„Noch gibt es zu keinem einzigen Süßstoff eine große, sogenannte randomisiert kontrollierte kardiovaskuläre Outcome-Studie, die nachweist, dass ein Zuckerersatzstoff dazu führt, dass Menschen vorzeitig an einem kardiovaskulären Ereignis sterben“, sagt Dr. Kahles. Auch die WHO schreibt in ihrer Richtlinie lediglich von einer geringen Beweiskraft der ausgewerteten Studien. Dennoch gibt es Hinweise auf eine mögliche Gefährdung.
Im Fachmagazin „Nature Medicine“ haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Marco Witkowski von der Cleveland Clinic im US-Bundesstaat Ohio eine Untersuchung mit Blutproben von etwa 4.000 Menschen mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen veröffentlicht. Das Forschungsteam entdeckte, dass Menschen, bei denen es zu einem Herzinfarkt oder einer anderen schweren Herzerkrankung gekommen war, eine erhöhte Konzentration des Süßstoffs Erythrit (auch Erythritol oder E 968 genannt) im Blut hatten. Das Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt nehme demnach durch eine hohe Erythrit-Konzentration im Blut zu, so das Forschungsteam. Experimente zeigten zudem, dass Erythrit die Blutplättchen aktivieren, dadurch ihre Verklumpung auslösen und die Tendenz für Gerinnsel steigern kann. Erythrit gehört zu den zugelassenen Zuckeraustauschstoffen und wird aus fermentiertem Mais hergestellt. Der Süßstoff ist ungefähr zu 70 Prozent so süß wie Haushaltszucker und findet sich zum Beispiel in süßen Light-Getränken und zuckerfreien Kaugummis. „Süßstoffe wie Erythrit wurden in den letzten Jahren immer beliebter, aber ihre Langzeitwirkung muss gründlicher untersucht werden”, erklärt Stanley Hazen von der Cleveland Clinic.
Auch die französische NutriNet-Santé-Studie der Pariser Universität Sorbonne mit über 100.000 Teilnehmer gibt Hinweise zur Wirkung von Süßstoff. Viele der Probandinnen und Probanden mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen gaben einen regelmäßigen Konsum von Süßstoffen zu Protokoll: Im Vergleich zu Menschen, die keine künstlich gesüßten Getränke tranken, war die Wahrscheinlichkeit, zu einem bestimmten Zeitpunkt an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu leiden, bei starken Konsumenten von Light-Produkten um 20 Prozent höher.