Bereits 3 Nächte Schlafmangel verändern CVD-Biomarker deutlich

 

Am 21. Juni ist der Tag des Schlafes. Auch für die Herzgesundheit spielt Schlaf eine wichtige Rolle: Schlafstörungen, einschließlich chronischen Schlafmangels, gelten als Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD) und eine erhöhte kardiovaskuläre Sterblichkeit. Um das Zusammenspiel von Schlaf, körperlicher Aktivität, Tageszeit und kardiovaskulärer Gesundheit näher zu beleuchten, wurden in einer aktuellen Untersuchung die Blutspiegel von 88 häufig verwendeten CVD-Biomarkern analysiert.1

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

20.06.2025

 

Bildquelle (Bild oben): NatalyFox / Shutterstock.com

In einem randomisierten Crossover-Design durchliefen im Schlaflabor 16 gesunde, normalgewichtige Männer (Alter 23 ± 0,7 Jahre) jeweils 3 Nächte mit Schlafmangel (4,25 h/Nacht) und 3 Nächte mit normaler Schlafdauer (8,5 h/Nacht). Nach beiden Phasen erfolgte jeweils ein intensives 30-minütiges Ergometer-Training. Die 88 CVD-Biomarker wurden mittels Olink-Technologie und ELISA zu mehreren Zeitpunkten erfasst: morgens, abends sowie unmittelbar vor dem Training und im Zeitverlauf nach dem Training.

Mehr Entzündungsmarker, stärkere Tagesschwankungen, geringere Sportreaktion

 

Bereits 3 Nächte mit Schlafmangel führten bei 25 Biomarkern zu signifikant veränderten Werten. Unter den hochregulierten Proteinen fanden sich mehrere Stress- und Entzündungsmarker wie Interleukine und Chemokine. Im Abgleich mit Daten großer prospektiver Kohortenstudien mit bis zu 44.300 Teilnehmenden ergab sich ein Biomarker-Profil, das mit einem erhöhten Risiko für Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit (KHK) und Vorhofflimmern assoziiert ist (Fisher’s Exact Test p=0,006 bzw. p=0,003, je nach Datensatz).


Darüber hinaus zeigten viele CVD-Biomarker, darunter Leptin and Lipoproteinlipase, tageszeitliche Schwankungen, die unter Schlafmangel noch ausgeprägter waren. Unter Schlafrestriktion wiesen 33 % der Proteine signifikante Unterschiede zwischen Morgen- und Abendwerten auf, verglichen mit nur 18 % bei normalem Schlaf.


Auch die Proteom-Antwort auf körperliche Belastung unterschied sich je nach Schlafstatus und war in der Gesamtreaktion bei Schlafmangel deutlich abgeschwächt. Aber sowohl bei Schlafmangel als auch bei normalem Schlaf stiegen die Blutspiegel von mehreren Proteinen, die mit der positiven Wirkung körperlicher Aktivität in Verbindung gebracht werden, einschließlich der Exerkine IL-6 und BDNF. Insgesamt waren die unmittelbaren Proteinveränderungen durch Sport im Durchschnitt etwa 1,4-mal stärker als die tageszeitlichen Schwankungen.

Neue Ansätze für Prävention und Diagnostik

 

Die Forschenden werteten die Daten als Hinweis, dass bereits kurzfristige Schlafeinschränkungen das kardiovaskuläre Risiko erhöhen können. Körperliche Betätigung könne zwar den negativen Effekten entgegenwirken, diese aber nicht vollständig kompensieren. Im Sinne einer verbesserten Präzisionsmedizin sollten bei der Auswertung von Biomarkern auch Schlafstatus, körperliche Aktivität und der Zeitpunkt der Blutentnahme stärker berücksichtigt werden. Weitere Studien sollten auch Frauen, ältere Personen, verschiedene Chronotypen und Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen einbeziehen.

Die ESC-Leitlinien zur kardiovaskulären Prävention (2021) betonen die hohe Prävalenz von Schlafstörungen: Etwa jede 3. Person ist betroffen (32,1 %). Dazu zählen unterschiedliche Formen mit folgender Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung: 8,2 % leiden an Insomnie, 6,1 % an Parasomnien, 5,9 % an Hypersomnie, 12,5 % am Restless-Legs-Syndrom bzw. schlafbezogenen Beinbewegungen und 7,1 % an schlafbezogenen Atmungsstörungen, etwa der obstruktiven Schlafapnoe (OSA).


Die Leitlinien geben folgende Empfehlungen (Klasse I, Evidenzgrad C):

 

  • Bei Patientinnen und Patienten mit atherosklerotischer Herz-Kreislauf-Erkrankung, Adipositas und Bluthochdruck ist ein regelmäßiges Screening auf Schlafstörungen angezeigt (z. B. durch die Frage: „Wie oft hatten Sie Probleme, einzuschlafen, durchzuschlafen oder haben zu viel geschlafen?“).
  • Bei erheblichen Schlafproblemen, die nicht innerhalb von 4 Wochen auf Schlafhygiene-Maßnahmen ansprechen, wird eine Vorstellung in der Schlafmedizin empfohlen.

Referenzen

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