Quick Dive: Post-COVID-Syndrom

 

In unserer Reihe "Quick Dive" stellen die Autorinnen und Autoren von Publikationen medizinischer Fachgesellschaften prägnant die wichtigsten Hintergründe und Inhalte der jeweiligen Veröffentlichung vor. Dieses Mal wird eingetaucht in:

 

Positionspapier zum Post-COVID-Syndrom

Aus der Kommission für Klinische Kardiovaskuläre Medizin der DGK

03.02.2025 | Verfasst von: E. Schieffer, D. Hilfiker-Kleiner, A. Schlitt, U. Laufs, L. Eckardt & B. Schieffer


Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

06.02.2025

 

Bildquelle (Bild oben): vovan / Shutterstock.com

5 Fragen an die Erstautorin

Dr. Elisabeth Schieffer, Universitätsklinikum Gießen und Marburg

 

Was sind Anlass und Ziel der Publikation?

 

Das Post-COVID-Syndrom betrifft die Kardiologie in besonderem Maße, da die klinische Symptomatik mit Fatigue, Schwindel und Palpitationen häufig eine kardiologisch differentialdiagnostische Abklärung erfordert. Ferner kommt es nach einer Infektion zu vermehrten thrombembolischen Ereignissen mit erhöhter kardiovaskulärer Mortalität. Über das erhöhte kardiovaskuläre Risiko nach einer SARS-CoV-2-Infektion aufzuklären und für die Symptome eines Post-COVID-Syndroms zu sensibilisieren, war der Anlass für dieses Positionspapier. Unser Ziel ist es, den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zusammenzufassen sowie die diagnostischen und therapeutischen Optionen aufzuzeigen.

 

Was sind die wichtigsten Take-Home Messages?

 

  1. Nach einer SARS-CoV-2-Infektion ist die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität erhöht und sollte Anlass für ein Screening auf kardiovaskuläre Risikofaktoren sein.
  2. Pathophysiologisch werden metabolische, vaskuläre, hämostaseologische und immunologische Veränderungen beschrieben.
  3. Das Post-COVID-Syndrom ist eine Ausschlussdiagnose (ICD10: U09.9!). Es tritt gehäuft im zeitlichen Verlauf nach einer Coronainfektion auf und selten nach einer Corona-Impfung.

 

Was sind Herausforderungen bei der Umsetzung und mögliche Lösungen?

 

Die größte Herausforderung besteht darin, die zugrundeliegenden pathophysiologischen Prozesse zu verstehen und daraus ableitend gezielte, medikamentöse Therapiestrategien zu entwickeln. Darüber hinaus stellt die Vielzahl der klinischen Symptome, die häufig neurologische, kardiovaskuläre und gastrointestinalen Beschwerden beinhalten, eine Herausforderung in Bezug auf eine zeitnahe Abklärung dar. Für die Betroffenen geht dies häufig mit einem Ärztemarathon einher, der sie aufgrund ihrer Beschwerden sehr belasten kann. Zentren für postinfektiöse Erkrankungen, die eine interdisziplinäre Abklärung ermöglichen und Expertise auf diesem Gebiet ausbauen, stellen eine Möglichkeit dar, wie Kompetenz gebündelt, innovativ Daten generiert und in entsprechende Therapiestudien umgesetzt werden können.

 

Welche Punkte sind offengeblieben?

 

Es fehlen verlässliche Daten zur Erfassung der Häufigkeit, des Schweregrades und des Verlaufs des Post-COVID-Syndroms für Deutschland. Des Weiteren bleibt zu klären, wie das aktuelle Infektionsgeschehen eine bestehende Post-COVID-Symptomatik beeinflusst.

 

Ausblick: Welche Entwicklungen zum Thema zeichnen sich ab?

 

Die weltweite Forschung und der zunehmende, interdisziplinäre Austausch weisen auf verschiedene pathophysiologische Mechanismen als Ursache des Post-COVID-Syndroms hin. Diese beinhalten intrazelluläre Prozesse, insbesondere im Bereich der Energiegewinnung durch die Mitochondrien, aber auch metabolische und immunologische Störungen. Die bisher etablierten Therapiestudien mit Rehabilitation, einzelnen Medikamenten bis hin zur Immunapharese decken nur Teile der Pathophysiologie ab. Eine zielgerichtete, erfolgreiche Therapie zur Behandlung des Post-COVID-Syndroms fehlt bisher. Dennoch ergeben sich Behandlungsoptionen, die bereits genutzt werden sollten. Ein wichtiger Schritt wird auch die in Bearbeitung und hoffentlich bald finalisierte Liste für Off-Label-Use-Medikamente für das Post-COVID-Syndrom sein.

Weiter zur vorgestellten Publikation:

Positionspapier zum Post-COVID-Syndrom – Aus der Kommission für Klinische Kardiovaskuläre Medizin der DGK

Literaturnachweis:

Schieffer E., Hilfiker-Kleiner D., Schlitt A., et. al.
Positionspapier zum Post-COVID- Syndrom
Kardiologie (2025) https://doi.org/10.1007/s12181-024-00722-8

Zur Person

Dr. Elisabeth Schieffer

Dr. Elisabeth Schieffer ist Fachärztin für Innere Medizin/Kardiologie und als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Universitätsklinikum Gießen und Marburg tätig. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen Post-COVID und Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS).

Bildquelle: Privat

Kurzinfo: Die Formate der DGK-Publikationen

Leitlinien sind für Ärztinnen und Ärzte eine wichtige Stütze im klinischen Alltag, um ihre Patientinnen und Patienten nach neuestem Stand der Wissenschaft bestmöglich zu behandeln. Dabei dienen die Leitlinien als verlässliche Handlungsempfehlungen in spezifischen Situationen.

Pocket-Leitlinien sind Leitlinien in kompakter, praxisorientierter Form. Bei Übersetzungen von Pocket-Leitlinien der ESC werden alle Empfehlungsklassen und Evidenzgrade der Langfassung übernommen.

Master Pocket-Leitlinien stellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der Leitlinienempfehlungen in Form von grafischen Diagnose- und Therapiealgorithmen dar. Als Quelle der Empfehlungen dienen dabei vorwiegend die nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erstellten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) sowie deren deutsche Übersetzung durch die DGK.

CardioCards behandeln im Wesentlichen Themen der Diagnostik und Akuttherapie für den ambulanten Bereich. Hier werden die essenziellen Informationen von Leitlinien komprimiert und übersichtlich zusammengefasst.

Kommentare beinhalten Hinweise, wie sich die neuen von den alten Leitlinien unterscheiden, Hinweise auf wesentliche Neuerungen, die seit dem Erscheinen der ESC-Leitlinien bekannt geworden sind, Diskussion kontroverser Empfehlungen in den ESC-Leitlinien sowie Möglichkeiten und Grenzen der Leitlinienumsetzung im Bereich des deutschen Gesundheitswesens.

Ein Positionspapier behandelt eine Fragestellung von großem allgemeinen Interesse, für die keine aktuelle Leitlinie vorliegt.

Bei einem Konsensuspapier handelt es sich um ein von mehreren Fachgesellschaften getragenes Statement.

Diese Veröffentlichungen enthalten Empfehlungen einer DGK-Arbeitsgruppe zu einer speziellen Frage von großem Interesse.

Stellungnahmen der DGK beziehen sich auf gesundheitspolitische Fragestellungen und erfolgen durch den Vorstand, gemeinsam mit Kommissionen und Projektgruppen. Sofern möglich und sinnvoll, werden auch Fachgesellschaft-übergreifende Stellungnahmen ausgearbeitet.

Ein Manual ist eine praktisch orientierte Expertenempfehlung für wesentliche kardiovaskuläre Prozeduren.

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