Die Studienprogramme mit den Antikörpern Evinacumab und SHR-1918 sowie den siRNAs Zodasiran und Solbinsiran zeigen in Zusammenschau, dass die Hemmung von Angiopoietin-like 3 (ANG3) ein attraktives weiteres Target für eine Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Fettstoffwechselstörungen darstellen kann. Im Unterschied zu den bekannten Cholesterin-Senkern führt eine Hemmung von ANG3 neben einer Senkung von LDL-C zu einer relevanten Reduktion Triglycerid-haltiger Lipoproteine. Damit könnte die Substanzklasse insbesondere für Personen mit gemischter Hyperlipidämie interessant sein. Die LDL-C Senkung ist mechanistisch unabhängig von der Expression der LDL-Rezeptoren, daher funktionieren die ANG3-Hemmer additiv zu den bekannten Wirkstoffen wie Statinen oder PCSK9 Hemmern oder auch bei homozygoter familiärer Hypercholesterinämie.
Die beiden bisher getesteten siRNA-Moleküle, Solbinsiran und Zodasiran, zeigen konsistente Effekte der RNA-basierten Hemmung, insbesondere hinsichtlich der Reduktion von ANG3, ApoB, Triglyzeriden, Non-HDL-C, LDL-C und einer Reduzierung von Leberfett. Dies legt nahe, dass der zuvor mit der Substanz Vupanorsen (Ionis Pharmaceuticals) beobachtete unerwünschte Effekt auf den hepatischen Fettgehalt bei einer Antisense-Oligonukleotid-Therapie kein On-Target-Effekt der ANGPTL3-Hemmung selbst war, sondern vermutlich eher ein Off-Target-Effekt der Substanz.
Die mittels MRT dokumentierte Reduktion des hepatischen Fett in der PROLONG-ANG3 Studie war – z.B. im Unterschied zu Effekten der GLP1R-Agonisten - nicht mit einer Gewichtsveränderung verbunden. Dies weist auf einen direkten Effekt der ANGPTL3-Hemmung durch Solbinsiran auf die Reduktion des Leberfetts hin – zusätzlich zur Senkung der atherogenen Lipoproteine und Triglyzeride.
Insgesamt sprechen die aktuellen Daten sehr für eine weitere Entwicklung von ANGPTL3-gerichteten Therapien, um sowohl atherogene Lipoproteine als auch Leberfett bei Patientinnen und Patienten mit gemischter Dyslipidämie zu reduzieren. Selbstverständlich sind Endpunktstudien erforderlich um die Effekte auf klinische Endpunkte und Sicherheit zu dokumentieren.