Gute Vorsätze: 4 Studien und Lesetipps

 

Der Jahresbeginn wird oft für gute Vorsätze genutzt, um die eigenen Lebensgewohnheiten zu verbessern. Hier sind Studien aus 2024, die Mut machen, auch wenn es mit der Lebensstilmodifikation im Alltag mal nicht so perfekt klappt. Prof. Harm Wienbergen, Sprecher der Projektgruppe Prävention der DGK, kommentiert.

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Expertenkommentar

Prof. Harm Wienbergen

Klinikum Links der Weser, Bremen

 

 

06.01.2025

 

Bildquelle (Bild oben): chayanuphol / Shutterstock.com

Sport: Auch Weekend-Warrior profitieren

 

Zu den beliebtesten Neujahrsvorsätzen zählt „Mehr Sport treiben“. Die Leitlinien empfehlen mind. 150–300 Minuten pro Woche eine mäßig intensive Aktivität oder 75–150 Minuten pro Woche eine intensive aerobe Aktivität oder eine entsprechende Kombination.1 Leider fehlen unter der Woche oft Zeit und Energie für entsprechende Bewegungseinheiten. Die gute Nachricht: Auch Sport nur am Wochenende bzw. an 1–2 Tagen pro Woche erzielt vergleichbare Gesundheitseffekte wie gleichmäßig verteilte Einheiten, zeigt eine aktuelle Studie, die im AHA-Journal Circulation veröffentlicht wurde.2


Bei >89.000 Personen (62±8 Jahre; 56 % Frauen) wurde das körperliche Aktivitätsmuster und die Inzidenz von 678 Erkrankungen über 6 Jahre untersucht. Im Vergleich zu inaktiven Personen (<150 Minuten mäßige bis starke körperliche Aktivität pro Woche) hatten sowohl gleichmäßig Sporttreibende (GS) als auch „Weekend Warrior“ (WW) ein signifikant verringertes Risiko für >200 Krankheiten, insbesondere kardiometabolische Erkrankungen: für Bluthochdruck um 23 % (WW) bzw. 28 % (GS) niedriger, für Diabetes um 43 % (WW) bzw. 46 % (GS) niedriger und für Adipositas um 45 % (WW) bzw. 56 % (GS) niedriger. Die Ergebnisse bestätigen Studien aus 2022 und 2023.3,4


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Nachholschlaf kann Herzrisiko senken

 

Thematisch vom Weekend-Warrior zum Weekend-Sleeper: 6–8 Stunden erholsamer Schlaf pro Nacht gelten für die meisten Menschen als optimal, und regelmäßiger ausreichender Schlaf ist ein lohnender Neujahrsvorsatz. Doch nicht immer gelingt das im Alltag. Die gute Nachricht: Nachhol-Schlaf am Wochenende kann das kardiovaskuläre Risiko senken, worauf eine Studie hinweist, die auf dem ESC-Kongress 2024 vorgestellt wurde.5


Bei >90.000 Personen (davon 21,8 % mit dauerhaftem Schlafmangel) wurde der Zusammenhang von Kompensationsschlaf am Wochenende und die Inzidenz von kardiovaskulären Erkrankungen über im Median fast 14 Jahre untersucht. Personen mit dem meisten kompensatorischen Schlaf (Quartil 4; 1,28–16,06 Stunden) hatten ein um 19 % geringeres Risiko, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln, als Personen mit dem geringsten Nachhol-Schlaf (Quartil 1; –16,05 bis –0,26 Stunden, also weniger als unter der Woche). Bei der Personengruppe mit dauerhaftem Schlafmangel war das Risiko im Vergleich um 20 % reduziert. Es wurden keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen festgestellt.

 

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Neues zum Fett-aber-Fit-Paradoxon

 

Übergewicht zählt zu den wichtigsten Risikofaktoren für kardiovaskuläre und viele andere Erkrankungen. Daher ist Abnehmen bei Übergewicht eine sinnvolle Gesundheitsmaßnahme und es gehört auch zu den häufigsten Neujahrsvorsätzen. Leider funktioniert es nicht immer so schnell und dauerhaft wie erhofft, doch ein gesünderer Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und ausreichend Bewegung kann sich auch unabhängig von Gewicht und Abnehmerfolg lohnenswert sein. Das zeigt am Beispiel Sport auch eine aktuelle Studie, die bei Nature Metabolism veröffentlicht wurde.6


Es wurde das subkutane Bauchfettgewebe von 16 übergewichtigen (BMI 25–30) oder adipösen (BMI ≥30) Erwachsenen, die seit >2 Jahren Sport trieben (4 × 0,5 h pro Woche oder mehr), verglichen mit dem von 16 Erwachsenen mit ähnlichem Body-Mass-Index, die weniger aktiv waren. Das Fettgewebe der Sporttreibenden wies im Vergleich zahlreiche positive Eigenschaften auf, u. a.: eine größere Kapillarendichte und angiogene Kapazität, weniger Makrophagen und eine höhere Lipidspeicherkapazität. Die Ergebnisse legen nahe, dass regelmäßige sportliche Aktivität zu einer positiven Umstrukturierung des subkutanen Bauchfettgewebes führt, förderlich für die kardiometabolische Gesundheit und für die Prävention von Krankheiten wie Typ-2-Diabetes.


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Besser kompromisslos: Rauchstopp


Ein weiterer beliebter Neujahrsvorsatz ist „Mit dem Rauchen aufhören“. Ein Rauchstopp lohnt sich immer. Ergebnisse der internationalen CLARIFY-Registerstudie, die auf dem ESC-Kongress 2024 vorgestellt wurden,7 unterstreichen den großen positiven Gesundheitseffekt und verdeutlichen, dass man hier jedoch besser keine halben Sachen macht, sondern einen kompletten Rauchstopp anstreben sollte.


Bei >32.000 Personen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) wurde das Auftreten von schweren kardialen Ereignissen (MACE) in Zusammenhang mit dem Raucherstatus untersucht. Der Beobachtungszeitraum betrug 5 Jahre. Diejenigen, die in der stabilen Phase der Krankheit mit dem Rauchen aufhörten, profitierten von einer 44%igen Verringerung des Risikos für kardiovaskulären Tod und Myokard-Infarkt (adjustierte Hazard Ratio; 95%-Konfidenzintervall 0,42–0,76; p<0,001). Reduziertes Rauchen zeigte jedoch keine signifikante Risikosenkung (adjustierte HR 95%-KI 0,74–1,26; p = 0,78) und die Fortsetzung des Rauchens nach der KHK-Diagnose erhöhte das MACE-Risiko jährlich um 8 % (adjustierte HR; 95%-KI 1,04–1,12 pro Jahr).


Für Ihre Patientinnen und Patienten – Lesetipp zum Thema Rauchstopp: So gelingt es, mit dem Rauchen aufzuhören

Expertenkommentar von Prof. Harm Wienbergen

 

Das neue Jahr ist immer ein guter Anlass, um Lebensstilmodifikationen zu initiieren.


Aber viele Menschen fangen gar nicht erst an, weil sie denken: „Das schaffe ich ohnehin nicht: Gewicht abnehmen, fast jeden Tag Sport und 6–8 Stunden Schlaf pro Nacht.“


Einige Studien aus dem letzten Jahr zeigen allerdings, dass auch „kleine Schritte“ einen präventivmedizinischen Effekt haben:


Wer sich unter der Woche nicht zu Sport motivieren kann, sollte es als „Weekend-Warrior“ am Wochenende probieren. Und selbst wenn es dadurch nicht zu einer Gewichtsabnahme kommt, führt die körperliche Aktivität nach einer aktuellen Arbeit aus Nature Metabolism doch immerhin zu positiven Veränderungen des Bauchfettgewebes, das ja kardiometabolisch ein wichtige Rolle spielt. Diese Studienergebnisse können helfen, nicht zu früh die Motivation zu körperlicher Aktivität zu verlieren.


In der Raucherentwöhnung sollte man hingegen kompromisslos beraten. Bei jeder Konsultation sollte klar gemacht werden, dass der komplette Rauchstopp das Ziel ist. „Teachable moments“ wie die Diagnose einer koronaren Herzkrankheit sollten genutzt werden. Patientinnen und Patienten (und am besten auch die Angehörigen) müssen klar vermittelt bekommen, dass ein Rauchstopp zu enormen prognostischen Verbesserungen führt und dass hierbei keine Kompromisse zu machen sind.


Ein Trost für diejenigen, die (z. B. berufsbedingt) keinen regelmäßigen ausreichenden Nachtschlaf finden: Nachhol-Schlaf am Wochenende scheint das kardiovaskuläre Risiko zu senken. Allerdings hat diese Studie gewisse methodische Limitationen und es sollte das Ziel bleiben, einen regelmäßigen Schlafrhythmus anzustreben.


Auch als Ärztinnen und Ärzte sollten wir versuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen; insofern können die Tipps auch für uns selbst hilfreich sein – in diesem Sinne: allen ein frohes, gesundheitsförderliches neues Jahr!

Zur Person

Prof. Harm Wienbergen

Prof. Harm Wienbergen ist Kardiologe am Klinikum Links der Weser in Bremen und leitet das Bremer Institut für Herz- und Kreislaufforschung der Stiftung Bremer Herzen. Seit 2017 ist er Professor für kardiovaskuläre Präventions- und Versorgungsforschung der Universität zu Lübeck. Seit 2023 ist er zudem Sprecher der Projektgruppe Prävention der DGK.

Bildquelle: privat

Referenzen

 

  1. Pocket-Leitlinie: Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Version 2021). URL: https://herzmedizin.de/fuer-aerzte-und-fachpersonal/leitlinien/leitlinien-katalog/pocket-leitlinie__praevention_von_herzkreislauferkrankungen__ver.html
  2. Kany S, Al-Alusi MA, Rämö JT, et al. Associations of "Weekend Warrior" Physical Activity With Incident Disease and Cardiometabolic Health. Circulation. 2024;150(16):1236-1247. doi:10.1161/CIRCULATIONAHA.124.068669.
  3. Dos Santos M, Ferrari G, Lee DH, et al. Association of the "Weekend Warrior" and Other Leisure-time Physical Activity Patterns With All-Cause and Cause-Specific Mortality: A Nationwide Cohort Study. JAMA Intern Med. 2022;182(8):840-848. doi:10.1001/jamainternmed.2022.2488.
  4. Khurshid S, Al-Alusi MA, Churchill TW, Guseh JS, Ellinor PT. Accelerometer-Derived "Weekend Warrior" Physical Activity and Incident Cardiovascular Disease. JAMA. 2023;330(3):247-252. doi:10.1001/jama.2023.10875
  5. ESC Press Release, 29 Aug 2024. Catching up on sleep on weekends may lower heart disease risk by up to 20%. URL: https://www.escardio.org/The-ESC/Press-Office/Press-releases/Catching-up-on-sleep-on-weekends-may-lower-heart-disease-risk-by-up-to-20?utm_medium=Email&utm_source=&utm_campaign=ESC+-+Press+-+ESC+Congress+mail+15+Best+of+ESC+congress+2024+04.09
  6. Ahn C, Zhang T, Yang G, et al. Years of endurance exercise training remodel abdominal subcutaneous adipose tissue in adults with overweight or obesity. Nat Metab. 2024;6(9):1819-1836. doi:10.1038/s42255-024-01103-x.
  7. ESC Press Release, 29 Aug 2024. Quitting smoking nearly halves heart attack risk, cutting down does little: https://www.escardio.org/The-ESC/Press-Office/Press-releases/Quitting-smoking-nearly-halves-heart-attack-risk-cutting-down-does-little?utm_medium=Email&utm_source=&utm_campaign=ESC+-+Press+-+ESC+Congress+mail+15+Best+of+ESC+congress+2024+04.09

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