Erhöht Einsamkeit das Herzinsuffizienzrisiko?

Die COVID-19-Pandemie hat den Effekt von sozialer Isolation und Einsamkeit auf die Gesundheit verdeutlicht. Auch das Risiko für Herzinsuffizienz könnten diese Faktoren beeinflussen, zeigt eine große Analyse britischer Daten.

Von Joana Schmidt

 

06.02.2023

Untersuchungen haben ergeben, dass soziale Isolation und Einsamkeit Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen sind. Sozial isoliert bedeutet, keine oder wenige soziale Kontakte zu haben, während Einsamkeit als das negative Gefühl definiert wird, weniger soziale Interaktion als gewünscht zu haben. Ob beides dazu beitragen kann, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln, ist noch wenig erforscht. Einer Studie zufolge bestehen solche Assoziationen, wobei Gefühle von Einsamkeit sich stärker auszuwirken scheinen, als tatsächlich allein zu sein.

 

Forschende um Dr. Yannis Yan Liang von der Guangdong Academy of Medical Sciences in Guangzhou nutzten für die Studie Daten aus der UK-Biobank. Die einbezogenen Personen hatten in Fragebögen über psychosoziale Faktoren wie Einsamkeit und soziale Isolation berichtet. Mithilfe von Klinikdaten und Sterberegistern untersuchten Liang et al., wer über median mehr als zwölf Jahre eine Herzinsuffizienz entwickelte, und berechneten einen entsprechenden Risikoscore.

Herzinsuffizienzrisiko von Einsamen um 19% erhöht

Von rund 465.000 Personen mittleren und höheren Alters erkrankten knapp 13.000 an Herzinsuffizienz. Die am stärksten sozial Isolierten hatten ein signifikant um 17% gesteigertes Herzinsuffizienzrisiko gegenüber den am wenigsten sozial Isolierten. Das Risiko einsamer Menschen für Herzinsuffizienz war verglichen mit nicht einsamen signifikant um 19% erhöht.

 

Soziale Isolation war nur dann ein Risikofaktor, wenn die Betroffenen nicht gleichzeitig einsam waren. Wenn beides zutraf, war Einsamkeit somit der wichtigere Faktor für das Herzinsuffizienzrisiko. Bei Personen, die nur einsam, aber nicht sozial isoliert waren, war das Risiko trotzdem erhöht. Die Arbeitsgruppe hält Einsamkeit für den wahrscheinlich stärkeren psychologischen Stressor, da sie unter feindseligen Personen oder Menschen mit stressigen sozialen Beziehungen verbreitet sei.

 

Die beobachteten Assoziationen waren unabhängig vom genetischen Herzinsuffizienzrisiko. Einsamkeit und soziale Isolation traten häufiger bei Männern auf und korrelierten mit ungesundem Verhalten wie Rauchen und mit Adipositas. Die Studie weise auf die Notwendigkeit hin, soziale Isolation und Einsamkeit routinemäßig zu untersuchen und mehr soziale Unterstützung anzubieten, so das Forscherteam. Sie zeige auch, dass es wichtig sei, zwischen beiden Komponenten zu unterscheiden.

„Soziale Interventionen zu verschreiben könnte helfen“

„Die Assoziationen sind bei Personen mit starker sozialer Isolation und Einsamkeit wahrscheinlich am ausgeprägtesten und werden durch einen niedrigen sozioökonomischen Status verstärkt“, schreiben Dr. Sarah Goodlin von der Organisation Patient-centered Education and Research in Portland et al. in einem Begleitkommentar. Da soziale Gesundheitsfaktoren zunehmend als wichtige Bestandteile einer patientenzentrierten Gesundheitsversorgung anerkannt würden, könne es angebracht sein, spezifische, auf das soziale Leben bezogene Interventionen zu verschreiben.

 

Es sind zukünftige Studien geplant, die die Auswirkungen von sozialer Isolation und Einsamkeit auf die Prognose gefährdeter Bevölkerungsgruppen, einschließlich Personen mit Typ-2-Diabetes, untersuchen. Ziel sei, die Mechanismen besser zu verstehen, die hinter den Assoziationen zwischen sozialen Faktoren und kardiovaskulären Erkrankungen stecken, schließen die Forschenden.


Literatur

Liang Y et al. Association of Social Isolation and Loneliness With Incident Heart Failure in a Population-Based Cohort Study. Journal of the American College of Cardiology 2023. https://doi.org/10.1016/j.jchf.2022.11.028

 

Goodlin S et al. Social Isolation and Loneliness in Heart Failure: Integrating Social Care Into Cardiac Care. Journal of the American College of Cardiology 2023. https://doi.org/10.1016/j.jchf.2023.01.002

 

ACC-Pressemitteilung: Social Isolation, Loneliness Increase Risk for Heart Failure. 01.02.2023.

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