Highlights der Basic Science

 

DGK-Jahrestagung 2025 | Basic Science: Transskriptionsfaktor Sox9, mitochondriale Motilität bei Kardiomyozytenreifung, T-Zell-Infiltration bei kardiometabolischer HFpEF, das Verhältnis zwischen Darm und Herz und ICI-Myokarditis – Rubrikleiterin Prof. Sabine Steffens (LMU Klinikum München) stellte die Basic Science Highlights in der gleichnamigen Session auf der Jahrestagung in Mannheim vor1.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Prof. Sabine Steffens

Rubrikleiterin Basic Science

 

16.05.2025  

 

Bildquelle (Bild oben): m:con / Ben van Skyhawk

Sox9 fördert die altersbedingte kardiale Dysfunktion

 

Das erste Highlight war eine Arbeit zum Transkriptionsfaktor Sox9 – präsentiert von Dr. Felix Trogisch (Universitätsmedizin Mannheim).2


In früheren Arbeiten wurde Sox9 als Hauptregulator des fibrotischen Remodelings in endothelialen Zellen verschiedener Herzinsuffizienz-Entitäten identifiziert. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss von Sox9 auf die Entwicklung einer fibrotischen Herzerkrankung bei gealterten Mäusen untersucht. Bei 24 Monate alten Mäusen war die endotheliale Sox9-Expression hochreguliert, was mit einer gleichzeitigen Abnahme der Herzfunktion und Myokardfibrose einherging. KO-Mäuse mit endothel-spezifischer Sox9-Deletion hatten dagegen eine bessere Herzfunktion und weniger kardiale Fibrose. 

 

Einzelzell-RNA-Sequenzierung ergaben Verschiebungen in der Cluster-Verteilung, u. a. vermehrte B-Zellen und verringerte Neutrophilen bei den KO-Mäusen. Weiterhin konnten verschiedene Mechanismen identifiziert werden. Sox9 spielt vermutlich eine Rolle bei der Reifung von residenten zu sekretorischen Fibroblasten und aktivierte Fibroblasten fördern anti-angiogene Kaskaden, was zu verringerter Kapillar- und Nervendichte führte. Insgesamt wurden mehrere Mechanismen identifiziert, durch die endotheliales Sox9 die altersbedingte kardiale Dysfunktion sowohl autonom als auch im Zusammenspiel mit Fibroblasten und Immunzellen fördert.

 

Fazit Prof. Sabine Steffens: „Die Studie ist ein großartiges Anwendungsbeispiel für neue Hochdurchsatzverfahren wie die Einzelzelltranskriptomik, mit denen komplexe Zusammenhänge aufgeklärt werden können.“

Bedeutung der mitochondrialen Motilität für die Kardiomyozytenreifung

 

Das zweite Highlight war eine Arbeit von Natali Froese (Universitätsmedizin Mannheim) zu der Hypothese, ob die Expression von RHOT-Proteinen und die mitochondriale Motilität für die Positionierung der Mitochondrien während der Kardiomyozytenreifung erforderlich sind.3

 

Für die Experimente wurden KO-Mäuse generiert, die eine Kardiomyozyten-spezifische Deletion von Rhot1 und Rhot2 aufwiesen. Tatsächlich war die mitochondriale Motilität dieser Mäuse beeinträchtigt und die Tiere entwickelten eine altersabhängige Herzinsuffizienz sowie eine letale Kardiomyopathie. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigten, dass sich die Sarkomere auflösten und sich die Mitochondrien und die ATP-Produktion perinukleär ansammelten. Damit wurde gezeigt, dass die durch RHOT-Proteine vermittelte mitochondriale Motilität für die Positionierung der Mitochondrien während der Entwicklung der Kardiomyozyten erforderlich ist.

 

Fazit Prof. Sabine Steffens: „Eine Arbeit, die zeigt, wie wichtig die lokale ATP-Produktion in den Kardiomyozyten für die funktionelle Reifung ist. Dies wird durch die Verteilung der Mitochondrien entlang der Sarkomere gewährleistet.“

LOXL3 als neues Target für HFpEF

 

Beim dritten Highlight handelte es sich um eine Arbeit der DGK-Stipendiatin Dr. Ramona Emig (Universität Freiburg), die zurzeit an der Tufts University in Boston forscht.4

 

In der Arbeit ging es um die Hypothese, dass die T-Zell-Infiltration bei kardiometabolischer HFpEF einen Umbau der extrazellulären Matrix (ECM) verursacht. Die Experimente wurden mit WT-Mäusen und transgenen T-Zell-defizienten KO-Mäusen durchgeführt. KO-Mäuse entwickelten im Gegensatz zu WT-Mäusen nach Hochfettdiät- und Bluthochdruck-Behandlung keine erhöhte Steifigkeit der ECM und somit keine diastolische Dysfunktion. Nachfolgend konnte gezeigt werden, dass das aus T-Zellen stammende Interferon-γ die ECM-Versteifung über die Expression von LOXL3 in Herzfibroblasten auslöst. Interessanterweise führte die In-vivo-Behandlung von WT-Mäusen mit BAPN (β-Aminopropionitril), einem unspezifischen LOXL3-Inhibitor, zu einer verbesserten Herzfunktion.

 

Fazit Prof. Sabine Steffens: „Die Immunkardiologie ist ein spannendes Forschungsgebiet, das in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird.“

Schnittstelle zwischen Darm und Herz

 

Das vierte Highlight war eine Arbeit von Nadim Tabaza (RWTH Aachen) zur Untersuchung der Bedeutung von intestinalen Leukozyten für das kardiale Remodeling nach Myokardinfarkt (MI).5


Integrin-β7-defiziente KO-Mäuse, die keine intestinalen Immunzellen aber normale Leukozyten in anderen Organen aufwiesen, hatten im Vergleich zu WT-Mäusen 4 Wochen nach MI eine reduzierte Knochenmarkshämatopoese und weniger zirkulierende Immunzellen. Darüber hinaus war auch der kardiale Immunzelleneinstrom reduziert (41 % Reduktion der Gesamtleukozyten, 46 % der Neutrophilen und 35 % der Makrophagen). Bei 53.030 Patientinnen und Patienten der UK Biobank wurde eine positive Assoziation von zirkulierendem Integrin-β7 mit der Lebenszeitprävalenz von Herzinsuffizienz und Herzstillstand gefunden (p<0,05). Darüber hinaus waren höhere Integrin-β7-Werte auch mit einer höheren Sterblichkeit assoziiert.

 

Fazit Prof. Sabine Steffens: „Entzündungsprozesse im Darm beeinflussen die Entstehung von Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen. Um neue Therapien zu entwickeln, müssen wir die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen dieser Netzwerke besser verstehen.“

GBP5 als Target bei ICI-Myokarditis

 

Als fünftes Highlight wurde eine Arbeit aus dem Bereich der Kardiotoxizität von Dr. Jannek Brauer (Universitätsklinikum Heidelberg) ausgewählt, die sich mit der Problematik der Immun-Checkpoint-Inhibitor-Myokarditis beschäftigte.5

 

Die Immun-Checkpoint-Inhibitor (ICI)-Myokarditis ist zwar eine sehr seltene Nebenwirkung (bei ca. 1,5 % aller behandelten Patientinnen und Patienten), aber hat schwerste Verläufe: Bis zu 50 % der Personen müssen beatmet werden, versterben oder haben maligne Arrhythmien. Bisher gibt es keine spezifische Therapie. Um ein Target zu identifizieren, wurde ein In-vitro-Modell etabliert – unter Verwendung von humanen mononuklearen Blutzellen und neonatalen Ratten-Kardiomyozyten mit vorhergehender ICI-Behandlung.

 

Anschließend erfolgte die Analyse der dysregulierten Gene im Rattengenom, die mit hochregulierten humanen Genen von Menschen mit ICI-Myokarditis (Biopsien von je 9 Personen mit und ohne Myokarditis) abgeglichen wurden. Mit dieser Methode wurde das Guanylat-Binding-Protein 5 (GBP5) als Top-Target identifiziert und entsprechende Tamoxifen-induzierbare KO-Mäuse generiert. Nach ICI-Behandlung entwickelten die KO-Mäuse nur eine milde ICI-Myokarditis. In den WT-Mäusen wurde dagegen eine deutlichere Aktivierung des Inflammasoms im Herzen und eine Abnahme der Pumpfunktion beobachtet. Somit könnte GBP5 ein potentielles Drug-Target für die ICI-Behandlung darstellen.

 

Fazit Prof. Sabine Steffens: „Auch die Kardio-Onkologie, die sich mit den sich mit den Auswirkungen von Krebstherapien auf das Herz-Kreislauf-System befasst, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Frage ist, wie Nebenwirkungen nicht nur symptomatisch behandelt, sondern idealerweise vermieden werden können.“

Zur Autorin

Prof. Sabine Steffens

Prof. Sabine Steffens ist seit 2013 W2-Professorin für Klinische Pathobiochemie am Institut für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten (IPEK) am Klinikum der Universität München (LMU). Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen die Erforschung von kardiovaskulären Entzündungsprozessen.
Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Referenzen

 

  1. Steffens S. Basic Science. Highlight Session. 91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 26. April 2025
  2. Trogisch FA et al. Endothelial SOX9 modulates cardiac aging by controlling fibroblast activation, immune cell recruitment and endothelial cell senescence. P364 Postervorträge Mechanisms of myocardial infarction heart and failure. 91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 24. April 2025
  3. Froese N et al. Mitochondrial motility promotes sarcomere maturation of the heart V1428. Myofilaments and Cytoskeleton. 91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 24. April 2025
  4. Emig R et al. T cell-instructed extracellular matrix remodeling underlies diastolic dysfunction in cardiometabolic HFpEF. Postervorträge DGK-Stipendiaten-Sitzung P912. 91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 25. April 2025
  5. Tabaza N et al. Intestinal leukocytes regulate cardiac remodeling after myocardial infarction. V453 Rudi-Busse-Young Investigator Award für experimentelle Herz- und Kreislaufforschung. 91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 24. April 2025
  6. Brauer J et al. Targeted cardiac inactivation of Guanylate binding protein 5 (GBP5). Postervortrag P1350 Cellular mechanisms of inflammation, 91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 25. April 2025

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