Übergewicht und Vorhofflimmern: Warum Abnehmen vor Ablation sinnvoll ist

Übergewicht ist schlecht fürs Herz. Die meisten Patienten und Patientinnen mit Vorhofflimmern liegen über ihrem Normgewicht. Die Extra-Kilos können auch den Erfolg einer Ablation und die Genesung danach beeinflussen. Experten raten deshalb zu mehr Bewegung und Sport. Aber wie viel Sport dürfen Betroffene überhaupt machen? Und was bewirkt die Gewichtsreduktion nach der Ablation wirklich?

Von Amina Linke

 

21.06.2024


Bildquelle (Bild oben): Adobe Stock/runzelkorn

Jedes Kilo zählt: Wie sich Übergewicht auf die Herzgesundheit auswirken kann

Um die 13 Millionen Erwachsene leiden in Deutschland an Fettleibigkeit (Adipositas). Neben den direkten Folgen wie eine eingeschränkte körperliche Mobilität und Aktivität, Atem- und orthopädischen Problemen, steigt bei Betroffenen zudem das Risiko von Langzeitfolgen wie die Kombination aus Bluthochdruck, abnormalen Cholesterin- oder Triglyceridwerten (Metabolisches Syndrom) sowie Diabetes Typ 2 (hoher Blutzucker).

 

Doch gesundheitliche Probleme als Folge überhöhten Körpergewichts fangen nicht erst bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 an, sagt auch Prof. Dr. Thomas Deneke, Chefarzt der Rhythmologie am Klinikum Nürnberg. „Übergewicht ist ein Risikofaktor für eine Reihe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich Vorhofflimmern.“ So kann Übergewicht – laut BMI definiert ab einem Wert von 25 – unter anderem zu erhöhtem Blutdruck und zu Veränderungen in der Herzstruktur führen. Besonders Bauchfett, das sich um die Organe lagert (viszerales Fett), ist hier ein oft unterschätzter Risikofaktor – „weil man es im Gegensatz zu subkutanen Fett, also direkt unter der Haut liegenden Fettpolstern, nicht sieht“, weiß Prof. Dr. Deneke. Auch für den Erfolg einer Katheterablation spielt das Gewicht eine Rolle.

Auf einen Blick – Die Folgen von Übergewicht auf Ihr Herz:

  • Steigt das Körpergewicht, steigt auch das Entzündungsrisiko im Körper: Fett ist ein aktives Gewebe, das Entzündungsbotenstoffe ins Blut ausschüttet. Diese greifen auch das Herz an. Es vernarbt, wird steif – das Risiko für unter anderem Vorhofflimmern steigt stark an.
 
  • Erhöhtes Risiko für Schlafapnoe: Bei der Erkrankung startet und stoppt die Atmung im Schlaf immer wieder. Das wirkt sich langfristig aufs Herz aus. Die Atemaussetzer wirken arrhythmogen, also Herzrhythmusstörungen begünstigend.
 
  • Erhöhter Blutdruck: Bei Übergewicht muss eine größere Körpermasse mit Blut versorgt werden. Das Herz muss also härter arbeiten, um den erhöhten Bedarf an Blutzirkulation zu decken. Dies kann zu hohem Blutdruck (Hypertonie) führen.
 
  • Veränderte Herzstruktur: Langfristiges Übergewicht kann zu Veränderungen in der Struktur des Herzens führen, wie z.B. einer Verdickung der Herzwand (Hypertrophie), die die Funktion des Herzens beeinträchtigen kann.
 
  • Erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheit (KHK): Übergewicht ist ein Risikofaktor für die Entwicklung von Atherosklerose (Verhärtung der Arterien), die den Blutfluss zum Herzen reduzieren und zu KHK führen kann.

Abnehmen vor Ablation: Umso weniger Übergewicht, desto besser die Vorhofflimmern-Prognose

Ein hoher Anteil an Vorhofflimmer-Patienten – und Patientinnen, die eine Ablation erhalten, sind übergewichtig. Das Körpergewicht kann nicht nur die Ablation selbst, sondern auch den Erfolg des Eingriffs beeinflussen, zeigen Registerdaten. „Exzessives Übergewicht kann ein Risikofaktor für das Fehlschlagen einer Katheterablation sein“, sagt Prof. Dr. Deneke. „Es kann nicht nur zu Komplikationen bei einer Ablation führen, sondern es kann auch das Management dieser Komplikationen erschweren.“ Eine dänische Studie zeigte zudem jüngst: Übergewicht hat einen ähnlichen Einfluss auf die Erfolgsraten bei Ablationen wie andere Risikofaktoren, wie zum Beispiel hohes Alter oder Komorbiditäten wie Hypertonie oder Herzinsuffizienz. Und: Je höher der BMI, desto größer ist das Risiko auch nach einer Katheterablation wieder Vorhofflimmern zu bekommen. So haben übergewichtige Patienten und Patientinnen im Vergleich zu Betroffenen mit Normalgewicht ein um 15 Prozent erhöhtes Rückfallrisiko.

Auf einen Blick – weniger Kilos, mehr Gesundheit:

  • Eine Gewichtsreduktion kann dazu beitragen, das Risiko von Komplikationen wie Blutungen, Infektionen und anderen postoperativen Problemen zu verringern.
 
  • Studien haben gezeigt, dass Patienten und Patientinnen, die vor einer Ablation Gewicht verlieren, bessere Langzeitergebnisse und eine geringere Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten von Herzrhythmusstörungen haben. Das bedeutet, dass die Ablation effektiver ist und das Risiko für Rezidive oder erneute Eingriffe sinkt.
 
  • Abnehmen kann übergewichtsbedingte Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Schlafapnoe verbessern oder sogar beseitigen, was wiederum die Ergebnisse der Ablation positiv beeinflussen kann.

Den BMI als einzigen Maßstab zu nehmen, hält Prof. Dr. Deneke dabei aber nicht für zielführend – auch, weil dieser bei der Berechnung nicht zwischen Fett- und Muskelmasse unterscheidet. „Eine gesunde Lebensführung – mit einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßiger Bewegung beziehungsweise regelmäßigem Sport – sind wichtiger, als einem BMI-Wert hinterher zu hecheln“, sagt der Rhythmologe. Viele Patienten und Patientinnen würden sich laut seinen Erfahrungen zudem durchaus gern sportlich betätigen, sind jedoch ängstlich ob des Wiederauftretens von Vorhofflimmern unter körperlicher Belastung. 

Übergewicht reduzieren: Welcher Sport kommt nach einer Ablation in Frage?

Patienten und Patientinnen mit Vorhofflimmern wird in der Regel zu einem moderaten Ausdauertraining um die 20 bis 30 Minuten drei bis fünf Mal die Woche geraten. „Der Trainingsturnus sollte allerdings individuell und in Absprache mit dem behandelnden Kardiologen beziehungsweise der behandelnden Kardiologin erfolgen“, rät Prof. Dr. Deneke. „Flottes Gehen oder Walken, Schwimmen, Joggen und Radfahren sind aber meistens die geeignetsten Sportarten für Betroffene.“ Ein leichtes Krafttraining kann zudem für ältere Patienten und Patientinnen sinnvoll sein, um zum Beispiel Stürze vorzubeugen. Auch Fitnessstudios bieten hier zum Teil entsprechende Rehamaßnahmen an.

 

Alles, was mit intensivem Kraftsport oder kurzen Anspannungsphasen mit maximaler Belastung („High Intensity Intervalltraining“) zu tun hat, davon rät der Vorhofflimmer-Spezialist Betroffenen mit Herzrhythmusstörungen allerdings ab. „Maximal-Belastungen können auch kurzfristig Rhythmusstörungen provozieren.“ Wichtig sei auch, auf den Puls zu achten, rät Deneke. Ein unregelmäßiger oder zu hoher – über 100 pro Minute – kann ein Anzeichen für Vorhofflimmern sein. Auch bei Druckgefühl im Brustkorb, Luftnot und Schwindel sollte das Training sofort abgebrochen werden.

So messen Sie Ihren Puls

Legen Sie Zeige- und Mittelfinger fest auf die Ader am Handgelenk – dort, wo der Muskel des Daumens in das Handgelenk übergeht. Nun werden die Herzschläge pro Minute gezählt. Die besten Ergebnisse des Ruhepulses erhalten Sie am Morgen, kurz nach dem Aufstehen.

„Zusammenfassend ist zu sagen, dass eine Gewichtsreduktion bei Herzproblemen generell sehr empfehlenswert ist – und unbedingt Teil der langfristigen Herzgesundheit-Strategie sein sollte“, so Prof. Dr. Deneke. Eine Meilenstein-Studie mit Vorhofflimmern-Patienten und -Patientinnen untermauert das: Fast die Hälfte derjenigen, die mindestens zehn Prozent Gewicht verloren und ihr neues Gewicht auch gehalten haben, hatten keine Vorhofflimmeranfälle mehr. Deneke: „Eine nachhaltige Gewichtsreduktion durch regelmäßigen Sport kann also effektiv sein, eventuell können auch Medikamente eingespart werden.“

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