Einen geschützten Raum für Fragen

 

Jungen Kolleginnen und Kollegen fehlt oft noch eine klare Orientierung für ihr zukünftiges Berufsleben, sodass der Kontakt zu erfahrenen Mentor:innen von unschätzbarem Wert ist. Bei den Herztagen 2022 fand das zweite Speed-Mentoring der DGK statt: Dr. Karin Rybak (Initiatorin des Programms), PD Dr. Alexander Pott (Mentor) und Dr. Johanna Tennigkeit (Mentee) im Interview dazu.

 

Dieser Artikel erschien in der Cardio News, November/Dezember 2022. DGK-Mitglieder erhalten die Cardio News kostenlos. Hier Mitglied werden!

Von:

Melissa Wilke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

09.12.2022

 

 

Dr. Rybak, welche Erwartungen hatten Sie an das Speed-Mentoring? Haben sich diese Erwartungen erfüllt?

 

Rybak: Es gab in Bonn die Möglichkeit, ohne Termin mehrere Mentorinnen und Mentoren zu treffen oder aber vorab einen Termin für bis zu zwei „Wunschmentor:innen“ zu buchen. Die Resonanz war außerordentlich positiv. Ich persönlich habe die positive und konstruktive Atmosphäre sehr genossen.

 

Mit welchen Hürden wurden Sie während Ihrer Ausbildung konfrontiert, Dr. Pott?

 

Pott: Als Universitätsmediziner habe ich den Dreiklang aus Patientenversorgung, Forschung und Lehre immer wieder als fordernd empfunden. Wichtig ist in solchen Situationen eine Perspektive im Hinterkopf zu haben, die über die aktuelle Stresssituation hinweghilft. Glücklicherweise hatte ich in meiner Abteilung mehrere Ansprechpartner, aber ein strukturiertes Mentoring-Programm gab es damals leider noch nicht.

 

Und wie sieht es bei Ihnen aus, Dr. Tennigkeit?

 

Tennigkeit: Eine meiner größten Hürden ist es, die richtige Balance zwischen dem nötigen Ehrgeiz, ambitionierte Karriereziele zu erreichen, und einem Ausgleich zu schaffen. Einerseits die hohe Arbeitsbelastung und andererseits an den richten Stellen die notwendige Zeit in seine Qualifizierung zu investieren sowie verborgene Fallstricke zu erkennen. Wo finde ich die nächste Weggabelung und wie treffe ich die richtige Entscheidung, in welche Richtung es weitergeht?

 

Wie haben Sie das Speed-Mentoring als Mentee erlebt?

 

Tennigkeit: Ich bin sehr offen in die Gespräche gegangen. Ich habe mir gewünscht, einige neue Kontakte knüpfen zu können, da ich im ersten Weiterbildungsjahr noch sehr frisch in der Kardiologie bin. Zudem hatte ich einige Fragen vorbereitet, auf die ich mir Rat auf einer etwas externeren Ebene gewünscht habe. Schon im Vorfeld war ich überrascht, welche große Bandbreite an Expertise durch die verschiedenen Mentor:innen vertreten war. Ich habe sehr wertschätzende Gespräche erlebt. Mir wurden Einblicke in verschiedenen Karrierewege gegeben und meine Fragen – die sich mehrheitlich auf meine Karriereplanung bezogen – wurden sehr offen beantwortet und mit eigenen persönlichen Erfahrungen ergänzt.

 

Welche Erfahrungen haben Sie als Mentor gemacht Dr. Pott?

 

Pott: Als Mentor habe ich die Gespräche auch gleich sehr offen und direkt empfunden. Ich freue mich sehr, dass Frau Tennigkeit das Mentoring so geholfen hat. Wichtig war mir, den Mentees einen geschützten und vertrauensvollen Raum für Fragen zu bieten, in dem man sich frei und offen besprechen konnte. Zusätzlich wollte ich den Mentees mitgeben, dass es keine richtigen oder falschen Entscheidungen im Laufe einer Karriere gibt, sondern wichtiger ist, eigene Entscheidung vor sich selbst begründen zu können.

 

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Speed-Mentorings bei den DGK Herztagen 2022 in Bonn. © DGK

Warum ist Ihnen der Austausch mit dem kardiologischen Nachwuchs wichtig?

 

Pott: Als zukünftiger Chefarzt einer Abteilung möchte ich wissen, was die jungen Leute heute bewegt, um möglichst attraktiv für den ärztlichen Nachwuchs zu sein! Hier hat sich in den letzten Jahren hinsichtlich der Erwartungen und Ansprüche an das Arbeits- und Privatleben doch einiges verändert. Der Austausch mit jungen Leuten hilft mir, dabei eigene Denkmuster immer wieder zu hinterfragen.

 

Wird das das Mentoring-Programm gut angenommen?

 

Rybak: Gemessen an dem recht kurzen Zeitraum sind wir mit der Entwicklung nicht unzufrieden, aber wir würden uns natürlich eine weitere Verbreitung dieser großen Chance für unseren kardiologischen Nachwuchs wünschen.

 

Gibt es genug Mentor:innen?

 

Rybak: Aktuell stehen den potenziellen Mentees 35 Mentor:innen aus Grundlagenforschung, Klinik und Niederlassung beratend zur Seite. Wir freuen uns aber über jeden Neuzugang!

 

Welche Voraussetzungen sollten Mentor:innen mitbringen?

 

Rybak: Ein Mentor sollte bereit sein, seine fachliche Expertise und sein informelles Wissen an junge Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben. Ihm muss die Förderung des kardiologischen Nachwuchses wichtig sein. Das setzt ein hohes Maß an persönlicher Bereitschaft voraus, was dann auch einen nicht unerheblichen Zeitfaktor bedeutet.

 

Wie unterscheidet sich das Speed-Mentoring im Vergleich zum langfristigen Mentoring-Programm der DGK?

 

Rybak: Nicht jeder junge Kollege weiß schon genau, welchen beruflichen Weg er einschlagen wird. Hier bietet das Speed-Mentoring die exzellente Möglichkeit, unverbindlich mit mehreren Mentoren in einem kurzen Zeitraum zu sprechen. Das klassische Mentoring-Programm sieht die Begleitung des Mentees über einen längeren Zeitraum mit Betreuung durch eine „feste“ Begleitung und einer klaren Zielsetzung vor.

 

Dr. Tennigkeit, wäre das für Sie auch interessant?

 

Tennigkeit: Auf jeden Fall! Das Speed-Mentoring hat mir die Bedenken genommen, dass ich in das langfristige Mentoring nicht reinpassen würde oder geschweige denn zu jung dafür wäre. Sich mit den eigenen Karrierezielenin solchen Veranstaltungen auseinanderzusetzen und darüber noch zu reden, schärft das Bewusstsein dafür, wo man steht, wo man hin möchte, und hilft, sich Rat zu holen, was noch erforderlich ist, um weiterzukommen. Gerade zu Beginn der Karriere ist das langfristige Mentoring ein super Förderinstrument.

 

Würden Sie das Speed-Mentoring auch Ihren Kolleginnen und Kollegen empfehlen?

 

Tennigkeit: Ich habe direkt die Werbetrommel unter meinen Kolleg:innen gerührt und ich glaube, dass das Klinikum Brandenburg unter den Teilnehmenden im nächsten Jahr sicherlich noch stärker vertreten sein wird bei dieser tollen Veranstaltung.

 

Das heißt, es wird bei der Jahrestagung wieder ein Speed-Mentoring geben?

 

Rybak: Unsere aktuelle Planung sieht vor, nach der Jahrestagung ein Online-Speed-Mentoring anzubieten. Zu den Herztagen wird es in Bonn wieder die Möglichkeit geben, die „Wunsch-Mentor:innen“ persönlich zu treffen. Diesbezügliche Informationen wird es rechtzeitig auf unserer Homepage, über den DGK-Newsletter und natürlich über die Social-Media-Kanäle der Young DGK geben.


Prof. Alexander Pott

Prof. Dr. Alexander Pott ist Chefarzt der Kardiologie und Angiologie im Bonifatius Hospital Lingen und engagiert sich als Mentor im DGK-Mentoringprogramm.

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