Gegen Corona impfen – oder nicht? Einzelne Fälle von Herzmuskelentzündungen nach dem Piks haben manche Menschen zweifeln lassen. Studien liefern jedoch klare Hinweise, warum eine Impfung absolut ratsam ist.
Gegen Corona impfen – oder nicht? Einzelne Fälle von Herzmuskelentzündungen nach dem Piks haben manche Menschen zweifeln lassen. Studien liefern jedoch klare Hinweise, warum eine Impfung absolut ratsam ist.
Von Redaktion Herzmedizin
Bildquelle (Bild oben): iStock / Matt Hunt
Vereinzelte Fälle einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) nach der Impfung gegen das Corona-Virus haben viele Menschen verunsichert. Eine aktuelle Studie bestätigt allerdings: Das Risiko einer Herzmuskelentzündung ist für Erwachsene nach einer Ansteckung mit dem Corona-Virus deutlich höher als nach einer Impfung – wobei die Ausprägung vom Alter und dem verwendeten Impfstoff abhängt. Eine Impfung ist somit unbedingt ratsam, um sich vor einer schweren Corona-Erkrankung zu schützen. Die birgt, neben vielen weiteren Gesundheitsrisiken, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, an einer Herzmuskelentzündung zu erkranken.
Die Myokarditis, besser bekannt als Herzmuskelentzündung, ist eine entzündliche Erkrankung des Herzmuskels. Dabei befallen häufig Erreger, vorrangig Viren, das Muskelgewebe (Myokard) des Herzens. Sie dringen in die Zellen ein, was zur Zerstörung des Herzmuskelgewebes führen kann. Dabei kann sowohl eine Region als auch der ganze Herzmuskel betroffen sein. Der Verlauf einer Myokarditis ist sehr individuell: Art, Ausmaß, Dauer und der Grad der Entzündung sowie Gewebeschädigung können von Fall zu Fall unterschiedlich sein, sodass die Genesungsdauer oft schwer vorauszusagen ist. Grundsätzlich werden bei der Herzmuskelentzündung zwischen drei Verlaufsformen unterschieden:
Diese Form wird von Patientinnen und Patienten oft gar nicht bemerkt und heilt in der Regel ohne schwere Komplikationen wieder ab.
Hinter dieser Form stecken meist Viren als Ursache. Sie geht mit einer akuten Beeinträchtigung der Herzfunktion einher.
Halten sich Betroffene nicht an die ärztlich empfohlene Schonzeit, kann sich die akute zu einer chronischen Herzmuskelentzündung entwickeln: Hier bestehen die Entzündungsvorgänge im Herzgewebe mehr oder minder aktiv fort.
Leider gibt es kein einzelnes, spezifisches und zuverlässiges Leitsymptom, um eine bestehende Herzmuskelentzündung zu erkennen – zudem verspüren Betroffene nicht selten bei einer bestehenden Myokarditis gar keine Beschwerden. Da eine Herzmuskelentzündung häufig aus einer bestehenden Infektion hervorgeht, werden die ersten Anzeichen oft mit dieser in Verbindung gebracht und nicht auf das Herz bezogen. Ein Indiz für eine Myokarditis ist, wenn nach dem Abklingen der Infektionssymptome (beispielsweise Fieber, Schwindel, Muskelschmerzen, Durchfall) folgende Beschwerden anhalten oder neu auftreten:
Treten diese Symptome nach einer infektiösen Erkrankung, beispielsweise einer Grippe auf, sollten diese ernst genommen werden. Für die Klärung des Myokarditis-Verdachts sollte ärztlicher Rat hinzugezogen werden. Mithilfe von umfassenden Untersuchungen – EGK, Röntgenbilder, Echokardiographie, Kardio-MRT und Blutuntersuchungen – können Ärztinnen und Ärzte eine Herzmuskelentzündung erkennen.
Der Behandlungsplan für eine Herzmuskelentzündung hängt von der Schwere und dem Verlauf ab: Betroffene mit einem unkomplizierten Verlauf sollen ihren Körper zwar weiterhin gut beobachten – eine spezielle Therapie ist jedoch häufig nicht notwendig und die Erkrankung heilt nach einiger Zeit von allein ab. Bei Menschen mit merklichen Symptomen wird eine körperliche Schonung von etwa sechs Monaten geraten. Intensiver Sport sollte erst nach dem Go der Kardiologin oder des Kardiologen wieder aufgenommen werden. Neben der körperlichen Ruhe wird eine akute Myokarditis meist medikamentös behandelt, um die Pumpfunktion des Herzmuskels zu stabilisieren sowie Entzündungsprozesse im Körper zu bekämpfen beziehungsweise aufzuhalten.
70 Prozent der Myokarditis-Betroffenen tragen nach ihrer Erkrankung keine Folgeschäden davon. Bei einigen bleiben leichte Beschwerden durch eine Vernarbung im Herzmuskel sowie leichte Rhythmusstörungen zurück. Für Menschen mit Herzinsuffizienz kann eine Myokarditis allerdings schwerwiegendere Folgen haben: Schätzungsweise 15 Prozent entwickeln chronische Verläufe, die in seltenen Fällen zu einer fortschreitenden und irreversiblen Herzinsuffizienz führen können.
Während der Corona-Pandemie ist die Myokarditis häufig in Zusammenhang mit der Impfung gegen das Corona-Virus gebracht worden. Denn auch wenn es nur selten vorkommt – manche Jugendliche und junge Erwachsene entwickeln nach einer Corona-Impfung mit einem mRNA-Vakzin diese Erkrankung. Analysen zu diesem Zusammenhang stammen aus einer israelischen Studie, die auf dem Datensatz von 2,5 Millionen Personen basiert, die im Rahmen der israelischen Impfkampagne mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer gegen Covid-19 geimpft worden sind. Dabei traten 54 Myokarditiden in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung auf. Die Gesamtinzidenz beträgt damit etwa zwei Fälle pro 100.000 Personen. Häufig waren junge Männer im Alter zwischen 16 bis 29 Jahren betroffen und die Myokarditis trat etwa drei bis vier Tage nach der zweiten Impfdosis auf. Die Datenauswertung zeigte außerdem, dass der Verlauf meist mild war – nämlich bei 76 Prozent der 54 aufgetretenen Fälle. Weitere 22 Prozent der Gesamtfälle wurden vom Forschungsteam als mittelstark eingestuft. Nur ein Patient hatte einen schweren Verlauf der Myokarditis und erlitt einen kardiologischen Schock – dies entspricht einem Fall bei 2,5 Millionen geimpften Personen. Eine weitere, in den USA durchgeführte Studie kommt zu vergleichbaren Ergebnissen.
Eine weitere Studie bestätigt, dass das Risiko für Erwachsene, eine Myokarditis zu erleiden, nach einer Infektion mit Covid-19 deutlich höher ist als nach einer Impfung gegen das Virus. Die Höhe des Risikos hängt dabei vom Alter der Personen und dem verwendeten Impfstoff ab.
Die Forschenden der Universität Oxford haben alle Datensätze von Personen ab 16 Jahren oder älter, die zwischen dem 1. Dezember 2020 und 24. August 2021 in England gegen Covid-19 geimpft wurden, ausgewertet – insgesamt 38 Millionen Menschen. Diese brachten sie mit den in dieser Zeit aufgetretenen Fällen von Myokarditiden, Perikarditiden und Herzrhythmusstörungen in Verbindung. Danach suchten sie innerhalb dieser Daten alle Corona-positiv getesteten Personen heraus – sowohl vor also auch nach der Impfung – und werteten die Daten im Hinblick auf alle drei Herzerkrankungen aus. Bei der Auswertung der Daten stellten das Forscher-Team fest, dass sowohl eine Impfung als auch ein positiver Corona-Test mit einem erhöhten Myokarditis-Risiko in Verbindung stehen – die jeweilige Ausprägung des Risikos unterschied sich allerdings deutlich.
In der Auswertung der Daten setzten die Forschenden die absoluten Risiken in Bezug zueinander: Demnach kommt es bei 1 Millionen Impfungen schätzungsweise zu ein bis sechs zusätzlichen Myokarditis-Fällen in den 28 Tagen nach der Impfung. Bei der Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff ist mit zehn weiteren Fällen – also mit rund 11 bis 16 – pro 1 Millionen Impfungen zu rechnen. Im Falle einer Infektion mit dem Corona-Virus fallen die Zahlen hingegen deutlich höher aus: Hier kommt es zu 51 bis 56 Myokarditis-Fällen pro 1 Millionen infizierter Personen. Das Risiko hängt jedoch vom Alter ab: So zeigt eine weitere Analyse, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Myokarditis nach der mRNA-Impfung zu erleiden, nur bei unter 40-jährigen Personen erhöht ist – nicht aber bei älteren.
In seiner Studie weist das Wissenschaftler-Team darauf hin, dass Myokarditiden, die mit der Impfung in Verbindung gebracht wurden, in den meisten Fällen milde verliefen und ohne Therapie von selbst verheilten – eine Entwicklung, die bei einer Infektion mit Covid-19 nicht immer garantiert werden kann. Die Impfung schützt wirksam vor einer Infektion sowie vor einem schweren Verlauf der Erkrankung und sollte daher unbedingt in Anspruch genommen werden – vor allem wenn man als Herzerkrankter zur Risikogruppe gehört.
Myokarditiden können nach einer Impfung auftreten – jedoch nur in bestimmten Altersgruppen und mit einer geringen Wahrscheinlichkeit. Dem gegenüber ist die Wahrscheinlichkeit, eine Herzmuskelentzündung aufgrund einer Corona-Infektion zu erleiden, weitaus höher – neben weit schwerwiegenderen Folgen. Deshalb sollten Infizierte und behandelnde Ärzte wachsam sein und auf die entsprechenden Symptome achten. Nichtsdestotrotz ist zu betonen, dass der Nutzen der Impfung die Risiken bei weitem überwiegt: Herzmuskelentzündungen sind gut behandelbar und häufig schnell verheilt – Covid-19 hingegen kann weitaus drastischere und langwierigere Folgen mit sich bringen, sodass ein Schutz davor unabdingbar ist.