Young DGK – Kardiologie von morgen: Prävention und Gendermedizin

 

DGK Herztage 2025 | In der Young-DGK-Session „Kardiologie von morgen“ unter Vorsitz von Dr. Hannah Billig (Bonn) und Dr. Johanna Tennigkeit (Brandenburg) gaben die Referierenden einen Überblick zu Themen, welche die Kardiologie aktuell und in Zukunft mitprägen werden. Fortschritte in Prävention und Gendermedizin können dabei einen wichtigen Beitrag leisten, die Gesundheitsversorgung und Lebenserwartung hierzulande zu verbessern. Das sind die wichtigsten Takeaways dazu.

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

09.10.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Sina Ettmer Photography / Shutterstock.com

Prävention – das 1x1 der Kardiologie

 

Im Rahmen der Session forderte PD Dr. Katharina Lechner (München) eine konsequente, frühzeitige und patientenzentrierte Prävention, um die Stagnation der Lebenserwartung zu überwinden und gesunde Lebensjahre zu gewinnen. Leitfragen für Ärztinnen und Ärzte sollten sein: Wie reduziere ich Endorganschäden und Multimorbidität, kardiovaskuläre Ereignisse und Mortalität? Wie erhöhe ich die Lebensqualität der Betroffenen und was möchten die Patientinnen und Patienten?

Takeaways

 

  • „The underwhelming German life expectancy“ (Jasilionis et al. 2023): Als eine wichtige Ursache der im westeuropäischen Vergleich niedrigen Lebenserwartung in Deutschland gelten die hohe kardiovaskuläre Mortalität und mangelnde Prävention. Die bereits hohen Gesundheitsausgaben zeigen, dass ein höherer Ressourceneinsatz allein nicht zu mehr Lebensjahren führt – eine verbesserte Prävention ist erforderlich, um die Lebenserwartung hierzulande zu steigern.
  • Kardiovaskuläre Risiken sollten frühzeitig erkannt und adressiert werden. Auch junge, sportliche und scheinbar gesunde Personen können durch genetisch bedingte Risikofaktoren wie ein stark erhöhtes Lipoprotein(a) oder unerkannte Hypertonie langfristig erheblich gefährdet sein. Mitentscheidend ist die kumulative Exposition gegenüber Risikofaktoren.
  • Adipositas und metabolische Gesundheit erfordern einen Blick über den BMI hinaus. Fettmasse, insbesondere ektopes und viszerales Fett, sowie Muskelmasse und -kraft sind wichtige Parameter. Körperliche Aktivität inkl. dem oft unterschätzten Krafttraining, ausgewogene Ernährung und ausreichender Schlaf verbessern Stoffwechselgesundheit und Risikoprofile.
  • Ernährungsmuster sind wichtiger als bestimmte Nährstoff-Zielwerte. Evidenz liegt insbesondere für die mediterrane Diät vor, die das kardiovaskuläre Risiko unabhängig von BMI und LDL-C signifikant reduziert (PREDIMED-Studie).
  • Die präventive Kardiologie benötigt in Deutschland eine stärkere Verankerung in der kardiologischen Ausbildung – internationale Beispiele: EAPC Core Curriculum for Preventive Cardiology (2021) und Preventive Cardiology as a Subspecialty of Cardiovascular Medicine (2019).

Gendermedizin in der Kardiologie

 

Biologische und soziokulturelle Geschlechteraspekte beeinflussen das Risiko, die Pathogenese, die Präsentation und das Ansprechen auf Therapien bei kardiovaskulären Erkrankungen, erläuterte Prof. Maura M. Zylla (Heidelberg). Trotz ihres enormen Potenzials für eine optimierte und personalisierte Gesundheitsversorgung ist die Gendermedizin noch nicht ausreichend etabliert.

Takeaways

 

  • Geschlechtsspezifische Unterschiede betreffen alle Ebenen der Medizin. Von Prävention über Diagnostik bis zur Therapie wirken biologische und soziokulturelle Faktoren. Gesellschaftlich mitbedingte epigenetische Effekte durch Lebensstil oder Stress sind ebenso relevant wie Unterschiede in der Symptomwahrnehmung und -interpretation.
  • Der Gender Data Gap bleibt eine zentrale Herausforderung. In Studien ist auf eine ausreichende Repräsentation von Frauen und geschlechtsspezifische Auswertungen zu achten, um relevante Unterschiede erfassen zu können.  
  • Effektivität und Verträglichkeit von Medikamenten können sich geschlechtsspezifisch unterscheiden. Studien deuten beispielsweise darauf hin, dass Frauen in der HFrEF-Therapie schon bei niedrigeren Dosierungen von ACE-Hemmern oder Betablockern den optimalen Effekt erreichen. Es braucht insgesamt eine systematischere Erforschung und dann konsequente Umsetzung in Leitlinien und klinischer Praxis.
  • Unterschiede bei Myokardinfarkt: Frauen haben bei Diabetes und Hypertonie ein höheres kardiovaskuläres Risiko, zeigen häufiger atypische Infarkt-Symptome (z. B. plötzlicher Schwindel, Bauchschmerzen, Übelkeit) und erhalten ihre Diagnose später. Die Behandlung von Frauen durch männliche Ärzte ist laut einer Studie mit einer schlechteren Prognose verbunden – gemischte Teams und mehr Erfahrung mit weiblichen Patientinnen wirken dem entgegen.
  • Unterschiede bei Arrhythmien:  AVNRT und Long-QT-Syndrom treten häufiger bei Frauen auf, AVRT und ventrikuläre Tachykardien bei Männern. Frauen mit Vorhofflimmern sind älter bei Diagnosestellung und haben schlechtere Outcomes nach Katheterablation – PFA könnte nach ersten Daten Vorteile bieten. Frühzeitige Rhythmuskontrolle ist entscheidend, um ein starkes Remodeling zu verhindern.
  • Es besteht ein hoher Handlungsbedarf in Forschung, Praxis und Ausbildung. Eine systematische Berücksichtigung und Integration ist für eine bessere Versorgung erforderlich. Weitere Informationen zum Thema bietet das aktuelle DGK-Positionspapier „Geschlechterspezifische Aspekte kardiovaskulärer Erkrankungen“ (2024).

Mehr zum Thema

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