Warum Männer häufiger am Herzen erkranken

Männer werden häufiger wegen Herzkrankheiten im Krankenhaus behandelt als Frauen. Wie sich das höhere Risiko für Herzerkrankungen bei Männern erklärt und was dran ist an der Behauptung, dass Frauen schlechter behandelt werden als männliche Patienten.

Von Sven Stein

 

31.03.2023

 

Bildquelle (Bild oben): iStock / Eleganza  

Mehr als 1,5 Millionen Patientinnen und Patienten wurden 2021 wegen einer Herzkrankheit in einer Klinik behandelt. Deutlich mehr als die Hälfte waren Männer (58,2 %), der Anteil der Frauen lag bei 41,8 Prozent, heißt es im Herzbericht 2022 der Deutschen Herzstiftung. Wie kommt dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern zustande?

Haben Männer ein höheres Risiko für Herzkrankheiten?

Zwei entscheidende Faktoren tragen dazu bei, dass Männer in größerer Zahl an Herzkrankheiten leiden. „Zum einen haben Männer prinzipiell ein größeres Risikoprofil, weil sie mehr rauchen als Frauen und sicherlich auch das Übergewicht bei Männern stärker vertreten ist“, sagt Prof. Holger Thiele von der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig. Zum anderen sind Frauen durch die weiblichen Hormone, die Östrogene, zumindest bis zu den Wechseljahren vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Atherosklerose der Extremitäten oder der koronaren Herzkrankheit geschützt. Allerdings: „Die Frauen holen nach der Menopause auf und bekommen die Herzerkrankungen im Durchschnitt zehn Jahre später“, so Prof. Thiele. 

Haben Männer bei Herzkrankheiten andere Symptome als Frauen?

Der größte Teil der Symptome ist bei Männern und Frauen gleich. Es gibt jedoch auch Unterschiede, zum Teil beim Herzinfarkt. „Frauen haben häufiger, aber nicht typischerweise, nur Luftnot oder auch Übelkeit bei einem Herzinfarkt, nicht aber die klassische Angina Pectoris“, erklärt Prof Thiele. Womöglich sind diese Symptome auch der Grund, warum Frauen offenbar länger warten, bis sie sich in medizinische Behandlung begeben. „Eine andere Erklärung dafür kann sein, dass Frauen mit über 70 oder 80 Jahren eine andere Perzeption – also eine andere Wahrnehmung und Interpretation – ihrer Symptome haben und länger warten, bis sie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen“, so Prof. Thiele.

Werden Männer mit einer Herzkrankheit besser behandelt als Frauen?

„Es wird immer wieder behauptet, dass Frauen schlechter behandelt werden als Männer“, sagt Prof. Thiele. „Das halte ich aber für unwahrscheinlich.“ Es gebe zwar Daten, die zeigen, dass Patientinnen weniger häufig eine Revaskularisation – also eine Verbesserung der Durchblutung durch einen Herzkatheter mit einer Stent-Implantation – bekommen als Männer. Das werde teilweise auf nicht erkannte Symptome einer Herzerkrankung bei den Frauen zurückgeführt, so Prof. Thiele. „Es ist aber auch möglich, dass insbesondere deutlich ältere Frauen so viele Komorbiditäten, also weitere Erkrankungen, haben, dass eine Behandlung einen fraglichen Effekt hätte oder ein zu großes Risiko darstellen würde.“

Prof. Holger Thiele Univ.-Prof. Dr. med. Holger Thiele, Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig. Bildquelle: Holger Thiele

Stimmt es, dass Männer seltener am Herzinfarkt sterben als Frauen?

Es gibt Daten, die zeigen, dass Frauen häufiger an einem Herzinfarkt sterben als Männer. „Als Erklärung wurde über viele Jahre angeführt, dass Frauen schlechter behandelt werden“, sagt Prof. Thiele. Wenn man jedoch die Daten so analysiert, dass Effekte wie das Alter und andere Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen, herausgefiltert werden, ergebe sich ein anderes Bild: „Dann haben Männer und Frauen die gleiche Sterblichkeit“, so Prof. Thiele.

Müssen Männer anders vorsorgen als Frauen?

Männer müssen genauso auf ihre Herzgesundheit achten wie Frauen, erklärt Prof. Thiele. „Sie müssen Sport treiben, Bluthochdruck und Übergewicht vermeiden, nicht rauchen und sich gesund ernähren, dann haben Männer sicherlich die gleiche Lebenserwartung wie Frauen“, so der Kardiologe. Denn die durchschnittliche Lebenserwartung der Männer (derzeit 78,5 Jahre) liegt seit Jahrzehnten immer etwa fünf Jahre unterhalb der Lebenserwartung der Frauen (83,4 Jahre). Dabei hätten es die Männer selbst in der Hand, in dieser Statistik aufzuholen.

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