Ein internationales Forschungsteam um den deutschen Herzexperten Dr. med. Marco Witkowski, Kardiologe am Deutschen Herzzentrum der Charité in Berlin, hat jüngst herausgefunden, dass Xylit weitaus gesundheitsschädigender sein kann als bisher in Fachkreisen angenommen. Der Verdacht, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Zuckerersatzstoffen und kardiovaskulären Ereignissen gibt, ist nicht neu – jedoch bis dato wenig erforscht worden. Witkowski konnte nun in einer mehrjährigen Studie aufzeigen, dass das Risiko für schwerwiegende kardiale Ereignisse bei hohen Xylit-Werten im Blut fast um 60 Prozent erhöht war. Dazu wurden Blutproben von über 3.000 Herz-Kreislauf-Patientinnen und -Patienten analysiert und die Forschungsteilnehmenden über drei Jahre beobachtet. Patientinnen und Patienten mit hohen Xylit-Werten erlitten in diesem Zeitraum signifikant häufiger einen Herzinfarkt oder Schlaganfall als diejenigen mit einer niedrigen Xylit-Konzentration im Blut. Die Forschenden konnten zudem auch bei herzgesunden Menschen aufzeigen, dass Xylit prothrombotisch, also gerinnungsfördernd, ist – genauso wie Erythrit.
Was ist Erythrit? Der Zuckeraustauschstoff ähnelt in seiner chemischen Zusammensetzung Xylit und wird oft Light-Getränken und Kaugummis zugesetzt. Genauso wie Xylit soll Erythrit ebenfalls das Thrombose- und Infarktrisiko erhöhen. Das hatte Witkowski bereits 2023 in einer im „Nature Medicine“-Magazin veröffentlichten Studie gezeigt, für die er nun von der Deutschen Herzstiftung ausgezeichnet worden ist.
Schon der regelmäßige Konsum von mehr als zwei Litern künstlich gesüßter Getränke pro Woche kann das Risiko einer Herzerkrankung signifikant erhöhen. Xylit und Erythrit wirken sich dabei auf die Blutplättchen aus – sie machen sie reaktiver. Lagern sich diese zusammen oder schließen sich an eine bestehende Plaque an, können Blutgerinnsel entstehen, die wiederum Herzkranzgefäße verschließen und somit zu einem Herzinfarkt führen können.
Zwar bedarf es noch weiterer Forschung, doch die aktuelle Studie weist nicht nur auf mögliche Risiken der beiden Zuckerersatzstoffe hin, sondern zeigt vor allem laut Wittkowski auch, „dass Süßstoffe nicht unbedingt die harmlose Zuckeralternative sind, für die sie oft gehalten werden“. Besonders bei Menschen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Risiken und Diabetikern, die ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse haben, könne der Konsum von Xylit und Erythrit zusätzliche Gesundheitsgefahren bergen. Welche Zuckerersatzstoffe noch bedenklich sind und ob gleich die ganze Gruppe der Zuckeralkohole gesundheitsschädigend ist, dafür bedarf es nun weiterer Untersuchungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat als Reaktion auf die negativen Studienergebnisse allerdings bereits einen neuen Leitfaden zu Süßstoffen veröffentlicht, in dem von dem Konsum der Zuckeralternativen abgeraten wird.