Was ist eine kardiale Amyloidose?

Bei einer Amyloidose des Herzens (kardiale Amyloidose) schwächen Eiweißablagerungen die Funktion des Herzmuskels. Die Krankheit ist nicht heilbar, kann aber ausgebremst werden, wenn sie rechtzeitig erkannt wird. Wie eine kardiale Amyloidose entsteht und wie sie diagnostiziert und therapiert wird.

Von Nicole Benke

 

15.10.2024

 

Bildnachweis (Bild oben): AdobeStock / Dexon Dee

Was ist eine kardiale Amyloidose?

Als Amyloidose wird eine Gruppe von Erkrankungen bezeichnet, bei denen sich fehlerhaft gefaltete Eiweiße (sogenannte Amyloidfibrillen) in verschiedenen Organen oder in Gewebe ablagern. Der Körper kann diese Eiweiße nicht abbauen und es kommt zu Organschäden. Ist das Herz betroffen, spricht man von einer kardialen Amyloidose. „Durch die Ablagerungen fehlgefalteter Eiweißstoffe am Herzen wird die Funktion des Herzmuskels geschwächt. Das Herz verdickt und versteift, der Herzmuskel kann sich nach einem Herzschlag nicht mehr richtig entspannen“, erklärt Prof. Dr. Roman Pfister vom Amyloidosezentrum der Uniklinik Köln. „Der Herzmuskel wird dann mit der Zeit immer schwächer und das Herz büßt zusehends seine Funktion ein. Häufig kommt es im Verlauf auch zu Herzrhythmusstörungen wie Herzrasen, Herzstolpern oder Aussetzen von Herzschlägen mit Bewusstlosigkeit.“

 

Lokale und systemische Amyloidose

Eine Amyloidose kann nur an einer Stelle im Körper auftreten (lokalisierte Amyloidose), die Eiweiße können sich aber auch an mehreren Organen wie dem Herzen, den Nieren und der Leber ablagern (systemische Amyloidose).

Was sind die Ursachen für eine Amyloidose am Herzen?

Es gibt verschiedene Formen der Amyloidose. Zu den häufigsten Formen, die das Herz betreffen, gehören 

 

  • die Leichtkettenamyloidose (AL-Amyloidose), hervorgerufen durch Störungen von Plasmazellen im Knochenmark mit krankhaft vermehrter Freisetzung von Antikörperfragmenten

  • die Transthyretin-Amyloidose (ATTR-Amyloidose), bei der eine Instabilität des Eiweißes Transthyretins entsteht und sich Transthyretin als Amyloid in Organen ablagert.


Die ATTR-Amyloidose wird noch in zwei Untergruppen unterteilt. Bei der angeborenen Variante der Amyloidose (familiäre ATTR-Amyloidose) ist ein Gendefekt Auslöser für die Instabilität des Eiweißes. Häufiger ist jedoch die nicht vererbte Amyloidose („Altersamyloidose“ oder Wildtyp-Form), eine „Verschleißform“, die oft im höheren Lebensalter auftritt. „Betroffen sind meistens Menschen ab etwa 70 Jahren. Bislang weiß man noch nicht, warum sich bei einigen Personen Eiweiße irgendwann zersetzen, umformen und ablagern und bei anderen nicht“, sagt Pfister.

 

Was sind die Symptome einer kardialen Amyloidose und wie hoch ist die Lebenserwartung?

Die Symptome einer Amyloidose des Herzens sind im Wesentlichen die einer HerzschwächeTypische Anzeichen einer kardialen Amyloidose sind etwa

 

  • Abgeschlagenheit

  • verminderte körperliche Belastbarkeit

  • Luftnot bei Belastung

  • Wassereinlagerungen in den Unterschenkeln/an den Knöcheln


„Da eine kardiale Amyloidose häufig im höheren Alter auftritt, deuten viele Betroffene die Symptome nicht richtig. Sie schreiben sie einem generellen altersbedingten Leistungsabfall zu und gehen nicht zum Arzt“, weiß Pfister. Ein Fehler, denn eine Amyloidose am Herzen ist nicht ungefährlich. „Wir haben es hier mit einer sehr ernsthaften Erkrankung zu tun. Unbehandelt entwickelt sich eine relativ schnell voranschreitende Herzschwäche, die zum Tode führt. Die mittlere Lebenserwartung nach der Diagnose einer kardialen Amyloidose liegt bei gerade einmal fünf Jahren bei der ATTR-Form, und bei sechs Monaten bis zu einem Jahr bei der AL-Form“, so der Kardiologe.

 

Karpaltunnelsyndrom kann auf Amyloidose hinweisen

Gut zu wissen: Bei etwa einem Viertel aller von einer Amyloidose Betroffenen tritt, teilweise bereits Jahre vor der Diagnose, ein Karpaltunnelsyndrom auf, weil sich Amyloide am Bindegewebe des Handgelenks anlagern. 

Wie wird eine kardiale Amyloidose diagnostiziert?

Wer bei sich eine merkliche Leistungsreduzierung beobachtet, sollte diese daher immer in der Hausarztpraxis abklären lassen, die bei Bedarf zum kardiologischen Spezialisten überweist. Während eine kardiale Amyloidose früher immer über eine Biopsie festgestellt werden musste, bei der eine Probe aus dem Herzmuskel entnommen wurde, kommen heute zunächst oft moderne bildgebende Verfahren wie ein Herzultraschall, ein Kardio-MRT oder eine Szintigraphie zum Einsatz. „Das macht die Diagnose deutlich leichter“, sagt Pfister. Auch ein Ruhe- und ein Langzeit-EKG werden normalerweise durchgeführt, um drohende oder offensichtliche Rhythmusstörungen zu erkennen. Nur in seltenen Fällen müssen unklare Ablagerungen mittels einer Gewebeprobe bestätigt und untersucht werden.

 

Wie wird eine kardiale Amyloidose behandelt?

Eine kardiale Amyloidose ist nicht heilbar. Bis vor vier Jahren gab es nicht einmal eine medikamentöse Therapie für die ATTR-Form. Das hat sich dank intensiver Forschung inzwischen geändert. Bei der ATTR-Amyloidose gibt es nun eine gut verträgliche Medikamententherapie in Tablettenform. „Wir haben jetzt erste Medikamente, die die Amyloidose zwar nicht heilen, aber die Krankheit immerhin stabilisieren und ihr Fortschreiten abbremsen können“, sagt Pfister und betont: „Es ist eine schwere Krankheit, aber man kann etwas gegen sie tun.“ Bei der AL-Amyloidose ist normalerweise eine Art Chemotherapie nötig, um die auslösende Knochenmarkerkrankung zu behandeln.

 

Entscheidend sei es, Frühsymptome wahr und vor allem ernst zu nehmen, so der Herzexperte. Neben der ursächlichen Therapie der Amyloidose wird in der Regel auch die durch die Erkrankung entstandene Herzschwäche medikamentös behandelt.  „Die Medikamente werden dabei auf das individuelle Krankheitsbild abgestimmt“, sagt Pfister.

 

 

zum Experten

Prof. Dr. Roman Pfister

Prof. Dr. Roman Pfister ist Kardiologe und leitender Oberarzt an der Klinik III für Innere Medizin - Allgemeine und interventionelle Kardiologie, Elektrophysiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin der Uniklinik Köln.

Bildquelle: Uniklinik Köln

Kardiale Amyloidose: Worauf müssen Betroffene noch achten?

Ein gesunder Lebensstil kann wie bei jeder Herzerkrankung die medikamentöse Behandlung einer kardialen Amyloidose unterstützen. Eine ausgewogene Ernährung, wenig oder kein Alkohol, der Verzicht auf Nikotin und das Aufrechterhalten einer gewissen körperlichen Aktivität sind dabei besonders wichtig. „Natürlich angepasst an die Krankheit. Aber es ist wichtig, sich nicht zu schonen, sondern aktiv zu bleiben“, sagt Pfister. Allen Betroffenen, auch den älteren, rät Pfister außerdem dazu, nach der Diagnose einer ATTR-Amyloidose einen Gentest zu machen. „Falls man den Gendefekt, der eine Amyloidose auslösen kann, in sich trägt, dann ist das eine wichtige Information für Familienmitglieder. Sie können sich dann testen lassen, ob auch bei ihnen eine Genmutation vorliegt. Falls ja können regelmäßige kardiologische Untersuchungen dafür sorgen, dass eine Amyloidose dann früh erkannt wird.“

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