einer hämodynamischen Signifikanz der Stenose gestellt. Dies basiert auf großen, jedoch teils relativ alten randomisierten Studien, die bisher keinen Nutzen der PCI in anderen Fällen zeigen konnten. Nun liefert die PREVENT-Studie Hinweise, dass wir mit den modernen, intravaskulären Diagnostikmöglichkeiten eventuell komplett umdenken müssen. Erstmalig profitierten Patienten von einer PCI ohne jeglichen Ischämie-Nachweis. Die Indikation zur PCI könnte sich entsprechend grundlegend ändern, und die Ergebnisse der PREVENT-Studie könnten somit die interventionelle Kardiologie revolutionieren.


Referenzen

 

 

  1. Park SJ. Preventive Coronary Intervention on Stenosis With Functionally Insignificant Vulnerable Plaque. Late-Breaking Clinical Trials V; ACC 2024
  2.  Park SJ et al. Preventive percutaneous coronary intervention versus optimal medical therapy alone for the treatment of vulnerable atherosclerotic coronary plaques (PREVENT): a multicentre, open-label, randomised controlled trial. Lancet. 2024 Apr 4:S0140-6736(24)00413-6

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