Bewegung ist für die Stärkung des Herzens unerlässlich. Doch wenn es um Sport bei Herzinsuffizienz geht, sind viele Betroffene verunsichert: Welcher Sport ist erlaubt? Und welche Belastungsintensität ist gut fürs Herz?
Bewegung ist für die Stärkung des Herzens unerlässlich. Doch wenn es um Sport bei Herzinsuffizienz geht, sind viele Betroffene verunsichert: Welcher Sport ist erlaubt? Und welche Belastungsintensität ist gut fürs Herz?
Von Nicole Benke
01.11.2024
Bildnachweis (Bild oben): Adobe Stock / aLListar/peopleimages.com
Bewegung ist gesund. Doch Patientinnen und Patienten mit einer Herzschwäche können verunsichert sein: Ist Sport auch bei einer Herzinsuffizienz erlaubt? „Auf keinen Fall sollte man sich mit einer Herzschwäche in Watte packen“, sagt Kardiologe und Sportmediziner Prof. Dr. Johannes Dahm vom Herzsport-Institut in Göttingen. „Denn dann verliert man zwangsläufig an Kondition, die einem in Belastungssituationen des Alltags fehlt. Regelmäßige Bewegung zum Aufrechthalten einer ausreichenden Kondition ist bei Herzschwäche inzwischen ein entscheidender Bestandteil der Therapie.“
Regelmäßige Bewegung entlastet das geschwächte Herz, hilft durch seine antiinflammatorische Wirkung ein Voranschreiten der Herzinsuffizienz zu kontrollieren und somit die Symptome der Herzinsuffizienz zu lindern. „Im Alter büßt das Herz ohnehin mit jedem Lebensjahr einen Herzschlag und ein Stück seiner Leistungsfähigkeit ein“, erklärt Dahm. „Für alle Menschen, und gerade für diejenigen mit Herzschwäche, ist es deshalb so wichtig, sich über Bewegung hohe konditionelle Fähigkeiten zu bewahren. Die sind leider nicht auf Rezept zu bekommen, die kann man sich nur durch Trainingsreize aneignen. Diese müssen gar nicht lang oder gar langweilig sein. Meist können sie in den normalen Tagesablauf eingebaut werden.“
Die wichtigsten Vorteile von Sport bei Herzinsuffizienz:
Angst vor einer Überlastung des Herzens durch Sport müssten Menschen mit Herzinsuffizienz laut Dahm nicht wirklich haben. „Die Angst ist bei einer kontrollierten Belastung nach ärztlicher Rücksprache unbegründet“, sagt der Experte und erklärt: „Unsere Kondition hängt davon ab, was wir unserem Körper zumuten. Wir müssen ihm durch Trainingsreize regelmäßig zeigen, dass wir ihn brauchen.“ Konkret heißt das: Man sollte seinen Körper auch mit Herzinsuffizienz mehrmals am Tag kurz zum Schnaufen bringen. „Wenn man keine ganzen Sätze mehr sprechen kann und alle zwei bis drei Wörter Luft holen muss, ist die Belastung richtig“, so Dahm.
Das Prinzip: Bei besserer Kondition gehen die körperlichen bzw. psychischen Belastung des Alltags mit weniger Aktivierung von Blutdruck, Herzfrequenz und Atmung einher. Und das schont das Herz. „Mit 30 Minuten Kraftausdauertraining über den Tag verteilt erarbeite ich mir 23,5 Stunden mit einem niedrigeren Blutdruck – das ist doch toll“, so Dahm. Wer keinen Sport macht und sich schont, schadet seinem Herz viel mehr, so der Kardiologe. „Wer nie Sport treibt und dann plötzlich schnell läuft, weil er vielleicht einen Bus erreichen muss, belastet sein Herz unkontrolliert bzw. über Gebühr und das ist das, was es nicht gut verträgt. Mit einem guten Trainingszustand aber fallen einem auch die Belastungen des täglichen Lebens leichter.“
Früher wurde bei einer Herzinsuffizienz fast immer ausschließlich ein moderates Ausdauertraining empfohlen. „Heute wissen wir, dass dabei keine ausreichende Reizsetzung zum Erhalt der für Bewegung wichtigen Muskulatur stattfindet. Kraftausdauertraining reguliert den Blutdruck deutlich besser als Cardiotraining“, so Dahm. Auch viele Herzsportangebote sind in den Augen des Experten nicht fordernd genug und gehen nicht individuell auf die Leistungsfähigkeit der einzelnen Teilnehmenden ein. „Bei einer Herzinsuffizienz ist ein leichtes Kraftausdauertraining unter Vermeidung von Pressatmung empfehlenswert. Ob mit dem eigenen Körpergewicht oder mit Gewichten: Schon Reize von wenigen Sekunden mehrmals am Tag reichen, um einen Effekt zu erzielen.“ Der Experte empfiehlt zum Beispiel regelmäßig diese Übungen zu machen:
Ergänzend dazu machen Ausdauerbelastungen wie Walking, Radfahren und Gymnastik vor allem zur Verbesserung der Beweglichkeit und Koordination Sinn, weil sie helfen folgenreiche Stürze zu verhindern. „Wichtig ist, zu lernen, sich selbst zu spüren und einzuschätzen. Dann unter- oder überfordert man den Körper nicht und profitiert optimal vom Training“, sagt Dahm.
Der erste Schritt zu mehr Bewegung bei Herzinsuffizienz ist, den Alltag aktiver zu gestalten. Also nicht immer den kürzesten Weg zu nehmen, mal eine Station früher aus dem Bus auszusteigen oder im Büro die Toilette in einem anderen Stockwerk zu benutzen. „Wer immer nur den Fahrstuhl und die Rolltreppe nimmt, baut in allen Bereichen ab: Muskulatur, Kondition und Beweglichkeit“, mahnt Dahm. Dabei muss niemand zum Supersportler werden oder in ein Fitnessstudio eintreten. „Viele Herzsportübungen kann man wunderbar zuhause oder in einem Treppenhaus machen. Regelmäßige Kniebeugen, Treppensteigen bis zum Schnaufen und Oberkörper-Liegestütze am Treppengeländer bringen schon sehr viel“, sagt Dahm. „Das ganze Leben ist ein kostenloses Sportstudio. Das sollte man wahrnehmen, gerade bei einer Herzschwäche.“