Neue Studie: Spironolacton die beste Option bei „resistenter“ Hypertonie

Welche medikamentöse Option verspricht bei „resistenter“ Hypertonie noch Erfolg? Ergebnisse einer neuen Vergleichsstudie sprechen klar für Spironolacton als beste Wahl: Bei fast 60 Prozent aller zuvor therapierefraktären Hypertoniker konnte damit der erhöhte Blutdruck doch noch unter Kontrolle gebracht werden.

Von Peter Overbeck

 

31.08.2015

Das Thema „resistente“ Hypertonie ist in jüngster Zeit vor allem im Zusammenhang mit der renalen Denervation wieder stärker in den Blickpunkt geraten. Um dieses von vielen zunächst begeistert begrüßte interventionelle Verfahren der Blutrucksenkung ist es nach ernüchternden Studiendaten inzwischen etwas stiller geworden.

 

Unter „resistenter“ Hypertonie wird allgemein eine Blutdruckerhöhung verstanden, die trotz kombinierter Behandlung mit drei Blutdrucksenkern (gewöhnlich ein ACE-Hemmer, ein Kalziumantagonist und ein Diuretikum) therapeutisch nicht in den Griff zu bekommen ist. Nach Schätzungen fallen rund 10 Prozent aller behandelten Hypertoniker unter diese Kategorie, sie unterliegen einem hohen kardiovaskulären Risiko.

 

Eine britische Forschergruppe um Prof. Bryan Williams aus London hatte ihren Optimismus nicht aufgegeben, bei diesen Patienten auch auf medikamentösem Weg der scheinbar unbeeinflussbaren Blutdruckerhöhung doch noch beikommen zu können. Ihre Hoffnung richtete sich dabei auf den diuretisch wirksamen Aldosteronblocker Spironolacton.

Zustand der Natriumretention

Williams und seine Kollegen gehen davon aus, dass „resistente“ Hypertonie einen Zustand der Natriumretention repräsentiert, der durch unphysiologisch niedrige Renin-Werte trotz Behandlung mit einem ACE-Hemmer, Kalziumantagonist und Diuretikum charakterisiert ist. In dieser Situation, so ihre Hypothese, könnte eine zusätzlich Diurese mit Spironolacton stärker antihypertensiv wirksam sein als andere Therapien.

 

Ergebnisse kleinerer kontrollierter Studien sowie Daten aus Beobachtungsstudien schienen den Forschern Recht zu geben. Allerdings fehlte bisher der überzeugende Beweis für eine überlegene Wirksamkeit von Spironolacton auf der Grundlage eines Direktvergleichs mit anderen medikamentösen Alternativen. Diese Lücke hat die britische Forschergruppe nun mit der randomisierten placebokontrollierten PATHWAY-2-Studie geschlossen. Ihre Ergebnisse sind beim ESC-Kongress in London erstmals vorgestellt worden.

Vergleich mit Alphablocker, Betablocker und Placebo

Für die Studie sind 335 Patienten rekrutiert worden, die nach gängiger Definition eine „resistente“ Hypertonie auswiesen. Das Studiendesign sah vor, dass alle Teilnehmer insgesamt vier jeweils zwölfwöchige Behandlungszyklen durchlaufen sollten. In diesen aufeinanderfolgenden Zyklen wurden sie nacheinander mit Spironolacton, dem Alphablocker Doxazosin, dem Betablocker Bisoprolol und Placebo behandelt. Basis für den Vergleich der Wirksamkeit waren die bei der häuslichen Selbstmessung festgestellten systolischen Blutdruckwerte der Teilnehmer.

 

Die Forscher gingen bei ihrer Analyse „hierarchisch“ vor. Im ersten Schritt verglichen sie Spironolacton mit Placebo. Dieser Vergleich liefert den Beleg für die grundsätzliche Wirksamkeit von Spironolacton bei „resistenter“ Hypertonie: Der systolische Blutdruck nahm unter dem Aldosteronblocker signifikant um im Mittel 8,7 mmHg stärker ab als unter Placebo.

Signifikante Überlegenheit von Spironolacton

Im nächsten Schritte wurden die Spironolacton-Ergebnisse den kombinierten Ergebnissen der Vergleichsgruppen (Bisoprolol/Doxazosin) gegenübergestellt. Hier ergab sich eine hochsignifikante Überlegenheit von Spironolacton, das den systolischen Blutdruck auf im Mittel 4,26 mmHg niedrigere Werte senkte.

 

Dritter Schritt waren dann separate Vergleiche mit Doxazozin und Bisoprolol. Auch hier bestätigte sich die Überlegenheit von Spironolacton, das den Blutdruck jeweils etwa doppelt so stark senkte wie Alphablocker und Betablocker (–4,03 mmHg versus Doxazosin, –4,48 mmHg versus Bisoprolol).

Mehr Patienten erreichten Zielwerte

Diese Überlegenheit spiegelte sich auch im Anteil der Hypertoniker wider, deren systolische Blutdruckwerte bei der häuslichen Messung am Ende im angestrebten Zielbereich lagen (unter 135 mmHg). Unter Spironolacton betrug die Rate 57,8 Prozent, im Vergleich zu 41,7 Prozent (Doxazosin), 43,6 Prozent (Bisoprolol) und 24,4 Prozent (Placebo).

 

Spironolacton erwies sich als gut verträglich, unerwünschte Effekte traten nicht signifikant häufiger auf als in den Vergleichsgruppen. Bedingung dafür sei allerdings eine sorgfältige Überwachung von Kaliumwerten und Nierenfunktion, betonte Studienleiter Williams bei der Präsentation der Ergebnisse. Für eine Beurteilung spezifischer Nebenwirkungen wie Gynäkomastie war die Behandlungsdauer zu kurz.

 

Nach Einschätzung von Williams sind diese Ergebnisse ein klarer Beleg dafür, dass Spironolacton die effektivste Therapieoption bei „resistenter“ Hypertonie ist. Dies sollte sich künftig auch in den Leitlinien-Empfehlungen widerspiegeln. Im Übrigen erforderten die die Ergebnisse, so Williams, auch eine definitorische Modifikation: Von „resistenter“ Hypertonie sollte künftig erst die Rede sein, nachdem auch ein zusätzlicher Therapieversuch mit Spironolacton den erhöhten Blutdruck nicht unter Kontrolle gebracht hat.


Literatur

Präsentation in der Hotline IV bei m ESC-Kongress, London, 29.8. – 2. 9. 2015

Diese Seite teilen