Youngs für Youngs: Die Perikardpunktion

 

Wichtige Verfahren im praktischen Überblick: In der Format-Reihe „Youngs für Youngs” präsentieren Youngs Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aus verschiedenen Fachgebieten. Erfahrene Kolleginnen oder Kollegen ergänzen in Expertenkommentaren weitere hilfreiche Hinweise zu Planung und Durchführung.

 

Dieses Mal befasst sich Dr. Muhammed Gerçek (Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen) mit der Perikardpunktion. Der Experte Prof. Marcus Hennersdorf (SLK-Kliniken Heilbronn) gibt zusätzliche Tipps.

Von:

Dr. Muhammed Gerçek
Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen

 

Expertenkommentar:

Prof. Marcus Hennersdorf

SLK-Kliniken Heilbronn

 

17.09.2025

 

Bildquelle (Bild oben): LightField Studios / Shutterstock.com

 

Die Perikardpunktion ist ein lebensrettender Eingriff, der selten geübt, aber im Notfall sicher beherrscht werden muss. Gerade für Youngs auf der kardiologischen Intensivstation stellt das eine Herausforderung dar: Wann darf oder muss punktiert werden? Wie erkenne ich eine drohende Perikardtamponade, und wie führe ich die Punktion durch, ohne Verletzungen von Herz oder anderen Organen zu verursachen? Entscheidend ist die klinische Einschätzung in Kombination mit der Echokardiographie.

Indikationen und Kontraindikationen

 

Die häufigste Indikation der Perikardpunktion ist die drohende oder manifeste Perikardtamponade mit Kompromittierung der Ventrikelfüllung. Ursachen sind herzchirurgische Eingriffe, kardiale Perforationen (z. B. nach Koronarinterventionen, elektrophysiologischen Untersuchungen), Neoplasien, Infektionen (z. B. Tuberkulose), Autoimmunerkrankungen oder Urämie. Chronische Ergüsse können elektiv diagnostisch oder therapeutisch punktiert werden (z. B. maligne Ergüsse, Dressler-Syndrom).

 

Absolute Kontraindikationen existieren nicht, da im Notfall die Punktion lebensrettend ist. Relative Kontraindikationen sind Organüberlappungen (z. B. Leber subxiphoidal, Magen transthorakal), schwere Gerinnungsstörungen (INR >2,0, Thrombozyten <50.000/µl) sowie fehlendes sonographisches Punktionsfenster. In elektiven Situationen kann alternativ eine chirurgische Entlastung sinnvoll sein.

Ablauf der Untersuchung

 

Die Punktion erfolgt unter Ultraschallkontrolle subxiphoidal, parasternal oder apikal.

 

1. Vorbereitung:
Sterile Abdeckung, Patienten-Monitoring, ggf. Sedierung (empfohlen). Bereitstellung des Materials (18G-Nadel, Seldinger-Set). Echokardiographische Darstellung des Ergusses mit Planung des Punktionswegs.


2. Punktion:
Nach Sicherung des Zugangswegs (ohne Organüberlappung) erfolgt die ultraschallgestützte Punktion subxiphoidal zwischen Xiphoid und linkem Rippenbogen im Winkel von 30–45° zur Haut Richtung linke Schulter, unter kontinuierlicher Aspiration. Apikal erfolgt die Punktion oberhalb der Rippe (Schutz neurovaskuläres Bündel), parasternal ist auf die A. mammaria interna mittels Duplex-Sonographie zu achten.


3. Die Bestätigung der Nadelposition:
Die Nadellage wird sonographisch bestätigt, ggf. mittels Bubble-Test (in Kochsalzlösung erzeugte Luftbläschen werden injiziert, hyperechogener Kontrast im Perikardraum sichtbar). Zusätzlich kann bei chronischen Ergüssen eine Blutgasanalyse mit Hämoglobinbestimmung erfolgen.
Cave: Postoperative Ergüsse können hämoglobinreich sein, typischerweise mit erhöhtem Laktat. Ergebnis stets klinisch interpretieren!


4. Drainage:
Bei korrekter Lage wird ein weicher Draht über die Nadel in den Perikardraum eingeführt, die Nadel entfernt, ein kleiner Hautschnitt gesetzt, ggf. ein Dilatator verwendet und ein weicher Katheter (meist ein Pigtail-Katheter ggfs. mit Schleusensystem) in Seldinger-Technik angebracht.


5. Nachsorge:
Es sollten engmaschige Kontrollen via Echokardiographie sowie Aspirationen erfolgen. Die Vitalzeichen sollten durchgehend überwacht werden. Bei Verdacht auf Infektion oder Malignität sollte das Punktat zur Erregerdiagnostik und Zytologie eingeschickt werden. Bei chronischen Ergüssen kann erwogen werden, den Katheter direkt im Anschluss an die Punktion zu entfernen. Bei akuten oder blutigen Ergüssen sollte der Katheter belassen werden, und neben der Kontrolle der Vitalparameter regelmäßige Aspirationen mit Dokumentation der Fördermenge erfolgen.

Die Perikardpunktion Abb.: Schematische Darstellung der subxiphoidalen Punktionsrichtung mit echokardiographisch dargestelltem Perikarderguss, Nadelvorschub und Drainageanlage.

 

Vor meiner ersten Perikardpunktion hätte ich mir gewünscht, zu wissen, dass ... der entscheidende Moment oft nicht die Punktion selbst ist, sondern die Entscheidung, dass man punktieren muss und die Vorbereitung auf die Punktion. 

 

Nach 20 Perikardpunktionen weiß ich, dass ... die Punktion selbst technisch unkompliziert ist, aber regelmäßig geübt werden muss, um im Notfall ruhig und sicher zu bleiben. Prinzipiell kaum schwieriger als eine Pleurapunktion. Die Echokardiographie ist dein bester Freund!

Expertenkommentar

 

Die Perikardpunktion ist eine Technik, die man als interventionelle Kardiologin oder interventioneller Kardiologe beherrschen muss. Man wird früher oder später in die Situation kommen, diese Punktion durchführen zu müssen. Dies kann aus Gründen einer zugrundeliegenden Erkrankung sein (z. B. paraneoplastisch, inflammatorisch, o. ä.), aber auch aus Gründen von Komplikationen bei Interventionen. Bei vielen kardiologischen Interventionen sind Perikardtamponaden eine mögliche Komplikation (z. B. invasive Elektrophysiologie, Implantation elektronischer Devices, interventionelle Koronartherapie, und weitere). Daher ist der Beitrag von Dr. Gerçek aus Bad Oeynhausen sehr wichtig und beschreibt die Technik sehr praxisnah und didaktisch gut nachvollziehbar.

 

Ein paar Punkte, die noch in den Sinn kommen:

 

  • Bei jeder Perikardpunktion, von der man in der Klinik mitbekommt, sollte man anstreben, dabei zu sein, um zu lernen und es dann, wenn es notwendig ist, einsetzen zu können.
  • Die Indikation ist bei einer eindeutigen Tamponade meist klar zu stellen, aber bei einer sich langsam entwickelnden Tamponade nicht selten schwierig zu entscheiden. Neben der Klinik sind die Echokardiographie und das intensivmedizinische Basismonitoring die entscheidenden Hilfen, um die Notwendigkeit zu erkennen. Aber gerade bei der Perikardtamponade ist Zuwarten meist nicht erfolgreich.
  • Im Notfall muss auch eine atypische Punktionsstelle, z. B. apikal, genutzt werden, um die hämodynamische Stabilität wieder herstellen zu können.
  • Ruhiges und schrittweises Arbeiten ist gerade bei der Perikardpunktion wichtig. Auch eine evtl. Fehlpunktion des rechten Vorhofes oder auch rechten Ventrikels bleibt oft folgenlos, sofern es nur die Nadelspitze ist.
  • Das Ablassen eines chronischen großen Ergusses sollte nicht sofort vollständig, sondern in Schritten erfolgen, da bei einer schnellen rechtsventrikulären Füllung und Dilatation auch eine linksventrikuläre hämodynamische Funktionsverschlechterung resultieren kann.
  • Das Ablassen eines akuten Ergusses muss immer schnell und vollständig erfolgen, und es ist immer wieder beeindruckend, wie schnell sich die Kreislaufsituation schon bei Ablassen kleiner Mengen des Ergusses stabilisiert.

Zum Autor

Dr. Muhammed Gerçek

Dr. Muhammed Gerçek ist Facharzt der Klinik für allgemeine und interventionelle Kardiologie/Angiologie am Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen und beschäftigt sich mit klinischen Fragestellungen im Bereich der Herzklappenerkrankungen sowie Herzinsuffizienz.

Zur Person

Prof. Marcus Hennersdorf

Prof. Marcus Hennersdorf ist seit 2007 als Klinikleiter der Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und Internistische Intensivmedizin am SLK-Klinikum in Heilbronn tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf den Bereichen Rhythmologie und plötzlicher Herztod sowie der kardiovaskulären Intensivmedizin. 


Mehr zum Thema

Zur Übersichtsseite Intensiv- und Notfallmedizin 

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