Neue Leitlinien: Was Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck tun sollten

Eine neue Empfehlung für Ärztinnen und Ärzte beschreibt, welche Werte bei der Behandlung von Bluthochdruck anzustreben sind. Neben den Hinweisen für Fachleute finden sich in der aktualisierten Leitlinie auch Ratschläge, die von Patientinnen und Patienten umgesetzt werden sollten.

Von Sven Stein

 

05.07.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock/FG Trade Latin

Wie sollten Ärztinnen und Ärzte den Bluthochdruck ihrer Patientinnen und Patienten behandeln? Dazu hat die Europäische Gesellschaft für Hypertonie (ESH) jetzt eine neue Leitlinie veröffentlicht. Der Grenzwert, ab wann ein hoher Blutdruck behandelt werden sollte, hat sich darin nicht geändert. Doch die Expertengruppe, von der die neuen Leitlinien formuliert wurden, geben auch Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck einige konkrete Hinweise.

Ab wann sollte laut neuer Leitlinie ein hoher Blutdruck behandelt werden?

Laut der neuen Leitlinie sollte ein hoher Blutdruck behandelt werden, wenn er bei Menschen unter 80 Jahren über 140/90 mmHg liegt. Bei allen, die über 80 Jahre alt sind, sollte der Blutdruck ab Werten über 160/90 mmHg behandelt werden.

 

Um den Blutdruck zu senken, kommen bei vielen Patientinnen und Patienten sogenannte antihypertensive Substanzen zum Einsatz, also blutdrucksenkende Medikamente. Außerdem sollte bei Bluthochdruck der Lebensstil geändert werden: Sport, Gewichtsabnahme, kochsalzarme Ernährung, Stressmanagement. Das Ziel ist, die Blutdruckwerte auf 120 bis 130 mmHg (systolisch) und 70 bis 80 mmHg (diastolisch) zu bringen. „Nur bei über 80-Jährigen ist man etwas zurückhaltender und sollte systolische Werte von 140-150 mmHg anstreben, bei guter Verträglichkeit auch niedrigere“, sagt Prof. Felix Mahfoud, Leitender Oberarzt der Klinik für Innere Medizin III, Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin des Universitätsklinikums des Saarlandes, der als einer der Experten an der Erstellung der Leitlinie mitgewirkt hat.

Was sollten Betroffene mit Bluthochdruck laut Leitlinie selbst tun?

Die jetzt veröffentlichte Leitlinie empfiehlt erstmals zwei neue Maßnahmen für einen blutdruckgesunden Lebensstil. Zum einen wird dazu geraten, mit Antistresstrainings wie Yoga oder autogenem Training für mehr Entspannung zu sorgen. Zum anderen sollte die salzarme Ernährung gleichzeitig reich an Kalium sein, da Kalium eine blutdrucksenkende Wirkung hat. Die Leitlinie rät daher zu vier bis fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag, weil darin viel Kalium enthalten ist.

 

Außerdem sollten Menschen mit bekanntem Bluthochdruck häufiger zuhause ihre Werte kontrollieren. „Hinsichtlich der Messung des Blutdruckes zur Diagnostik oder Therapiekontrolle, wird zusätzlich zur Praxisblutdruckmessung auch die Selbstmessung stärker empfohlen als in den Leitlinien von 2018“, betont Prof. Ulrich Kintscher, Direktor des Instituts für Pharmakologie der Charité Berlin und Sprecher der AG 43 (Arterielle Hypertonie) der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Sie stelle eine wichtige Informationsquelle für Ärztinnen und Ärzte wie auch Patientinnen und Patienten dar.

Warum ist es so wichtig, Bluthochdruck zu behandeln?

„Bluthochdruck ist die häufigste zum Tod führende Erkrankung und begünstigt das Auftreten kardiovaskulärer Komplikationen wie Schlaganfall, Nierenschwäche, Herzinfarkte und Demenz“, sagt Prof. Kintscher. Weltweit sind mehr als 1 Milliarde Menschen von Bluthochdruck betroffen. In Deutschland ist es fast jeder Dritte, bei den über 60-Jährigen sogar fast jeder Zweite. Die gute Nachricht: Mit einer konsequenten Blutdruckeinstellung lässt sich das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung bei Patientinnen und Patienten signifikant reduzieren.

 

Das Problem: Bis zu 50 Prozent aller Betroffenen mit Bluthochdruck nehmen ihre Medikamente nur unregelmäßig ein. Durch sehr effektive Behandlungsmethoden sei es theoretisch möglich, bei 90 bis 95 Prozent aller Patientinnen und Patienten den Blutdruck einzustellen, erklärt Prof. Michael Böhm, Pressesprecher der DGK. „Leider gelingt uns dies im Alltag lediglich bei 15 bis 20 Prozent aller Patientinnen und Patienten.“

Welche Bedeutung haben medizinische Leitlinien?

Medizinische Leitlinien richten sich in erster Linie an Ärztinnen und Ärzte. Sie geben Empfehlungen, wie eine Krankheit angemessen diagnostiziert und behandelt werden sollte. Allerdings ist die jetzt veröffentlichte Leitlinie der ESH nicht – wie in den vergangenen Jahren – gemeinsam mit der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) verfasst worden. Erst wenn im kommenden Jahr auch eine neue Leitlinie der ESC vorliegt, will die DGK einen nationalen Kommentar zu beiden Empfehlungen veröffentlichen.

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