Warum Bluthochdruck schon für Kinder gefährlich ist

Hunderttausende Kinder in Deutschland leiden an Bluthochdruck, doch in den meisten Fällen wird er nicht entdeckt. Dabei ist Bluthochdruck einer der größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Welche Symptome sich durch Bluthochdruck zeigen können und wie er bei Kindern behandelt werden kann.

Von Sven Stein

 

26.05.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock / urbazon

Er gilt als Krankheit älterer Menschen. Doch auch immer mehr Kinder und Jugendliche leiden unter Bluthochdruck. Und meistens wissen es weder die Betroffenen noch deren Eltern. Darauf weist die Stiftung Kindergesundheit hin. Bei Kindern kommt Bluthochdruck zwar deutlich seltener vor als bei Erwachsenen, er ist bei ihnen aber nicht weniger gefährlich, erklärt Prof. Berthold Koletzko, Kinder- und Jugendarzt in München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Ein Bluthochdruck im Kindesalter gilt nämlich als mitbestimmend für die Höhe des Blutdrucks und deren Folgen im weiteren Verlauf des Lebens.“

Warum ist hoher Blutdruck eine Gefahr?

„Hoher Blutdruck ist bei Erwachsenen einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und gilt weltweit als eine der führenden Ursachen für Todesfälle durch Herzinfarkt, Schlaganfälle oder Nierenversagen“, sagt Prof. Koletzko. Kinder mit hohem Blutdruck laufen Gefahr, im Erwachsenenalter einen anhaltenden Bluthochdruck zu entwickeln. Wenn die sogenannte Hypertonie nicht rechtzeitig behandelt wird, drohen Schäden an den Blutgefäßen und eine gefährliche Belastung des Herzens. Außerdem steigt das Risiko, bereits im jungen Erwachsenenalter an Herz oder Nieren zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden. Hoher Blutdruck ist laut Weltgesundheitsorganisation WHO weltweit an 13 Prozent aller Todesfälle beteiligt.

Welcher Blutdruck ist bei Kindern normal?

Kinder haben generell einen niedrigeren Blutdruck als Erwachsene. Die Werte, die als gesund gelten, sind bei Jungen und Mädchen unterschiedlich und außerdem abhängig von Alter, Körpergröße und Gewicht des Kindes. Um passende Werte für Kinder und Jugendliche herauszufinden, wurden in einer Studie insgesamt mehr als 17.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bis zum Alter von 17 Jahren untersucht. So ließen sich Blutdruckwerte von Jungen und Mädchen ermitteln, jeweils gestaffelt nach Alter und Körpergröße. Diese Werte nutzen Medizinerinnen und Mediziner nun zum Vergleich. Wenn sie bei einer Patientin oder einem Patienten einen Blutdruck messen, der höher liegt als 95 Prozent dieser Vergleichswerte (über der 95. Perzentile), dann liegt ein Bluthochdruck vor. Beispiele: Bei einem dreijährigen Jungen mit 92 Zentimeter Größe liegt Bluthochdruck ab einem Wert von 108/68 mmHG vor. Bei einem 10-jährigen Mädchen mit 1,60 Meter Größe gilt ein Wert ab 124/76 mmHG als Bluthochdruck. Die vollständige Tabelle aller Werte für Kinder und Jugendliche ist in den Leitlinien über die Behandlung arterieller Hypertonie abgebildet. Ab dem 17. Lebensjahr werden die Grenzwerte für Erwachsene empfohlen. Bluthochdruck beginnt hier ab Werten von 140/90 mmHG.

Was sind die Ursachen für Bluthochdruck bei Kindern?

Schuld am Bluthochdruck bei Kindern sind vor allem Übergewicht, eine Ernährung mit zu viel Fast-Food und Fertiggerichten und zu wenig Obst und Gemüse. Hinzu kommen Bewegungsmangel und zu wenig Schlaf. In einigen Fällen gehören zu den Ursachen auch ein geringes Geburtsgewicht oder eine familiäre Vorbelastung, also ein Eltern- oder Großelternteil mit Bluthochdruck.

Laut Angaben der Deutschen Hochdruckliga haben etwa drei Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland einen zu hohen Blutdruck. Das sind etwa 400.000 Betroffene! Bei Kindern und Jugendlichen mit Übergewicht liegt die Rate noch höher: Unter ihnen haben bis zu 25 Prozent eine Hypertonie.

Welche Symptome zeigen Kinder mit Bluthochdruck?

Wie bei Erwachsenen zeigen sich auch bei Kindern und Jugendlichen meist keine Symptome durch den Bluthochdruck. Gerade bei den jungen Betroffenen fehlen klare Hinweise oft völlig. Daher kann der hohe Blutdruck lange unerkannt bleiben und wird nicht behandelt. „Nur manchmal geben Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schwindelgefühle, Nasenbluten, schnelle Ermüdbarkeit, starker Durst, Lern- und Konzentrationsstörungen dem Kinder- und Jugendarzt einen Hinweis auf den bestehenden Hochdruck“, erklärt Prof. Koletzko.

Es gibt jedoch Notfälle, in denen der Blutdruck plötzlich massiv steigt, eine sogenannte Hochdruckkrise (hypertensive Krise). Dann können sich auch bei Kindern Symptome zeigen wie Sehstörungen, Kopfschmerzen, Nasenbluten oder Zittern. In der Folge kann es zu Verwirrtheit, Krampfanfällen oder gar Bewusstlosigkeit kommen. Die Hochdruckkrise kann lebensgefährlich sein – sofort den Notarzt unter 112 rufen!

Wie lässt sich gegen Bluthochdruck bei Kindern vorsorgen?

Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen ist erst in der J1 im Alter von 12 bis 14 Jahren eine Messung des Blutdrucks vorgesehen. Laut der Stiftung Kindergesundheit wäre es aber sinnvoll, schon ab dem dritten Lebensjahr regelmäßig alle zwei Jahre den Blutdruck zu kontrollieren. Bei besonders gefährdeten Kindern sollte der Blutdruck noch häufiger geprüft werden. Das gilt etwa für

 

  • Kinder mit Übergewicht,
  • Kinder mit erhöhtem Cholesterinspiegel (Hypercholesterinämie),
  • Kinder mit einer bekannten oder vermuteten Herz- oder Nieren-Erkrankung,
  • Kinder aus Familien mit häufigem Bluthochdruck,
  • Kinder, bei denen ein Elternteil vor dem 60. Lebensjahr einen Herzinfarkt erlitten hat.

Welche Therapie gibt es für Bluthochdruck bei Kindern?

Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt vor allem, den Lebensstil zu verändern. Das Wichtigste: Runter mit dem Übergewicht! Beim Essen sollten Milch und Milchprodukte, Fleisch, Wurst, Fisch und Eier nur in Maßen auf den Tisch kommen, Öle und Fette nur sehr sparsam. Salz sollte eingeschränkt werden. Auch Fertiggerichte und Fast-Food, die in der Regel viel Salz enthalten, sind zu vermeiden. Reichlich gegessen werden dürfen Brot, Getreide und Getreideflocken, Kartoffeln, Reis, Gemüse und Obst. Gegen den Durst empfiehlt Prof. Koletzko am besten Leitungswasser. Von Limo, Cola oder Energydrinks mit viel Zucker rät der Experte ab.

Außerdem sollten sich Kinder jeden Tag mindestens 60 Minuten intensiv bewegen, so die Stiftung Kindergesundheit. Das erreicht aber nur gut ein Viertel der 3- bis 17-Jährigen. Das heißt: Drei von vier Kindern in Deutschland leiden an einem potenziell gesundheitsgefährdenden Bewegungsmangel, so Prof. Koletzko. Dadurch steigt das Risiko für Fettsucht und Bluthochdruck.

Schließlich können auch Kinder und Jugendliche mit Medikamenten gegen Bluthochdruck, sogenannten Antihypertensiva, behandelt werden. Diese Mittel sind gut verträglich und können meist bei Kindern und Jugendlichen ebenso erfolgreich eingesetzt werden wie bei Erwachsenen.

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