Jedes Jahr sterben mehr als 350.000 Menschen in Deutschland infolge einer Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. Damit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland und weltweit immer noch die häufigste Todesursache. Es gibt verschiedene Ursachen für die Erkrankungen. Eine Studie von Forschern und Forscherinnen der Universitätsmedizin Mainz zeigt nun: Menschen mit einem niedrigeren Bildungsstand haben ein höheres Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu leiden und daran zu versterben. Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift European Journal of Preventive Cardiology veröffentlicht.
Internationale Studien gaben schon in der Vergangenheit Hinweise darauf, dass der sogenannte sozioökonomische Status (SES) einen Einfluss auf die kardiovaskuläre Gesundheit haben könnte. Allerdings wurden diese Untersuchungen bisher vor allem in Ländern durchgeführt, in denen der Zugang zur Gesundheitsversorgung vom Einkommen und Beruf abhängt. In Deutschland ist das Gesundheitssystem darauf ausgelegt, eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, die ganz unabhängig vom sozialen Status sein sollte. Die Mainzer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen konnten jedoch zeigen, dass der sozioökonomische Status auch in Deutschland einen enormen Unterschied bei der Herzgesundheit bewirkt.
Wie wurde die Studie durchgeführt?
Für die Studie hat das Team die Herzgesundheit über einen Zeitraum von zehn Jahren bei insgesamt rund 15.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen im Alter von 35 bis 74 Jahren untersucht und dabei auch den Faktor des sozioökonomischen Status abgefragt. Zu Beginn der Untersuchung litten 4.000 Studienteilnehmende an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. „Bei der Folgeuntersuchung nach zehn Jahren wurde deutlich, dass Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status ein um 68 Prozent höheres Risiko hatten, eine kardiovaskuläre Erkrankung neu zu entwickeln. Auch die Sterblichkeit war in dieser Gruppe um 86 Prozent höher als bei Studienteilnehmenden mit einem hohen SES“, sagt Dr. Omar Hahad, Erstautor der Studie und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Kardiologie – Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz, in einer Mitteilung der Universitätsmedizin Mainz.
Welche sozioökonomischen Faktoren spielen eine besonders große Rolle?
Laut dem Erstautor der Studie konnte gezeigt werden, dass vor allem die Bildung und der Beruf der Menschen einen negativen Effekt auf die Herzgesundheit haben. Das Einkommen war dagegen weniger entscheidend. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass dem sozioökonomischen Status mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss – sowohl bei der Betreuung einzelner Patientinnen und Patienten als auch in klinischen Studien. Daher sollten sozioökonomische Faktoren in Risiko-Scores mit einfließen, um die gesundheitliche Prognose zu verbessern und präventive Maßnahmen früher einleiten zu können“, sagt Prof. Thomas Münzel, Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz.
Warum genau sich die Bildung und der Beruf derart auf die Herzgesundheit auswirken, könne die Studie nicht beantworten, heißt es in der Veröffentlichung. Vermutlich hätten Verhaltensweisen und Lebensgewohnheiten, aber auch Gesundheitskompetenz und der Zugang zu modernen Diagnose- und Therapieverfahren einen Einfluss.
Hinweis: Studien betrachten häufig einzelne Risikofaktoren, die zu einer Herzerkrankung führen können. In der Regel sind diese Risiken aber nicht die alleinigen Auslöser einer Herzkrankheit, sondern führen im Zusammenspiel mit anderen Faktoren zur Erkrankung.