AngioFFR oder IVUS für die PCI

 

ACC-Kongress 2025 | FLAVOUR II: Hämodynamische Evaluation oder Intrasvaskuläre Bildgebung – im klinischen Alltag stellt sich häufig die Frage: Welches der beiden Tools soll man im Rahmen der Evaluation einer Stenose und für die PCI-Optimisierung verwenden? Die FLAVOUR-II-Studie versuchte diese Frage zu beantworten. Prof. Jian-An Wang (Hangzhou, China) stellte die Daten in der Session LBCT V vor, die zeitgleich im Lancet publiziert wurden.1,2

 

PD Dr. Luise Gaede (Erlangen) fasst die Studie zusammen und kommentiert.

 

Von:

PD Dr. Luise Gaede

Rubrikleiterin Vaskuläre Herzerkrankungen

 

31.03.2025

 

Bildquelle (Bild oben): David Harmantas / Shutterstock.com

Während die Entscheidung zur Revaskularisation bei hämodynamisch relevanten Stenosen belegt ist, haben die Studien der letzten Jahre gezeigt, dass die Patientinnen und Patienten bei der Durchführung der PCI selbst jedoch von der Verwendung der intravaskulären Bildgebung hinsichtlich Planung und Optimierung profitieren – dies vor allem bei komplexen Läsionen. Die FLAVOUR-II-Studie untersuchte nun, ob die Verwendung der aus der Angiographie kalkulierten und somit drahtlosen Fraktionellen Fluss Reserve (AngioFFR) oder die Verwendung des intravaskulären Ultraschalls, wenn diese jeweils als einziges Diagnostikum sowohl für die Entscheidung zur Revaskularisation wie auch für die Optimierung des PCI-Ergebnisses verwendet werden, zu einem besseren Outcome führt.

Studiendesign und Methodik

 

Die FLAVOUR-II-Studie randomisierte Patientinnen und Patienten mit mindestens einer Stenose von ≥50 % in einem Zielgefäß ≥ 2,5mm Diameter im Bereich der LAD, RCX oder RCA 1:1 in die AngioFFR- oder IVUS-Gruppe. Personen mit einer CTO, Personen mit einem Zielgefäß in einem Bypass, im Hauptstamm oder Personen, bei denen die Angio-FFR nicht durchgeführt werden konnte (z.B. bei einer Muskelbrücke oder starken Gefäßschlängelungen) wurden ausgeschlossen.

In der AngioFFR-Gruppe wurde eine Revaskularisation durchgeführt, wenn die AngioFFR einen Wert ≤0,80 ergab. Nach der Intervention sollte die AngioFFR ≥0,88 sein oder der Anstieg der FFR über den Bereich der behandelten Stenose (ΔAngioFFR) <0,05 sein.
In der IVUS-Gruppe wurde eine Revaskularisation durchgeführt, wenn die Minimal Lumen Area (MLA) ≤ 3mm² war oder wenn die MLA 3-≤4 mm² war und gleichzeitig eine Plaque-Last von >70 % vorlag. Die PCI-Optimierung setzte eine Minimal Stent Area (MSA) von ≥5,5 mm² mit oder eine MSA ≥ dem distalen Referenz Lumen mit jeweils einer Plaque-Last am Stentrand von ≤55 % voraus.

Der primäre Endpunkt war der kombinierte Endpunkt aus Tod, Myokardinfarkt oder erneuter Revaskularisation nach 12 Monaten. Die Studie war auf die Nicht-Unterlegenheit der Angio-FFR gegenüber der IVUS gesteuerten FFR ausgelegt.

Ergebnisse

 

Insgesamt wurden 1.839 Patientinnen und Patienten in 22 chinesischen Zentren randomisiert: AngioFFR (n=923) und IVUS (n=916). Der mediane SYNTAX-Score der gesamten Kohorte war 9, das mediane Alter betrug 66 Jahre, 32 % waren weiblich und ca. 60 % der Läsionen waren im Bereich der LAD.

In der AngioFFR-Gruppe war die PCI-Rate 73,9%, während diese in der IVUS-Gruppe signifikant höher bei 83,1 % lag (p<0,001). Im Schnitt erhielten Patientinnen und Patienten mit einer PCI 1 Stent. Die Optimisierungskriterien wurden bei 88,9 % der Personen in der AngioFFR-Gruppe und bei 56,5% in der IVUS-Gruppe erreicht (p<0,001).

Die Gruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich des kombinierten primären Endpunktes nach 12 Monaten, die AngioFFR zeigte sich somit dem IVUS ebenbürtig (AngioFFR 6,3% vs. IVUS 6,0%, p=0,022 für Nicht-Unterlegenheit). In den präspezfizierten Subgruppen-Analysen zeigte sich für keine der Gruppen (z.B. ältere Patienten, Geschlecht, ACS oder Diabetes) ein sichtbarer Trend hinsichtlich eines Vorteils eines der beiden Verfahren. Auch hinsichtlich der Mortalität (AngioFFR 1,8% vs. IVUS 1,3%, p=0,45) sowie erneuter Angina-Episoden (AngioFFR 2,8% vs. IVUS 3,8%) unterschieden sich die Gruppen nicht..

Kommentar

 

Somit zeigt FLAVOUR II, dass eine rein auf der AngioFFR geführte PCI für Patientinnen und Patienten mit einfachen Koronarläsionen (SYNTAX Score 9, im Median 1 Stent/PCI Gefäß) einer PCI mittels intravaskulärer Bildgebung ebenbürtig ist.
Diese große randomisierte Studie vergleicht hierbei jedoch 2 Verfahren, die beide jeweils für einen der durchgeführten Schritte – Entscheidung zur Revaskularisation und Optimierung des Stentergebnisses – nicht ausreichend evaluiert sind. Daher ist eine große Limitation bei Betrachtung der Ergebnisse der gewählte Cut-Off zur Revaskularisation in der IVUS-Gruppe (könnte zu liberal gewählt sein) und das gewünschte FFR Ergebnis nach der PCI in der AngioFFR-Gruppe (könnte ebenfalls zu liberal gewählt sein). Entsprechend vorsichtig sollte man die höhere PCI-Rate in der IVUS-Gruppe und das häufigere Erreichen des PCI Ziels in der AngioFFR-Gruppe und somit natürlich die gesamten Ergebnisse interpretieren.  

Fazit für die Praxis

 

Hinsichtlich einfacher Koronarläsionen ist die Evidenz für einen Vorteil der Verwendung von intravaskulärer Bildgebung bis heute sowieso noch mangelhaft. Die Ergebnisse der FLAVOUR-II-Studie unterstreichen die Möglichkeit bei diesen Patientinnen und Patienten die PCI – wenn die entsprechende Software im Herzkatheterlabor vorhanden ist – ohne zusätzliche Materialen, sondern lediglich unter Verwendung der AngioFFR hinsichtlich der Entscheidung zur Revaskularisation aber auch hinsichtlich der Überprüfung der PCI-Ergebnisse durchführen zu können. Diese Ergebnisse sind keinesfalls auf komplexe Koronarläsionen zu übertragen bei denen die Evidenz für den Vorteil der intravaskulären Bildgebung klar belegt ist.

Zur Autorin

PD Dr. Luise Gaede

Priv.-Doz. Dr. Luise Gaede ist als Oberärztin des Herzkatheterlabors der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Erlangen tätig. Ihre fachlichen Zusatzqualifikationen (DGK) erwarb sie in den Bereichen der Interventionellen Kardiologie, Herzinsuffizienz sowie Intensiv- & Notfallmedizin. 

Prof. Tommaso Gori

Referenzen

  1. Wang J.-A. et al. Comparison Of Angiography-derived Fractional Flow Reserve-guided And Intravascular Ultrasound-guided Percutaneous Coronary Intervention Strategies. Late-Breaking Clinical Trials  V (Session 107) 30.03. 10-11 a.m., Chicago, ACC 2025
  2. Hu X et al. Angiography-derived fractional flow reserve versus intravascular ultrasound to guide percutaneous coronary intervention in patients with coronary artery disease (FLAVOUR II): a multicentre, randomised, non‑inferiority trial. Lancet 2025. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(25)00504-5

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