Hoffnung auf neue regenerative Therapie

 

Die Transplantation von Kardiomyozyten kann den irreversiblen Verlust von Herzmuskelzellen ausgleichen. Neue Hoffnung auf regenerative Therapiekonzepte gibt es aus der Grundlagenforschung, wie Dr. Florian Weinberger vom Institut für Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), auf den DGK Herztagen 2023 in Bonn berichtete.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

17.10.2023

 

Bildquelle (Bild oben): Kateryna Kon / Shutterstock.com

Regenerative Therapiekonzepte nach Myokardinfarkt

 

Aufgrund der fehlenden Regenerationsfähigkeit führt jede Verletzung des Herzens zum Verlust von Herzmuskelzellen. Pharmakologische Therapien können diesen Verlust nicht ausgleichen. Regenerative Therapiekonzepte werden daher benötigt, die auf die Neubildung von Herzmuskelzellen abzielen. Dazu werden Kardiomyozyten, die im Labor aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) gewonnen werden, transplantiert: entweder durch Gewebepflaster oder durch Einzelzellinjektionen. Zum Einsatz von Gewebepflastern bei Patient:innen mit terminaler Herzinsuffizienz läuft derzeit die BioVAT-HF-DZHK20-Studie.1 Erste vielversprechende Ergebnisse dieser Studie wurden ebenfalls im Rahmen der Herztage 2023 in Bonn präsentiert.2

 

Über den genauen Wirkmechanismus der transplantierten Zellen im Herzen ist allerdings noch wenig bekannt. In dieser Studie wurde daher untersucht, ob die transplantierten Kardiomyozyten im Tiermodell lebensfähig sind und zur Verbesserung der Herzfunktion beitragen.3,4

Kardiomyozyten mit Lichtsensoren und Fluoreszenz

 

Um die Muskelzellen gezielt zu aktivieren und zu inhibieren, wurden Kardiomyozyten mit einem optogenetischen Lichtsensor ausgestattet, der wie ein Lichtschalter funktioniert. Durch blaues Licht (470 nm Wellenlänge) lassen sich die modifizierten Kardiomyozyten gezielt inhibieren. Nach Ausschalten des Lichts werden sie wieder aktiviert. Zusätzlich wurde eine pharmakologisch aktivierbare Luciferase eingebracht, um zu beobachten, ob und wo sich transplantierte lebensfähige Kardiomyozyten im Herzen befinden.

 

Die modifizierten Kardiomyozyten wurden 7 Tage nach einer induzierten Herzverletzung in Meerschweinchen (n = 17) transplantiert. Dazu erfolgten 3 separate Injektionen: eine Injektion in die zentrale Läsion und zwei Injektionen in die lateralen Randbereiche. Die weiteren Untersuchungen am Herzen wurden 4 Wochen später durchgeführt.

Verbesserung der linksventrikulären Funktion

 

Mit Hilfe einer Langendorff-Apparatur wurde die linksventrikuläre Funktion der Herzen gemessen. Es konnte gezeigt werden, dass der linksventrikuläre endsystolische Druck (LVEPP) abnahm, wenn die transplantierten Kardiomyozyten mit blauem Licht inhibiert wurden. Allerdings war die LVEPP-Abnahme nur bei ca. 50 % der untersuchten Herzen nachweisbar.


Weiterhin führte die Induktion der Fluoreszenz zu einer messbaren Lichtemission aus der Vorderwand des Herzens, was darauf hinwies, dass die transplantierten Kardiomyozyten lebensfähig und funktionell vaskularisiert waren. Die Effektgröße passte dabei gut zur Transplantatmasse (≈ 40 mg), die ca. 2–3 % der linksventrikulären Masse (≈ 1,5 g) ausmachte.

Effizientere Kopplung im Menschen möglich

 

Eine mögliche Erklärung dafür, dass die Druck-Abnahme nur bei etwa der Hälfte der untersuchten Herzen nachweisbar war, könnte einerseits die ungenügende Lichtdurchdringung durch das Herzgewebe sein, und andererseits könnte die Kopplung der Kardiomyozyten unzureichend gewesen sein. Die letztere Annahme wurde dadurch unterstützt, dass die Transplantatmasse in den Herzen ohne Druck-Abnahme relativ gering war. Vermutlich muss eine relevante Masse an neuem Myokard gebildet werden, um die linksventrikuläre Funktion zu beeinflussen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Kopplung in größeren Tiermodellen effizienter ist, und dass die Zellen im Laufe der Zeit reifen. Daher könnten die positiven kontraktilen Effekte nach einer Transplantation beim Menschen größer sein.

Fazit

 

Insgesamt zeigten diese Untersuchungen, dass transplantierte Kardiomyozyten überlebensfähig sind und zur Verbesserung der Herzfunktion beitragen. Diese Ergebnisse sind ermutigend, um die Entwicklung neuer therapeutischer Strategien zur Regeneration des Herzens weiter voranzutreiben.


Referenzen

 

  1. https://dzhk.de/forschung/klinische-forschung/alle-studien/studie/detail/biovathfdzhk20/
  2. Zimmermann W.-H. BioVAT-HF-DZHK20-Studie. Vortrag in der Sitzung Highlights in der Kardiologie. DGK Herztage 2023; 05.-07.10.2023, Bonn
  3. Weinberger F. Contractile force of transplanted cardiomyocytes actively supports heart function after injury. Vortrag Basic Science Meeting, Healing after myocardial infarction – New mechanistic insights and therapeutic implications. DGK Herztage 2023; 05.-07.10.2023, Bonn.
  4. Stüdemann T et al. Contractile Force of Transplanted Cardiomyocytes Actively Supports Heart Function After Injury. Circulation. 2022;146(15):1159-1169

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