Highlights der interventionellen Kardiologie

 

DGK-Jahrestagung 2024 | Gender-Gap, PRIME-MR-Register und Mitralklappeninsuffizienz nach TAVI: AGIK-Sprecher Prof. Alexander Ghanem (Hamburg) stellt aus Sicht der interventionellen Kardiologie drei Glanzlichter der 90. Jahrestagung der DGK in Mannheim vor.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

15.04.2024

 

Bildquelle (Bild oben): m:con / Ben van Skyhawk

Registerstudie : Gender-Gap in Deutschland

 

Gibt es immer noch Unterschiede bei der Versorgung von Frauen und Männern mit STEMI in Deutschland? Diese Frage untersuchte die multizentrische Registerstudie aus der Metropolregion Köln, die von Dr. Sascha Macherey-Meyer (Uniklinik Köln) präsentiert wurde.1 Ausgewertet wurden Daten des STEMI-Netzes, eine Kooperation von 16 Krankenhäusern und lokalen Rettungsdiensten. In die Analyse gingen insgesamt Daten von 4.663 Personen mit STEMI ein, darunter 1.230 Frauen (26,4 %) und 3.433 Männer (73,6 %), die zwischen Januar 2005 und Dezember 2020 behandelt wurden. Primärer Endpunkt der Analyse war die Intrahospital-Gesamtmortalität. 

Frauenherzen schlagen anders

 

Es zeigte sich, dass es tatsächlich einen Gender-Gap gibt. Gegenüber den männlichen Patienten waren Frauen im Durchschnitt älter (69,8 vs. 61,0 Jahre; p < 0,001) und hatten ein höheres Risiko für:

 

• Intrahospital-Mortalität: 12,3 % vs. 8,4 %; p < 0,001

• Prozedur-bedingte Komplikationen: 11,5 % vs. 8,5 %; p = 0,003

• Längere Patienten-bedingte Verzögerungen: 370,1 vs. 315,4 Minuten; p = 0,027

 

Die Register-Studie zeigte, dass es sowohl bei der Komplikationsrate als auch bei der Mortalität im Krankenhaus noch vieles zu tun gibt, um Frauen besser oder vergleichbar mit Männern zu versorgen. Außerdem müssen insbesondere bei Frauen die atypischen Symptome eines Herzinfarktes auch rechtzeitig als solche erkannt werden, kommentierte Prof. Ghanem das erste Highlight der Jahrestagung. Der AGIK-Sprecher ist überzeugt, dass diese beiden Stellschrauben tatsächlich einige Möglichkeiten bieten, um Frauen in den kommenden Jahren besser zu versorgen.

PRIME-MR-Register: Was ist wichtiger - rMR oder MPG für das Outcome nach M-TEER?

 

Bei der Transkatheter-Edge-to-Edge-Reparatur der primären Mitralklappeninsuffizienz (M-TEER) gibt es folgendes Dilemma: Zur Optimierung der TEER-Ergebnisse muss postprozedural gelegentlich ein erhöhter mittlerer Druckgradient (MPG) über der Mitralklappe in Kauf genommen werden. Während der Schweregrad der residualen Mitralklappeninsuffizienz (rMR) nach TEER ein bekannter Prädiktor für ein ungünstiges Outcome ist, ist die prognostische Bedeutung des MPG noch umstritten. Ein ideales Gleichgewicht zwischen beiden Parametern könnte die prozedurale Entscheidungsfindung erheblich erleichtern. Das PRIME-MR-Register sollte den Zusammenhang zwischen postoperativer rMR und MPG (gemessen mittels transösophagealer Echokardiographie nach Eingriff) untersuchen sowie deren Auswirkungen auf die Outcomes nach M-TEER. Die Ergebnisse wurden von Dr. Benedict Köll (UKE Hamburg) vorgestellt.2

 

Das PRIME-MR-Register umfasst 2.873 Patientinnen und Patienten mit schwerer primärer Mitralklappeninsuffizienz, die sich zwischen 2008 und 2022 an 25 internationalen Zentren einer M-TEER-Prozedur unterzogen haben. Der primäre Endpunkt war die Kombination aus Gesamtmortalität und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz nach 2 Jahren. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,02 Jahre (95%-KI; 1,92 – 2,11).

Optimale rMR ist wichtiger als optimale MPG

 

Die Datenanalyse ergab, dass nur die postprozedurale rMR, nicht aber die MPG, ein unabhängiger Prädiktor für die langfristigen klinischen Outcomes nach TEER bei primärer MR darstellt. Bei der Durchführung einer M-TEER sollten sowohl rMR als auch MPG berücksichtigt werden. Im Real-World-Setting (falls nur einer von beiden Werten erreichbar ist) überwiegt der Vorteil einer optimalen residualen MR gegenüber den Vorteilen eines optimalen MPG.

 

Prof. Ghanem zu den Ergebnissen des 2. Highlights der Jahrestagung: "Diese neue Erkenntnis aus dem PRIME-MR-Register findet direkt Anwendung in unserem Klinik-Alltag und wird sicher dafür sorgen, dass die Patientinnen und Patienten zukünftig besser in unseren Katheterlaboren versorgt werden." 

Verbesserung der Mitralklappeninsuffizienz nach TAVI

 

TAVI ist inzwischen eine etablierte Methode zur Behandlung von inoperablen Hochrisiko-Patientinnen und -Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenklappenstenose (AS). Bis zu 20 % der Menschen mit AS leiden gleichzeitig an einer Mitralklappeninsuffizienz (MR), was mit einer ungünstigen Prognose und einer höheren Mortalität einhergeht. In der retrospektiven Studie wurde die Veränderung der MR bei Personen mit schwerer AS nach TAVI untersucht sowie der Einfluss auf das Überleben. Das 5-Jahres-Follow-Up wurde von Dr. Rafael Henrique Rangel (Uniklinik Kiel) präsentiert.3

 

In die Analyse gingen Daten von 820 Personen ein, die sich zwischen März 2009 und Februar 2018 in der Uniklinik Kiel einer transfemoralen TAVI-Behandlung unterzogen. Die Population wurde entsprechend der Baseline-MR in 2 Gruppen eingeteilt: MR ≤ Grad 2 (nr-MR-Gruppe) und MR ≥ Grad 3 (r-MR-Gruppe).

Nach TAVI reduzierte sich die Mitralklappeninsuffizienz signifikant

 

Insgesamt wurde eine signifikante Reduktion der MR 7 Tage nach dem TAVI-Eingriff festgestellt (p < 0,01). Diese Verringerung war hauptsächlich auf die r-MR-Gruppe zurückzuführen (p < 0,01). Der mittlere MR-Grad der r-MR-Gruppe verringerte sich von moderat zu leicht (p < 0,01). Das maximale Follow-Up betrug 10,5 Jahre und das mediane Follow-Up 3,4 Jahre. 299 Personen verstarben (36,5 %), wobei kein Unterschied der Mortalität zwischen beiden Gruppen beobachtet wurde. 

Schrittweises Vorgehen gefolgt von engmaschiger Nachsorge

 

Die TAVI kann die MR signifikant reduzieren, insbesondere bei Personen mit mittelschwerer bis schwerer MR. Eine signifikante Auswirkung auf die Langzeitmortalität konnte aber nicht festgestellt werden. Die Erkenntnis, dass sich eine hochgradige MR umfassend verbessern kann, spricht für ein schrittweises Vorgehen mittels TAVI, gefolgt von einer engmaschigen Nachsorge.

 

"Die Ergebnisse rechtfertigen bei Patienten mit hochgradiger funktioneller MR eine sequenzielle Versorgung mit engmaschigen Kontrollen der Mitralklappeninsuffizienz nach TAVI", so lautet das Fazit von Prof. Ghanem zum dritten Studienhighlight der Jahrestagung in Mannheim.


Referenzen

 

  1. Macherey-Meyer S et al. Is there still a gender gap in STEMI care? Insights from a German multicenter, metropolitan STEMI network. P857, DGK-Jahrestagung, Mannheim 2024.
  2. Köll B et al. Outcomes of Transcatheter Edge-to-Edge Repair in Patients with Degenerative Mitral Regurgitation Presenting with NYHA Class IV Symptoms: Insights from the Global PRIME-MR Registry. V1042. Session Transkatheter AV-Klappentherapie: Prognose; DGK-Jahrestagung, Mannheim 2024.
  3. Rangel RH et al. Transcatheter aortic valve replacement in patients with severe aortic valve stenosis and concomitant mitral valve regurgitation – 5 years follow-up. P1236; DGK-Jahrestagung, Mannheim 2024.

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