Zweimal im Jahr spritzen gegen hohen Blutdruck? Kardia-1-Studie zur siRNA Zilebesiran

 

AHA-Kongress 2023Der Neuigkeitswert der Kardia-1-Studie liegt in der Vision einer neuartigen Strategie zur Behandlung der arteriellen Hypertonie begründet, die mit einer subkutanen Injektion zweimal im Jahr auskommen könnte.

Von:

Prof. Ulrich Laufs

Herausgeber der Rubrik Prävention

 

12.11.2023

 

Bildquelle (Bild oben): AevanStock / Shutterstock.com


Wie funktioniert Zilebesiran?

 

Zilebesiran ist eine kleine interfrierende Ribonukleinsäure (siRNA), welche die Boten-RNA für Angiotensinogen, der Vorstufe des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, hemmt. Zilebesiran ist eine synthetisierte kurze doppelsträngige RNA, die an den Zucker, GalNac, gebunden wird. GalNac wird über einen spezifischen Rezeptor (Asialoglycoproteinrezeptor, ASGPR) aufgenommen, der von Hepatozyten exprimiert wird. Hierdurch wird zum einen die intrazelluläre Aufnahme und zum zweiten eine Spezifität für die Leber vermittelt. Im Ergebnis hemmt der Wirkstoff die Produktion von Angiotensinogen in der Leber.

Design der Kardia-1-Studie

 

Kardia-1 ist eine Phase-2-Studie in der frühen Phase der klinischen Entwicklung. Das Ziel war, die Ermittlung der optimalen Dosierung für ein weiteres Studienprogramm und die Untersuchung der Sicherheit. Es wurden bei 394 Personen mit Hypertonie nach Beenden von antihypertensiven Therapien die Zilebesiran Dosierungen 150 mg, 300 mg und 600 mg und die Gaben alle 3 und alle 6 Monate mit Placebo verglichen.

Was waren die Ergebnisse?

 

Zilebesiran reduzierte die Angiotensinogen-Konzentrationen im Serum um über 90 %. Das Medikament senkte den systolischen Blutdruck zwischen 7,5 % (150 mg Dosis) und 12,1 % (300 mg alle 3 Monate). Die Gabe von 600 mg alle 6 Monate senkte den systolischen Praxis-Blutdruck um 10,2 %. In der 24-Stunden Blutdruckmessung zeigte sich für alle Applikationsschemata eine parallele und konsistente Absenkung über den Tagesverlauf mit erhaltener Nacht-Absenkung.

 

Es wurden über 6 Monate keine schwerwiegenden unerwünschten Effekte beobachtet. Die Autoren berichteten in der Präsentation auf dem AHA-Kongress am 11.11.2023, dass, ihrer Einschätzung nach, insbesondere auch keine Probleme bzgl. Hyperkaliämie, Hypotonie, Nieren- oder Leberfunktion bestehen. Die Behandlung wurde gut vertragen. Daher wurde angekündigt, dass die Substanz in weiteren Studien geprüft wird.

 

Kommentar

 

Die Technologie der leberspezifischen Hemmung von RNA hat das Potenzial, die Arzneimittel-Therapie grundlegend zu verändern. Das Konzept ist die gezielte Hemmung einer ausgewählten hepatischen RNA durch eine synthetische Nukleinsäure, d.h. die Probleme der klassischen Pharmakologie bzgl. Spezifität, Interaktionen, intestinalem Transport und hepatischen oder renalen Abbau bestehen nicht. Für die Hypercholesterinämie ist mit der Substanz Inclisiran bereits ein solcher Wirkstoff in klinischem Einsatz. RNA-Medikamente zur spezifischen Senkung von Lipoprotein(a) sind in der klinischen Entwicklung weit fortgeschritten. Der Wirkmechanismus der siRNA ermöglicht die Applikation mit wenigen (z.B. zwei) subkutanen Spritzen pro Jahr. Falls sich die Wirksamkeit und vor allem die Sicherheit dieser Strategie bestätigen - und hier bleiben Sorgfalt und Geduld gefragt - sind zahlreiche weitere Ziel-RNA vorstellbar. Die Vision wäre eine Revolution in der Herz-Kreislaufmedizin: der Ersatz zahlreicher täglicher Tabletten durch eine gelegentliche Spritze zur Kontrolle von kardiovaskulären Risikofaktoren zweimal im Jahr.

Referenz

 

Bakris, G. et al. Sustained blood pressure reduction with the RNA interference therapeutic, Zilebesiran: Primary results from KARDIA-1,  a phase 2 study in patients with hypertension. Presented at AHA Congress, 11. - 13.11.2023, Philadelphia.

 

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