Blutdruck, Cholesterin und Zuckerwert, aber auch Blutwerte zur Nierenfunktion können Auskunft über das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung geben. Frühzeitig erkannt, lässt sich die Gefahr fürs Herz mindern.
Blutdruck, Cholesterin und Zuckerwert, aber auch Blutwerte zur Nierenfunktion können Auskunft über das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung geben. Frühzeitig erkannt, lässt sich die Gefahr fürs Herz mindern.
Von Kerstin Kropac
28.03.2023
Bildquelle (Bild oben): iStock / Amawasri
Oft schaut man sich diese Blutwerte erst an, wenn es zu spät ist – wenn ein Herzinfarkt passiert oder eine Herzschwäche diagnostiziert worden ist. Dabei könnten viele Herzerkrankungen durch die regelhafte Untersuchung dieser sogenannten Biomarker verhindert oder eine Verschlechterung verzögert werden. Eine rechtzeitige Behandlung kann Leben retten. In welchen Fällen Sie welche Werte kontrollieren lassen sollten, erfahren Sie hier.
Die sogenannte familiäre Hypercholesterinämie ist eine der häufigsten genetischen Erkrankungen: Etwa jedes 250. Kind ist davon betroffen. „Das erhöhte LDL-Cholesterin verursacht zunächst keine Beschwerden“, erklärt Prof. Dr. Stephan Baldus, Direktor der Klinik III für Innere Medizin an der Uniklinik Köln. „Deshalb wird die Erkrankung meist erst erkannt, wenn die Betroffenen im frühen Alter, oft weit vor dem 50. Lebensjahr, einen Herzinfarkt erleiden.“ Um das zu vermeiden, setzt sich die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) mit der Nationalen Herz-Allianz dafür ein, schon bei Kindern im Grundschulalter einmalig die Cholesterinwerte zu bestimmen. „Andere europäische Länder haben bereits Screening-Programme etabliert und stehen hierdurch bei der Diagnostik dieser Erkrankung mittlerweile sehr gut da“, sagt Prof. Baldus. „In den Niederlanden beispielsweise werden über 70 Prozent der Fälle von familiärer Hypercholesterinämie erkannt.“
Ein leicht erhöhter Blutdruck verursacht erst einmal keine Beschwerden – ganz im Gegenteil: Häufig fühlen sich die Betroffenen sogar besonders fit. Trotzdem gilt Bluthochdruck als Silent Killer, als lautloser Mörder. Er erhöht das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzschwäche. „Spätestens ab 18 empfiehlt die Leitlinie, den Blutdruck regelmäßig zu messen“, sagt Prof. Baldus. „Das gilt vor allem für Patientinnen und Patienten mit weiteren Risikofaktoren wie einer Nieren- oder Diabetes-Erkrankung.“ Ideal sind Blutdruckwerte unter 135/80 mmHg. Ab 140/90 mmHg gilt der Wert als erhöht – und damit auch das Risiko für Herzerkrankungen. Faustregel: Senkt man den Blutdruck um 5 mmHg, senkt man gleichzeitig die Sterblichkeit um fünf Prozent. Dabei können Medikamente, aber auch Sport und Abnehmen helfen. Studien zeigen, dass man mit fünf Kilogramm Gewichtsabnahme den Blutdruck um 4,5 mmHg reduzieren kann. Dasselbe gilt für Bewegung: Regelmäßiger Sport kann die Blutdruckwerte um 5 bis 10 mmHg senken.
Cholesterin wird zum Beispiel für den Aufbau von Zellmembranen, beim Hormonstoffwechsel und für die Produktion von Gallensäure gebraucht. Befindet sich aber zu viel des schlechten LDL-Cholesterins im Blut, bilden sich Gefäßablagerungen – dann drohen Herzinfarkt oder Schlaganfall. „Bei gesunden Menschen ohne Risikofaktoren sollte ein LDL-Cholesterinwert von 116 mg/dl nicht überschritten werden“, sagt Prof. Baldus. Für Menschen mit erhöhtem Risiko gelten andere Werte. „Bei Patientinnen und Patienten der höchsten Risikogruppe liegt der Grenzwert sogar unter 55 mg/dl“, erklärt der Kardiologe. Der Zielwert hängt immer vom kardiovaskulären Risiko ab – so wird beispielsweise der Wert eines Rauchers anders beurteilt als der Wert eines Nichtrauchers. Auch Vorerkrankungen spielen eine Rolle. Ausschlaggebend ist der sogenannte SCORE2, ein Punktesystem zur Abschätzung des Risikos für ein kardiovaskuläres Ereignis innerhalb der kommenden zehn Jahre. Zum Berechnen des individuellen Risikos gibt es einen Online-Kalkulator. Grundsätzlich gilt: Je niedriger das LDL-Cholesterin, desto geringer ist auch das kardiovaskuläre Risiko!
Die Nieren- und die Herzgesundheit sind eng miteinander verbunden: Die Niere reguliert den Flüssigkeitshaushalt des Körpers – und schützt so das Herz. Ist die Nierenfunktion beeinträchtigt, kann das verschiedene Herzerkrankungen wie die Herzschwäche oder Herzrhythmusstörungen begünstigen. Leider wissen viele Patientinnen und Patienten nichts von ihrer Nierenschwäche, da sie zu Beginn oft symptomlos verläuft. „Patientinnen und Patienten mit Nierenfunktionsstörungen sind immer Risikopatienten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, sagt Prof. Baldus. „Daher wäre es sinnvoll, beim Gesundheits-Check ab 35 auch einen Nierenwert zu untersuchen.“ Zum Beispiel könnte der Kreatininwert im Blut auf eine gestörte Nierenfunktion hinweisen – auch wenn sich ein relevanter Anstieg des Kreatins erst zeigt, wenn die Nierenfunktion bereits um 50 Prozent eingeschränkt ist.
Spätestens mit 50 sollte man einmal das Lipoprotein(a), kurz Lp(a), messen lassen. Das Lp(a) ist ein Blutfett, dessen Höhe nicht von der Ernährung abhängt und auch nicht durch Bewegung beeinflusst werden kann – es wird von den Genen bestimmt. Das Problem: Es scheint eine frühzeitige Atherosklerose, also eine Gefäßverengung, und damit auch Herzinfarkte zu begünstigen. Leider gibt es bislang noch keine Therapie für diese Fettstoffwechselstörung. „Umso wichtiger ist es bei einer Erhöhung dieses Werts, die anderen Risikofaktoren wie Blutdruck oder das LDL-Cholesterin so gut wie möglich einzustellen, um einen Herzinfarkt zu verhindern“, sagt Prof. Baldus.
Diabetes gehört neben dem Übergewicht, Rauchen, Bewegungsarmut und Hypercholesterinämie zu den fünf größten Risikofaktoren für das Herz. Patientinnen und Patienten mit Diabetes entwickeln zum Beispiel doppelt bis fünfmal so häufig eine Herzschwäche. Hohe Blutzuckerwerte führen zu Entzündungen in den Gefäßen. Wenn sie abheilen, lassen sie zerstörtes Gewebe zurück. Die Folge: Die Gefäße sind weniger elastisch, die Durchblutung ist gestört, es kommt eher zu Verstopfungen – damit steigt die Gefahr für Schlaganfälle und Herzinfarkte. „Daher würde ich auch den Zuckerwert regelmäßig bestimmen lassen“, sagt Prof. Baldus. „Es schützt das Herz, wenn eine Diabetes-Erkrankung frühzeitig erkannt und therapiert wird.“
Häufig wird auch eine Herzschwäche sehr spät erkannt. Dabei ist eine frühe Diagnose wichtig: „Eine Behandlung im Frühstadium dieser Krankheit ist besonders effektiv und kann die Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen deutlich verbessern“, sagt Prof. Baldus. „Untersuchungen zeigen, dass bei einer Herzschwäche, die noch keine Symptome zeigt, der sogenannte NT-proBNP-Wert erhöht sein kann“, sagt Prof. Baldus. Das NT-proBNP ist ein Eiweißstoff, der im Herz gebildet wird und unter anderem an der Regulierung des Blutdrucks beteiligt ist. „Gerade laufen Untersuchungen, die zeigen sollen, dass beispielsweise Bluthochdruckerkrankte oder Diabetiker ab 50 davon profitieren, wenn dieser Wert einmal bestimmt wird – um eine bislang nicht klinisch offensichtliche Form der Herzschwäche frühzeitig zu erkennen“, sagt Prof. Baldus. „Das Ziel ist, die Herzschwäche so früh zu behandeln, dass sie nicht zu einer relevanten Erkrankung wird.“
Die Nationale Herz-Allianz setzt sich für eine bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten und für innovative Forschung ein. Eines ihrer Ziele ist die Etablierung von Früherkennungsprogrammen. Deshalb hat sie verschiedene Pilotprojekte gestartet, die zur Senkung der Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen sollen. Unter anderem soll der Nutzen eines frühen Screenings auf familiäre Hypercholesterinämie im Kindesalter nachgewiesen werden.