AHA 2024: Diese Studien erwarten Sie!

 

AHA-Kongress 2024 | Die Liste der neuen Studien ist lang: Im Programm stehen acht Late Breaking Science Sessions mit 29 bisher unveröffentlichten Studien zu unterschiedlichen Themen, wie Herzinsuffizienz, Rhythmologie, Lipidsenkung und Gentherapie bei ATTR-Amyloidose. Hier ist die Übersicht, welche Highlights und Top-Studien auf dem AHA 2024 erwartet werden.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

13.11.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Rudy Balasko / Shutterstock.com

BPROAD: Intensive Blutdrucksenkung

 

Nach ESPRIT ist BPROAD (Blood Pressure Control Target in Diabetes) die nächste große Studie aus China mit über 12.000 Personen, dieses Mal mit Diabetes mellitus Typ 2, zum Vergleich der intensiven Blutdrucksenkung (< 120 mmHg) gegenüber der Standardtherapie (< 140 mmHg). Als primärer Endpunkt wurden kardiovaskuläre Ereignisse über 5 Jahre erfasst. Erneute Vorteile der intensiven Blutdrucksenkung könnten der Druck auf die NVL erhöhen, sich der neuen ESC-Leitlinie Hypertonie anzupassen und zukünftig den strengeren Zielblutdruck (120-129 mmHg) zu übernehmen.

SUMMIT: Tirzepatid als Konkurrenz zu Semaglutid

 

Bereits Anfang August wurde die positive Nachricht gemeldet: In der Phase-3-Studie SUMMIT mit 731 Personen mit HFpEF und Adipositas senkte der duale GIP-GLP-1-Agonist Tirzepatid das Risiko für Herzinsuffizienz-Ereignisse signifikant um 38 % über 2 Jahre.1 Ist Tirzepatid wirksamer als Semaglutid? Eine aktuelle Kohortenstudie deutet daraufhin, zumindest was den Gewichtsverlust betrifft.2 Auf dem AHA2024 werden in Kürze die Details der SUMMIT-Studie inklusive zweier Subanalysen vorgestellt. Aber auch zu Semaglutid gibt es neue Daten beim AHA-Kongress: In Subanalysen von SELECT und FLOW wurde die Wirksamkeit nach vorhergehender Bypass-OP untersucht sowie die Outcomes bei CKD stratifiziert nach dem kardiovaskulären Risiko.  

Rhythmologie: Management von VT und VHF

 

In der Session LBS2 werden 3 große Phase-3-Studien zur optimalen Therapie von Arrhythmien erwartet: VANISH2 (Katheterablation vs. Antiarrhythmika zur Behandlung von anhaltender ventrikulärer Tachykardie bei Postinfarkt-Patientinnen und -Patienten mit implantiertem Defribrillator), OPTION (Outcome über 3 Jahre bei VHF nach LAA-Verschluss mit dem Watchman-Device vs. orale Antikoagulation) und BRAIN AF (kognitive Outcomes und zerebrovaskuläre Ereignisse über 6 Jahre bei VHF mit geringem Schlaganfallrisiko und oralen Antikoagulation mit Rivaroxaban vs. Placebo).

 

2 Tage später geht es in der Session LBS7 dann nochmals um das optimale Management von VHF mit den folgenden Studien: TRIM-AF, ARREST-AF, CRRF-PeAF und PROMPT-AF. Neben Lebensstiländerungen und konsequenter Reduktion von Risikofaktoren wurden Kryoballon- vs. Radiofrequenz-Ablation und Ablation plus Pulmonalvenenisolation (PVI) gegenüber der alleinigen PVI untersucht.

Fortschritte bei KHK und Herzklappenersatz

 

In der Session LBS4 stehen die Studien GLORIOUS, ENBALV und CLEAR SYNERGY auf dem Programm. GLORIOUS untersuchte zum einen, ob die restriktive vs. liberale Sauerstoffstrategie nach Bypass-OP Vorteile bringt, sowie zum anderen den Nutzen der präoperativ gestarteten Behandlung mit GLP-1-Agonisten nach Bypass-OP oder Aortenklappenersatz. Die Wirksamkeit von Spironolacton nach Herzinfarkt stand im Fokus von CLEAR SYNERGY, nachdem in der gleichen Studie Colchicin keine Effekte zeigte (berichtet beim TCT 2024). In der japanischen Studie ENBALV ging es um die Prävention von Schlaganfällen und Embolien durch die orale Antikoagulation mit Edoxaban vs. Warfarin in den ersten 3 Monaten nach Aorten- oder Mitralklappenersatz.

Neue Targets bei Herzinsuffizienz

 

Hyperkaliämie ist eine häufige Komplikation bei Herzinsuffizienz, die durch Arzneimittel und/oder Komorbiditäten (vor allem CKD oder Diabetes mellitus) entsteht. Kann der Ionenaustauscher Natriumzirconiumcyclosilicat dazu beitragen, die Therapie mit MRA (Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten) bei HFrEF aufrechtzuerhalten? Antwort auf diese Frage soll die Studie REALIZE-K liefern.


Mitiperstat ist ein neuer oraler Wirkstoff, der das Enzym Myeloperoxidase selektiv hemmt. Myeloperoxidase wird durch Neutrophile sezerniert und fördert oxidativen Stress, Fibrose, Remodeling und diastolische Dysfunktion. In der Studie ENDEAVOR mit 660 Patientinnen und Patienten mit HFpEF/HFmrEF (LVEF > 40 %) wurde untersucht, ob Mitiperstat die Symptome und Leistungsfähigkeit bei Herzinsuffizienz verbessern kann.

Spannendes Wettrennen um die Lipidsenkung

 

Mehrere Wirkstoffe zur Senkung der Lp(a)-Spiegel sind derzeit in der Entwicklung. Für den siRNA-Wirkstoff Zerlasiran wurden positive Daten der Phase-2-Studie ALPACAR bereits veröffentlicht: Über 48 Wochen senkte Zerlasiran den medianen Lp(a)-Spiegel um 90 %.3 Die Studie wurde über 60 Wochen fortgesetzt. Es gibt aber viel Konkurrenz: Derzeit laufen 3 Phase-3-Studien zu weiteren Lp(a)-senkenden Wirkstoffen: 2 siRNA-Wirkstoffe Olpasiran (OCEAN(a) bis 2026) und Lepodisiran (ACCLAIM-Lp(a) bis 2029) sowie das Antisense-Oligonukleotid Pelacarsen (HORIZON bis 2025).4-6

 

Ein weiterer Lp(a)-senkender Wirkstoff mit anderem Wirkmechanismus ist Muvalaplin. Es handelt sich um ein Small Molecule, das die Bindung der Lp(a)-Untereinheiten hemmt. Im Gegensatz zu den siRNA-Wirkstoffen wird Muvalaplin oral eingenommen. In der Phase-2-Studie KRAKEN wurde die Behandlung mit Muvalaplin (1 x tgl.) über 12 Wochen untersucht.


Auch für die Phase-3-Studie BROOKLYN sind bereits erste positive Ergebnisse bekannt: Obicetrapib senkte den LDL-C-Wert um 41,5 % in Woche 52 vs. Placebo bei heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HeFH).7 Obicetrapib ist der letzte verbleibende Hoffnungsträger aus der Klasse der selektiven Cholesterylester-Transferprotein (CETP)-Hemmer und könnte als Add-on zu Statinen für die weitere Senkung der Lipidwerte in Betracht kommen. Der PCSK9-Inhibitor Evolocumab senkt ebenfalls LDL-C-Spiegel in Kombination mit Statinen und stabilisiert Plaques. Allerdings gibt es Personen, die kaum oder gar nicht von Evolocumab profitieren. Die genotypische Charakterisierung zur Identifikation von Prädiktoren für das Ansprechen auf Evolocumab, ist das Ziel von YELLOW III. Mit Hilfe von Deep-Learning-Modellen sollen Biomarker-Tests entwickelt werden zur Vorhersage, wer von welchen unterschiedlichen Ansätzen zur Lipidsenkung profitieren kann.

ATTR-Amyloidose: CRISPR/Cas9-Gentherapie

 

Kardiale Amyloidosen entstehen durch extrazelluläre Ablagerungen von unlöslichen Amyloid-Fibrillen, wobei das Protein Transthyretin (TTR) den größten Anteil ausmacht. Die CRISPR/Cas9-Genschere (NTLA-2001) inaktiviert das Gen für Transthyretin und verhindert somit die Proteinproduktion. Erste Zwischenergebnisse der Phase-1-Studie wiesen darauf hin, dass NTLA-2001 die Protein-Ablagerungen drastisch reduziert, so dass derzeit bereits eine Phase-3-Studie in Planung ist.8 Neue Zwischendaten der Phase-1-Studie werden in Kürze auf dem AHA 2024 präsentiert.

Langzeitdaten: Mavacamten und LAA-Occluder

 

Basierend auf den positiven Daten von VALOR-HCM wurde Mavacamten im Juni 2023 zur Behandlung der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) in Deutschland zugelassen. Die Daten der offenen Verlängerungsstudie von VALOR-HCM über 128 Wochen werden jetzt auf dem AHA 2024 vorgestellt. Außerdem werden die 5-Jahresdaten von AMULET-IDE zum Vergleich der beiden LAA-Occluder Amplatzer Amulet vs. Watchman-Device erwartet. Werden die zuvor berichteten Vorteile des Amulet-Occluders über 3 Jahre auch nach 5 Jahren bestätigt?9 Das und vieles andere mehr wird sich auf dem AHA-Kongress 2024 zeigen.

 

Im Rahmen unserer AHA-Berichterstattung werden wir über alle Highlights zeitnah und verlässlich informieren. Behalten Sie den Durchblick! Hier finden Sie ab dem 16. November Studienzusammenfassungen, Expertenkommentare, Interviews, Hintergrundberichte und mehr:

 

Zur Übersichtsseite Berichterstattung AHA-Kongress 2024


Referenzen

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