Größte randomisierte Studie zur zerebralen Protektion während TAVI

 

ACC-Kongress 2025 | PROTECT-TAVI: In der bislang größten prospektiven, randomisierten, multizentrischen Studie wurde die Effektivität eines zerebralen Protektionssystems bei Patientinnen und Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose, die mittels Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) behandelt wurden, untersucht. Die Ergebnisse präsentierte Prof. Rajesh Kharbanda (Oxford, UK) in der Session „Late-Breaking Clinical Trials V“.

Von:

PD Dr. Hendrik Wienemann 

Herzzentrum der Universität zu Köln

 

Prof. Stephan Baldus

Leiter Rubrik Strukturelle Herzerkrankungen

 

31.03.2025

 

Bildquelle (Bild oben): David Harmantas / Shutterstock.com

Die TAVI hat sich als Standardtherapie für die Behandlung der isolierten hochgradigen Aortenklappenstenose etabliert. Auch wenn nicht höher als in vergleichbaren chirurgischen Kollektiven, bleibt das Risiko von Schlaganfällen mit einer Inzidenz von 2–3 % ein relevantes Problem. Um zerebrale Embolisationen zu minimieren, wurden periinterventionell perkutan zu implantierende Protektionssysteme entwickelt. Das am häufigsten verwendete System ist das Sentinel™ Cerebral Embolic Protection (CEP) Device von Boston Scientific. Eine frühere randomisierte Studie (PROTECTED-TAVR) mit 3.000 Patientinnen und Patienten konnte jedoch keinen eindeutigen Vorteil des Sentinel-Systems nachweisen.

Studiendesign und Methodik

 

Die PROTECT-TAVI-Studie untersuchte, ob das Sentinel-CEP-System die Inzidenz klinisch manifester Schlaganfälle im Rahmen der TAVI reduzieren kann. Patientinnen und Patienten mit symptomatischer hochgradiger Aortenklappenstenose wurden randomisiert auf eine Behandlung mit oder ohne Einsatz des Sentinel-Systems. Ein Schlaganfall wurde als neues oder verschlechtertes fokales oder globales neurologisches Defizit vaskulären Ursprungs definiert, das mindestens 24 Stunden anhielt oder innerhalb dieses Zeitraums zum Tod führte. Zu den sekundären Endpunkten zählten u. a. die Gesamtmortalität innerhalb von 72 Stunden oder bis zur Entlassung, die kombinierte Inzidenz von Mortalität oder Schlaganfall sowie eine erweiterte Kombination aus Mortalität, Schlaganfall oder transitorischer ischämischer Attacke (TIA). Eine Interimsanalyse zeigte zunächst eine niedrige Inzidenz des primären Endpunktes, sodass die Patientenzahl erhöht wurde. Nachdem 134 Schlaganfälle registriert worden waren, wurde die Studie jedoch nach der Rekrutierung von 7.635 Patientinnen und Patienten vorzeitig beendet (ursprünglich geplant: 7.730 Patiennen und Patienten, basierend auf einer erwarteten Schlaganfallrate von 3 % in der Kontrollgruppe und 2 % in der CEP-Gruppe).

Ergebnisse

Das mittlere Alter der Patientinnen und Patienten lag bei 81 Jahren, der mittlere Druckgradient betrug 43 mmHg, der EuroSCORE II lag bei 2,4 %. Eine bikuspide Klappenanatomie wurde bei ca. 8 % der Personen festgestellt, 48 % wiesen eine ausgeprägte Kalzifikation der Aortenklappe auf.

Die TAVI-Klappe konnte in beiden Gruppen in >99 % der Fälle erfolgreich implantiert werden, das Sentinel-Device wurde in 87,5 % der Fälle erfolgreich platziert.

 

  • Primärer Endpunkt: Ein Schlaganfall innerhalb von 72 Stunden oder bis zur Entlassung trat in 2,2 % der Kontrollgruppe und in 2,1 % der CEP-Gruppe auf (Risikodifferenz: -0,02 Prozentpunkte; 95%KI[-0,68;0,63]; p=0,94).
  • Sekundärer Endpunkt (schwerer Schlaganfall): 1,4 % in der Kontrollgruppe vs. 1,2 % in der CEP-Gruppe (Risikodifferenz: -0,2 Prozentpunkte; 95%KI[-0,7;0,4]; p=0,55).
  • Gesamtmortalität, Schlaganfall oder TIA: 3,1 % in der Kontrollgruppe vs. 3,3 % in der CEP-Gruppe (Risikodifferenz: 0,2 Prozentpunkte; 95%KI[-0,6;1]; p=0,55).

 

Auch in vordefinierten Subgruppen zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Auch eine Complier-Average-Causal-Effect-Analyse, die Patientinnen und Patienten berücksichtigte, die zwar der CEP-Gruppe zugeteilt waren, aber keine Protektion erhielten, änderte das Ergebnis nicht.

Fazit

 

Angesichts der großen Patientenzahl und des randomisierten Studiendesigns konnte kein signifikanter Nutzen des Sentinel-Systems hinsichtlich der Reduktion des Schlaganfallrisikos nach TAVI bei hochgradiger Aortenklappenstenose nachgewiesen werden. Mit den beiden randomisierten Studien PROTECT-TAVI und PROTECTED-TAVR und damit insgesamt 10.635 randomisierten Patientinnen und Patienten gibt es weiterhin keinen überzeugenden Hinweis für die Effektivität einer solchen Intervention.

 

Diese Studiendaten sind fraglos enttäuschend; periinterventionelle Schlaganfälle gehören zu den gefürchtetsten Komplikationen der TAVI. Insofern bleibt zu hoffen, dass die Forschung in diesem Bereich nicht versiegt und es in Zukunft gelingt, die Subgruppen zu identifizieren, die von einem solchen System profitieren, bzw. alternative Systeme auf ihre Sicherheit und Effektivität hin untersucht werden.


Referenz

  • Kharbanda, R et al. Routine Cerebral Embolic Protection In Transcatheter Aortic Valve Implantation: The British Heart Foundation (BHF) PROTECT-TAVI Trial. Late-Breaking Clinical Trials V (Session 107) 30.03. 10-11 a.m., Chicago, ACC 2025

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