Nach Thaler und Sunstein beschreibt der nicht einfach zu übersetzende englische Begriff „Nudge“ einen mehr oder weniger subtilen Anstoß zur Verhaltensänderung.2 Dabei geht es nicht um Verbote, Gebote oder ökonomische Anreize, sondern um eine Beeinflussung unserer Entscheidungsarchitektur.
Herzmedizin.de hat kürzlich über die positive Studie NUDGE-FLU3 berichtet. Diese große gepoolte Analyse an über 2 Millionen Däninnen und Dänen zeigt, dass gezielte E-Mail-Botschaften zu kardiovaskulären Vorteilen von Grippeimpfungen die Impfquote erhöhen konnten. Der Effekt war besonders ausgeprägt bei Personen mit vorherigem Herzinfarkt.
Auf der anderen Seite zeigt die oben referierte, sehr gut durchgeführte Studie, dass entgegen aller Erwartungen keine der drei von Ho und seinem Team gut überlegten und getesteten „Nudging“-Strategien die Medikamenten-Einnahmetreue verbessern konnte.
Aus Perspektive der Gesundheitsversorgung kann demnach „Nudging“, z. B. per SMS-/E-Mail-Nachricht oder App, eine sehr kostengünstige und potentiell hocheffektive Methode zur Verhaltensprävention darstellen (Beispiel NUDGE-FLU). Auf der anderen Seite ist die Wirkung von Benachrichtigungen und Apps alles andere als ein Automatismus (Beispiel Ho et al.). Im Falle einer unbekannten oder fehlenden Wirksamkeit können Maßnahmen bevormunden, die Lebensqualität reduzieren und als paternalistisch wahrgenommen werden.
Das Thema hat große Bedeutung, allein im Google Play Store sind über 36.000 verschiedene Gesundheits-Apps verfügbar.4 Die Wirksamkeit des weitaus größten Teils ist fraglich oder unbekannt. Es scheint also auch bei diesem Thema keine Abkürzung zu qualitativ hochwertigen klinischen Prüfungen zu geben, die wirksame von unwirksamen Interventionen differenzieren.