HERZMEDIZIN: Welche Methodik wurde angewandt? Welche Indikationen wurden eingeschlossen?
Korosoglou: Personen mit chronischem Koronarsyndrom (quasi einer stabilen KHK) aus 11 Zentren wurden in das LOCATE-Register aufgenommen und systematisch analysiert. Das gesamte, verkalkte und nicht verkalkte Plaque-Volumen wurde quantitativ erfasst und die relative Differenz der Plaque-Volumina zwischen der Baseline und der k-CT Nachuntersuchung wurden berechnet. Die Intensität der lipidsenkenden Behandlung wurde als keine, niedrig, moderat oder hoch eingestuft, basierend auf den aktuellen Leitlinienempfehlungen. Insgesamt wurden 216 konsekutive Patientinnen und Patienten an den 11 oben genannten Standorten einer seriellen CCTA unterzogen.
HERZMEDIZIN: Was sagen die Ergebnisse? Gab es Besonderheiten?
Korosoglou: Die Studie zeigte, dass eine hochintensive lipidsenkende Therapie erforderlich ist, um die Progression der ‚gefährlichen‘ sogenannten nicht-kalzifizierten (lipid-reichen) Plaque zu stoppen. Dies gelang nur durch Hochintensität-Statine wie Rosuvastatin und Atorvastatin bzw. durch PCSK9-Inhibitoren, die in der Lage sind, das LDL-Cholesterin auf > 50 % vom Ausgangswert und somit effektiv zu senken. Einige Studien hatten im Vorfeld die Gabe der Statintherapie kategorisch unterteilt und entsprechend untersucht, LOCATE hat hier noch zusätzlich zwischen verschiedenen Stufen und Wirksamkeit der Statintherapie unterschieden.
Die multizentrische LOCATE-Studie unterstreicht außerdem die Rolle der CCTA als einzigartiges nicht-invasives Bildgebungsinstrument für die Quantifizierung und Überwachung der atherosklerotischen koronaren Plaquebelastung.
HERZMEDIZIN: Was sind die Limitationen? Welche Relevanz hat die Studie für die Praxis?
Korosoglou: Die Zahl der Patientinnen und Patienten ist relativ gering und die Beobachtungszeit mit ca. 2 Jahren relativ kurz. Künftige Studien sind somit erforderlich, um prospektiv randomisiert zu untersuchen, wie sich eine hochintensive lipidsenkende Behandlung auf die Plaquebelastung, LDL-Cholesterin-Senkung und ihre Wirkung auf die kardialen Ergebnisse im Langzeit-Follow-up auswirkt. Unsere Studie schloss zudem symptomatische Patientinnen und Patienten ein, die aus klinischer Indikation eine k-CT erhalten haben, quasi im Sinne einer Sekundärprävention. Studien über den Stellenwert der lipidsenkenden Therapie bei asymptomatischen Risikopatientinnen und -patienten im Setting der Primärprävention, wie die prospektiv angelegte SCOT-HEART-2-Studie, werden derzeit durchgeführt und die entsprechenden Ergebnisse werden in Zukunft mit Spannung erwartet.
Die Relevanz für die Praxis geht aus der Studie klar hervor. Bei Risiko- und Hochrisikopatientinnen und -patienten kann die Progression der gefährlichen Plaque – das sind die Plaques, die rupturieren (reißen) und dann einen akuten Herzinfarkt hervorrufen – nur durch eine hochintensive lipidsenkende Therapie gestoppt werden. Um diesen Effekt nun auch in der Praxis zu erreichen, wird eine ausreichende Adhärenz sowohl der Ärztinnen und Ärzte als auch der Betroffenen erforderlich sein.
HERZMEDIZIN: Wird die Studie weitergeführt?
Korosoglou: Es sind in der Tat weitere Subanalysen geplant. Aktuell analysieren wir den Zusammenhang zwischen der Abnahme des nicht-kalzifizieren Plaquevolumens mit sogenannten high-risk features von Plaques, quasi Eigenschaften, die einen vulnerablen Plaque ausmachen und mit hoher Wahrscheinlichkeit eine zukünftige Plaqueruptur hervorsagen könnten. Wir sehen, dass die Abnahme des nicht-kalzifizieren Plaquevolumens, quasi eine sogenannte ‚Delipidisierung‘ der Plaque mit einem Rückzug dieser aggressiven Charakteristika einhergeht. Auch die Erkenntnis unterstreicht die Wichtigkeit der hochintensiven Statintherapie.
Bedanken würde ich mich gerne in dem Zusammenhang für die Ermöglichung dieser Studie bei der DGK für die ideelle Unterstützung und Akkreditierung unserer Studie, bei der Firma Siemens für die finanzielle Unterstützung im Sinne eines Forschungsstipendiums an die GRN-Klinik Weinheim und an die Hector Stiftungen, die uns im Jahr 2020 mittels einer großzügigen Spende an die GRN-Klinik Weinheim, den Erwerb des SOMATOM-Force-Computertomographen ermöglicht haben.