Was die renale Denervation leisten kann

Die renale Denervation ist in der Hypertonie-Therapie angekommen. Prof. Felix Mahfoud vom Universitätsklinikum des Saarlandes war an Studien zum Verfahren und der Neubewertung beteiligt. Im Video-Interview erläutert er, wann die renale Denervation sinnvoll eingesetzt werden kann und welche weiteren Entwicklungen sich abzeichnen.

 

Bildquelle (Bild oben): SciePro / Shutterstock.com

Von:

Romy Martínez und Martin Nölke

 

 

Senior-Editor:

Prof. Christos Rammos

Herausgeber der Rubrik Angiologie

 

02.08.2023

Eine erhöhte Aktivität des sympathischen Nervensystems gilt als einer der wichtigsten Faktoren in der Pathophysiologie der Hypertonie. Durch die renale Denervation wird die überaktive Signalübertragung zwischen den Nieren und dem zentralen sympathischen Nervensystem moduliert. Dafür werden mittels kathetergestützter Ablation die efferenten und afferenten Nervenbahnen an den Nierenarterien üblicherweise durch Ultraschall- oder Radiofrequenzenergie unterbrochen.


Prof. Felix Mahfoud berichtet zum aktuellen Stand bezüglich der renalen Denervation:

Renale Denervation als additive Therapieoption

Die neuen ESH-Leitlinien sowie ein Konsensus-Statement vom ESC Council on Hypertension und der European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI) empfehlen die renale Denervation (RDN) seit diesem Jahr als additive Option in der Hypertonie-Therapie. „Es ist ein zusätzlicher Pfeil im Köcher“, sagt Prof. Felix Mahfoud, „den wir ziehen können bei Patient:innen, die entweder eine schwere unkontrollierte Hypertonie haben oder die keine Medikamente vertragen können oder einnehmen wollen.“ Eine Reihe randomisierter, Sham-kontrollierter Studien bildete die Grundlage zur Neubewertung.

Keine Prädiktoren für Erfolg, aber unabhängig von Medikation

Bislang kann die jeweilige Blutdrucksenkung nach RDN nicht prognostiziert werden. „Im Moment ist kein Parameter bekannt, der klar sagt, dieser Patient hat eine x-%ige Wahrscheinlichkeit nach dem Eingriff mit x mm Hg Blutdrucksenkung herauszugehen“, erläutert Mahfoud. Grundsätzlich gilt, dass je höher der Ausgangswert des Blutdrucks ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Blutdrucksenkung. Dabei führt die RDN unabhängig von der begleitenden Therapie – sowohl bei antihypertensiver Medikation als auch ohne Medikation – zu einer zusätzlichen Blutdrucksenkung, die laut Studien signifikant, klinisch relevant und anhaltend sei, so Mahfoud.

Radiofrequenz oder Ultraschall? Beides sicher

Der Kardiologe verweist auf Studien- und Registerdaten mit über 3.000 Patient:innen: „Wir haben gelernt, auch über 10 Jahre hinweg, dass dieser Eingriff sicher ist.“ Ob Radiofrequenz- oder Ultraschall-RDN – das Sicherheitsprofil beider Kathetersysteme sei als „exzellent“ zu bezeichnen. Die Nierenfunktion bliebe erhalten und die Inzidenz von Nierenarterienstenosen beispielsweise liege bei unter 0,5 % pro Jahr, was niedriger sei als die natürliche Inzidenz bei hypertensiven Patient:innen.

Zertifizierung als Zentrum für renale Denervation

Die Therapie sollte in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Seit diesem Jahr ermöglicht die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) die Zertifizierung als „Renales Denervationszentrum“. Mahfoud begrüßt das Vorgehen: „Das ist ein wichtiger Schritt, dass wir das nicht sofort in die Breite tragen, sondern diese Eingriffe in spezialisierten Zentren bei ausgewählten Patient:innen durchführen.“

Weitere Indikationen im Blick

„Der Proof of Principle ist erbracht“, erklärt Mahfoud. Neben der Erhebung weiterer Registerdaten und der Weiterentwicklung der Kathetersysteme liege der wissenschaftliche Fokus nun insbesondere auf weiteren Indikationen, die mit einer erhöhten Aktivität des sympathischen Nervensystems verbunden sind, beispielsweise Vorhofflimmern, ventrikuläre Tachykardie und Herzinsuffizienz. So liefen aktuell einige Studien in Deutschland. Mahfoud prognostiziert: „Da wird man sicherlich in der nächsten Zeit noch einiges von hören.“

Weiterführende Links

Hier erläutern Prof. Felix Mahfoud, Prof. Ulrich Kintscher und Prof. Michael Böhm weitere Änderungen durch die neuen ESH-Leitlinien zum Management arterieller Hypertonie.

Zur Übersichtsseite "Angiologie"


Referenzen

  • Mancia G, Kreutz R et al. 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension Endorsed by the European Renal Association (ERA) and the International Society of Hypertension (ISH). Journal of Hypertension ():10.1097/HJH.0000000000003480, June 21, 2023. | DOI: 10.1097/HJH.0000000000003480
  • Emanuele B et al. Renal denervation in the management of hypertension in adults. A clinical consensus statement of the ESC Council on Hypertension and the European Association of Percutaneous Cardiovascular Interventions (EAPCI), European Heart Journal, Volume 44, Issue 15, 14 April 2023, Pages 1313–1330, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad054

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