Über die Hälfte der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermeidbar

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die weltweit häufigste Todesursache. Doch die Zahl der Betroffenen müsste nicht so hoch sein, wie eine Studie jetzt zeigt. Wenn es mehr Vorsorge bei den fünf klassischen beeinflussbaren Risikofaktoren Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, Cholesterin und Diabetes gäbe, könnten demnach über die Hälfte der kardiovaskulären Erkrankungen vermieden werden. 

Von Sven Stein

 

04.10.2023


Bildquelle (Bild oben): iStock / blueshot

So wichtig ist Vorsorge: Über die Hälfte aller Herzinfarkte oder Schlaganfälle ließen sich verhindern, wenn die klassischen, beeinflussbaren Risikofaktoren kontrolliert, behandelt oder abgestellt würden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Daten von 1,5 Millionen Menschen aus 34 Ländern, die im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde.

Mehr als jeder dritte Todesfall weltweit geht auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurück, die sich oft schleichend über Jahrzehnte entwickeln. Fünf Risikofaktoren tragen zu den Erkrankungen besonders bei:

 

 

„Unsere Studie zeigt deutlich, dass über die Hälfte aller Herzinfarkte und Schlaganfälle durch die Kontrolle und Behandlung der klassischen Risikofaktoren vermeidbar sind“, sagt Prof. Dr. Stefan Blankenberg, Ärztlicher Leiter des Universitären Herz- und Gefäßzentrums des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Dort war die Studie gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung federführend durchgeführt worden. Würde man also die Risikofaktoren durch Medikamente und Änderungen des Lebensstils in den Griff bekommen, ließen sich etwa 55 Prozent aller Herz-Kreislauf-Krankheiten verhindern – und die daraus resultierenden Todesfälle.

 

Bluthochdruck ist wichtigster Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Laut der Analyse hat ein erhöhter Blutdruck von allen Risikofaktoren die größte Bedeutung dafür, dass Menschen einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden. Die Studie zeigte außerdem, dass Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte in direkter Verbindung zum Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen. Das heißt: Je höher die Werte sind, desto wahrscheinlicher werden auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein Ergebnis, das für alle untersuchten Regionen weltweit gilt.

 

Unterschiede stellte die Studie bei der Häufigkeit der Risikofaktoren fest. So gab es die höchsten Werte von Bluthochdruck und Cholesterin in Europa. Übergewicht war in Lateinamerika besonders ausschlaggebend für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das Rauchen in Lateinamerika und Osteuropa. Diabetes zeigte die höchsten Werte in Nordafrika und dem Mittleren Osten.

 

Zusammengerechnet lassen sich durch die fünf Risikofaktoren weltweit 57,2 Prozent des Herz-Kreislauf-Risikos bei Frauen erklären, bei Männern sind es 52,6 Prozent. Das bedeutet aber auch: Rund 45 Prozent der weltweiten Herz-Kreislauf-Erkrankungen lassen sich nicht auf diese fünf Risikofaktoren zurückführen. Das sollte „zu weiteren Forschungsanstrengungen motivieren“, sagt Prof. Blankenberg.

 

Übergewicht in jedem Alter ein Risikofaktor

Mit zunehmendem Alter nimmt die Bedeutung aller Risikofaktoren ab, zeigt die Studie. Das heißt, dass zum Beispiel erhöhter Blutdruck für 40-Jährige schädlicher ist als für 80-Jährige. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Der Body-Mass-Index (BMI), mit dem das Gewicht ins Verhältnis zur Körpergröße gesetzt wird, um ein mögliches Übergewicht zu beurteilen, ist in jedem Alter wichtig für das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. „Dies wirft die Frage auf, inwieweit die Zielwerte zur Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren im höchsten Lebensalter identisch mit denjenigen im mittleren bis höheren Lebensalter sein sollten“, sagt Prof. Blankenberg.

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