Frühe Wechseljahre als Risikofaktor für Herzschwäche

Frauen, die früh in die Wechseljahre kommen, haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen – darunter auch Herzinsuffizienz. Um die Krankheit möglichst schnell zu erkennen, sollten Frauen auf bestimmte Symptome achten. Und: Ärztinnen und Ärzte sollten noch stärker über den Zusammenhang aufklären.

Von Sandra Arens

 

04.11.2024

 

Bildnachweis (Bild oben): Adobe Stock / Pixel-Shot

Wechseljahre und Herz-Probleme

Frauen sind im Durchschnitt Anfang 50, wenn ihre Monatsblutung aussetzt. Viele erleben ihre Wechseljahre allerdings auch schon wesentlich früher. Gründe dafür können zum Beispiel eine genetische Veranlagung, Erkrankungen der Ovarien (Eierstöcke), Endometriose, Autoimmunerkrankungen, eine durchgemachte Chemotherapie oder eine operative Entfernung der Eierstöcke sein. Und auch eine langanhaltende Nikotinsucht kann zu einem früheren Eintritt der Menopause von zwei bis drei Jahren führen. 


Sind Frauen unter 40 Jahre alt, wenn die Wechseljahre eintreten, spricht man von einer vorzeitigen Menopause. Wie Studien zeigen, haben Betroffene dann im Vergleich zu Frauen mit späterem Eintritt der Wechseljahre ein um 33 Prozent erhöhtes relatives Risiko für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz. Je früher die Wechseljahre eintreten, desto höher ist also die Wahrscheinlichkeit, an einer Herzschwäche zu erkranken. Und auch das Risiko für die Entstehung einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) steigt an. Das gilt besonders für Frauen, die bereits eine Vorerkrankung am Herzen oder einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) haben.

 

Hormone und Wechseljahre: Deshalb steigt das Herzinsuffizienz-Risiko

Frauen durchleben während der Wechseljahre viele körperliche und auch psychische Veränderungen. Ursächlich sind vor allem Hormone. „Der Östrogenspiegel im Blut sinkt“, erklärt Dr. Karin Rybak, Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie. Doch genau dieses Geschlechtshormon sei ein bedeutender Schutzfaktor für Frauen. „Es sorgt dafür, dass die Gefäße elastisch bleiben, wirkt entzündungshemmend und schützt vor arteriosklerotischen Ablagerungen“. Das sei bei Frauen besonders wichtig, da ihre Herzen von Natur aus etwas steifer und auch kleiner seien als Männerherzen. „Frauenherzen müssen also sowieso schon häufiger schlagen, um den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Fällt in den Wechseljahren noch der Schutz durch das Östrogen weg, steigt das Blutdruckrisiko und damit auch das Risiko für eine Herzinsuffizienz.“ Und das gelte für alle Frauen, die in die Wechseljahre kommen; unabhängig davon, ob das früh oder später geschieht.

Herzinsuffizienz: Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Warum Frauen mit verfrühter Menopause noch einmal im besonderen Maße gefährdet sind, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln, ist noch nicht abschließend geklärt. Dass nur der sinkende Östrogenspiegel dafür verantwortlich ist, scheint unwahrscheinlich. Einer Studie zufolge könnte der Verlust der Ovarialfunktion eine Rolle spielen, der zum Anstieg bestimmter Entzündungsprozesse in den Gefäßen führt. Diese Entzündungen können wiederum zu Fehlfunktionen der Gefäße führen und dadurch eine sogenannte HFpEF (Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion) auslösen – die Form der Herzinsuffizienz, die häufiger Frauen als Männer trifft.

 

Und es gibt einen weiteren entscheidenden Unterschied zwischen Männern und Frauen: Frauen leiden teils unter völlig verschiedenen Symptomen im Vergleich zu Männern. Frauen mit Herzinsuffizienz fühlen sich in der Menopause beispielsweise erschöpfter als früher, sind häufig müde, schlafen schlechter und neigen zu Herzrhythmusstörungen, die nicht immer harmlos sind. All das klingt nach den typischen und „harmlosen“ Wechseljahres-Symptomen – und Frauen neigen tatsächlich dazu, ihre Beschwerden dann genau aus diesem Grund einfach abzutun und nicht zum Arzt zu gehen. Gleichzeitig glauben sie häufig, dass es sich bei ihren Beschwerden schlicht um Alterserscheinungen handelt. Bei Frauen, die bereits in einem jungen Alter in die Wechseljahre kommen, gehe man erst recht nicht von einer Herzschwäche aus; eher von beruflicher und familiärer Belastung, ergänzt Dr. Karin Rybak. Denn: Die Herzinsuffizienz gilt landläufig bis heute fälschlicherweise als Krankheit alter Menschen.

Herzschwäche: Eine immer noch männlich geprägte Krankheit

Aber warum ist so wenig bekannt über die „weiblichen Beschwerden“ von Frauen, die eine Herzschwäche haben? Dr. Karin Rybak: „Weil Patientinnen und Patienten eine Herzinsuffizienz immer noch weitgehend mit den typischen männlichen Symptomen verbinden, das sind vor allem Atemnot, Leistungsinsuffizienz und Wassereinlagerungen.“ Dieser Umstand sei eine große Gefahr für Frauen, sagt die Expertin. Bleibt eine Herzinsuffizienz unentdeckt und damit unbehandelt, ist sie lebensgefährlich. Die Krankheit zählt nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen.

 

Wechseljahre: Symptome einer Herzinsuffizienz bei Frauen kennen

Frauen mit Herzschwäche haben neben Atemnot, häufig mit folgenden Symptomen zu kämpfen, die sie selbst verharmlosen, auf das Alter oder eben auf die Wechseljahre schieben: 

 

  • Abnahme der Leistungsfähigkeit

  • Erschöpfung

  • Blutdruckanstieg

  • Schlafstörungen
  • Schwitzen

Wechseljahre und Herzschwäche: Mehr Aufklärung nötig

Die Herzinsuffizienz ist insbesondere bei Frauen mit einer hohen Dunkelziffer behaftet.

Zukunftsziel ist es daher, die Krankheit bei Frauen viel früher zu erkennen, um dann durch gezielte Behandlung die Prognose der Erkrankung verbessern zu können. Dr. Karin Rybak wünscht sich deshalb mehr Aufklärung. Sie appelliert sowohl an gynäkologische Praxen als auch an Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner, bei Frauen ab einem Alter von 40 Jahren die Möglichkeit einer Herzinsuffizienz in Erwägung zu ziehen und sie dahingehend zu untersuchen. Besonders dann, wenn bereits Herzerkrankungen bekannt sind und ein Diabetes mellitus oder eine arterielle Hypertonie vorliegen. Und auch die Patientinnen selbst möchte die Kardiologin ermutigen, ihren Arzt oder ihre Ärztin auf ihre Symptome anzusprechen, wenn diese es nicht von sich aus tun. „Die Diagnose ist dann nämlich recht einfach zu stellen“, erklärt Dr. Karin Rybak. Für gewöhnlich führen Medizinerinnen und Mediziner dafür einen Bluttest durch und bestimmen den sogenannten  NT-proBNP-Wert (N-Terminal pro-Brain Natriuretic Peptide). Das ist ein wichtiger Biomarker bei Herzinsuffizienz. Ist er erhöht, kann das auf die Erkrankung hindeuten. Weitere Untersuchungen, wie zum Beispiel die Echokardiografie, können dann zielgerichtet eingesetzt werden.

 

zum Experten

Dr. med. Karin Rybak

Dr. med. Karin Rybak ist Fachärztin für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie. Seit über 30 Jahren führt sie eine Praxis in Dessau und hat seit 2021 die ärztliche Leitung eines MVZ übernommen. Neben der Praxistätigkeit ist sie in zahlreichen DGK-Kommissionen aktiv und war von 2017–2019 Vorstandsmitglied der DGK. 

Bildquelle: Fotowerk Halle

Wechseljahre: Herz schützen durch Prävention

Auch wenn sich die Herzinsuffizienz – früh entdeckt – heute in der Regel gut behandeln lässt, gilt: Besser ist es, sie entsteht gar nicht erst. Frauen sollten deshalb ab spätestens 40 Jahren präventive Maßnahmen ergreifen, um ihr Herz und ihre allgemeine Gesundheit zu stärken. Besonderer Fokus liegt dabei auf Bewegung, betont Kardiologin Dr. Karin Rybak. „Wer aktiv ist und Sport treibt, kann Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht günstig beeinflussen und damit bereits wichtige Risikofaktoren für eine Herzinsuffizienz reduzieren.“ Wichtig sei es, eine Sportart zu finden, die Spaß macht und kein Pflichtprogramm ist. Hier hebt die Kardiologin vor allem Sportangebote speziell für Frauen hervor, in denen man „unter sich“ trainieren könne – ganz ohne Scham. Gleichzeitig sollten Frauen auch auf ihre Ernährung achten, was bedeute, vor allem den Zucker- und Alkoholkonsum klar zu minimieren. Besonders empfohlen wird hier die mediterrane Ernährung, die einer Studie zufolge  vor allem Frauen ganz besonders vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt.

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