Die typischen Folgeerkrankungen einer KHK – und wie man sie im Blut erkennt

Eine koronare Herzkrankheit (KHK) ist keine isolierte Gefäßerkrankung – sie belastet das gesamte Herz-Kreislaufsystem und erhöht das Risiko für Folgeerkrankungen wie eine Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder einen Herzinfarkt. Aber lassen sich diese Erkrankungen auch im Blut nachweisen? Welche Werte sind hier entscheidend?

 

Von Kerstin Kropac

 

17.06.2025

 

Bildnachweis (Bild oben): ©Adobe Stock/dragonstock

Lässt sich ein schwaches Herz als Folge einer KHK im Blut erkennen?

Eine Herzschwäche ist eine häufige Folgeerkrankung einer KHK. Wir fragen Prof. Birgit Aßmus, Leitende Oberärztin der Abteilung für Kardiologie und Sektionsleitung Herzinsuffizienz am Universitätsklinikum Gießen:

 

Es gibt bestimmte Laborwerte, die eine Herzschwäche sehr wahrscheinlich machen – besonders entscheidend ist hier das NT-proBNP oder das BNP ((NT-pro)Brain Natriuretic Peptide). Diese Herzschwächehormone werden gebildet, sobald der Druck auf die Herzmuskelzellen aufgrund der verminderten Pumpleistung zu hoch wird. Damit sind BNP und NT-proBNP indirekte Marker für die Wandspannung im Herzen. Allerdings muss man wissen, wie man diesen Wert deutet, da für einige Patientinnen und Patienten besondere Grenzwerte gelten, zum Beispiel für Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion, sehr starkem Übergewicht oder Vorhofflimmern. Das hat verschiedene Gründe. Diese Hormone werden über die Niere verstoffwechselt. Ist der Stoffwechsel zum Beispiel durch eine schlechte Nierenfunktion verlangsamt, sammelt sich mehr NT-proBNP an. Bei starkem Übergewicht (Adipositas), passiert quasi das Gegenteil: Im Fettgewebe bilden sich Hormone, die das NT-proBNP vermehrt abbauen. Deswegen bedeutet gerade bei Patienten mit sehr starkem Übergewicht ein normaler NT-proBNP-Wert nicht zwingend, dass keine Herzschwäche vorliegt. Diese Besonderheiten sind auch ärztlichen Kolleginnen und Kollegen nicht immer präsent.

 

Mit welchen Untersuchungsmethoden lässt sich eine Herzschwäche als Folge einer KHK sicher diagnostizieren?

Man muss immer das ganze Bild des Patienten oder der Patientin berücksichtigen. Liegt der Verdacht auf eine Herzschwäche vor, sollte zeitnah eine Echokardiografie (Herzultraschall) durchgeführt werden. Die zeigt, wie leistungsstark das Herz pumpt und sich entspannen kann, oder ob tatsächlich eine Herzschwäche vorliegt. Leider ist es manchmal schwierig, kurzfristig einen Ultraschall-Termin zu bekommen. Ich habe aber die Erfahrung gemacht: Wenn die hausärztliche Praxis anruft oder aber die Betroffenen selbst klar sagen können, dass ihr BNP- oder NT-proBNP-Wert erhöht ist und vielleicht zudem noch bestimmte Risikoerkrankungen vorliegen, werden sie in der Regel innerhalb weniger Tage zum Ultraschall eingeladen. Meist wird dann neben dem Herzultraschall zudem ein Ruhe-EKG angeordnet, mit dem man Herzrhythmusstörungen oder auch Hinweise auf ein Hochdruckherz oder einen alten Herzinfarkt erkennen kann.

 

Zum Experten

Prof. Birgit Aßmus

Prof. Birgit Aßmus, Leitende Oberärztin der Abteilung für Kardiologie und Sektionsleitung Herzinsuffizienz am Universitätsklinikum Gießen

Bildquelle: Uniklinik Gießen

 

 

Lassen sich Herzrhythmusstörungen im Blut erkennen?

Eine KHK kann auch verschiedene Arten von Herzrhythmusstörungen auslösen. Wir fragen PD Dr. med. Moritz Sinner, Facharzt Innere Medizin / Kardiologie, Oberarzt in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am LMU-Klinikum München:

 

Bei der KHK ist die Blutversorgung des Herzens beeinträchtigt, weshalb bestimmte Umbauprozessen ablaufen. Klassischerweise werden Gewebezellen in den Herzmuskel eingelagert, wodurch die Herzmuskelzellen nicht mehr optimal zusammenarbeiten. Vorhofflimmern oder sogar ein bösartiges Kammerflimmern können die Folge sein. Im Blut nachweisen lassen sich diese Rhythmusstörungen leider nicht. Wer aber einen pathologisch erhöhten NT Pro BNP-Wert hat, dem kann man durchaus auch ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen attestieren. Dieser Wert, den wir routinemäßig bestimmen und auch beurteilen, ist dann sozusagen ein Baustein im Gesamtbild …

 

Welche Untersuchungen sind außerdem notwendig, um eine Herzrhythmusstörung als Folge einer KHK zu diagnostizieren?

Das wichtigste Diagnose-Instrument ist das 12-Kanal-EKG. Da sieht man aber natürlich nur, was in den aufgezeichneten Stunden passiert. Ein Langzeit-EKG läuft klassischerweise 24 Stunden. Wenn ein Patient oder eine Patientin berichtet, er oder sie habe alle zwei Tage ein gespürtes Rhythmusproblem, kann man das EKG auch drei Tage laufen lassen, im besonderen Ausnahme-Fällen sogar sieben Tage. Treten die Beschwerden aber nur alle zwei Wochen, einmal im Monat oder Vierteljahr auf, tut man sich schwer, sie im EKG zu detektieren. Dann müssen wir über die Beschwerden der Betroffenen, bestehende Vorerkrankungen und eingenommene Medikamente eine Risikoeinschätzung vornehmen.

 

Zum Experten

PD Dr. Moritz Sinner

PD Dr. Moritz Sinner, Facharzt Innere Medizin / Kardiologie, Oberarzt in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am LMU-Klinikum München

Bildquelle: LMU-Klinikum München PD Dr. Moritz Sinner

 

 

Lässt sich der Herzinfarkt im Blut erkennen?

Der Herzinfarkt ist eine akute Komplikation der KHK. Wir fragen Prof. Philip Wenzel, Direktor der Medizinischen Klinik I - Kardiologie und Internistische Intensivmedizin, Klinikum Darmstadt:

 

Werden Menschen mit den typischen Symptomen eines Herzinfarkts vorstellig – also: Druck auf der Brust, Angina Pectoris, ausstrahlenden Schmerzen in den Hals, Rücken oder Arm, verbunden mit einer vegetativen Begleitsymptomatik wie Kaltschweißigkeit oder Erbrechen –, führen wir sofort eine Blutentnahme durch. Ein Herzinfarkt lässt sich sehr zuverlässig durch den Anstieg typischer Biomarker erkennen – vor allem durch das kardiale Troponin. Troponine sind Enzyme, die in allen Muskeln vorkommen, auch im Herzmuskel. Sie regulieren die Muskelkontraktion, also das Zusammenziehen der Muskelfasern und sind nur dann im Blut nachweisbar, wenn Muskelzellen geschädigt wurden. Zum Beispiel, wenn Herzmuskelzellen zu wenig sauerstoffreiches Blut bekommen haben – wie beim Herzinfarkt. Typische Symptome in Kombination mit erhöhten Troponinwerten deuten wir fast schon als Beweis für einen Herzinfarkt. Sie müssen sich das vorstellen wie ein Corona-Schnelltest: Da steht innerhalb weniger Minuten "Troponin Positiv“ oder „Negativ“. Der richtige Nachweis mit der genauen Angabe, wie viel Troponin im Blut gemessen wurde, dauert dann 40 bis 45 Minuten. Allerdings kann es manchmal auch ein paar Stunden dauern, bis das Troponin im Blut nachweisbar ist.

 

Es gibt aber noch einen zweiten Wert, den wir regelhaft prüfen: die Creatin-Kinase (CK), ein weiteres Enzym, das in der Skelett- und in der Herzmuskulatur vorkommt. Dieser Wert ist zwar sehr unspezifisch, aber hochsensitiv, das heißt, er steigt beim Infarkt sehr früh an. Allerdings ist nicht genau erkennbar, ob dahinter eine harmlose Muskelverletzung oder ein Herzinfarkt steckt. Interessant ist der CK-Wert vor allem aus einem anderen Grund: Der Maximalwert korreliert hochgradig mit der Größe des Infarktareals. Also: je höher der Wert, desto größer der Schaden. Der Troponinwert ist hier weniger aussagekräftig, da er sehr stark von der Nierenfunktion und der Skalierung des jeweils verwendeten Assays abhängt, das heißt, dass er je nach Testverfahren unterschiedlich ausfallen kann.

 

Welche Untersuchung ist notwendig, um einen Herzinfarkt als Folge einer KHK sicher zu bestätigen?

In der Notaufnahme wird zuallererst ein EKG geschrieben. Bei einem schweren Herzinfarkt sehen wir da bereits typische Veränderungen und müssen gar nicht mehr auf die Laborwerte warten, sondern können direkt das Herzkatheterlabor anfahren. Nehmen wir als Beispiel: Der Creatin-Kinase-Wert ist hoch, das Troponin niedrig, und wir sehen im EKG Erhebungen, die auf einen Infarkt hindeuten – dann handeln wir sofort.

 

 

Zum Experten

Prof. Philip Wenzel

Prof. Philip Wenzel, Direktor der Medizinischen Klinik I - Kardiologie und Internistische Intensivmedizin, Klinikum Darmstadt

Porträt von Philip Wenzel, Bildquelle Klinikum Darmstadt.
Bildquelle: Klinikum Darmstadt

 

 

Was Sie sonst noch über Blutwerte und KHK wissen sollten

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK) häufig Folgeerkrankungen entwickeln. So werden zum Beispiel die meisten Herzinfarkte durch eine koronare Herzkrankheit (KHK) ausgelöst. Patientinnen und Patienten mit einer KHK haben aber auch ein deutlich erhöhtes Risiko, Herzrhythmusstörungen wie ein Vorhofflimmern zu entwickeln. Und auch die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ist häufig die Folge einer KHK. Umso wichtiger ist, dass Menschen mit einer KHK sensibel auf Veränderungen ihrer Beschwerden reagieren und sich bei Bedarf zeitnah medizinische Hilfe suchen.  

Tatsächlich gibt es typische Marker im Blut, die auf einen Herzinfarkt oder eine Herzschwäche hinweisen können. Lediglich Rhythmusstörungen lassen sich nicht per Bluttest nachweisen – da sind für die Diagnosestellung noch weitere Untersuchungen notwendig.

Ein Anstieg der NT-proBNP- oder BNP-Werte macht eine Herzschwäche sehr wahrscheinlich. Diese Herzschwächehormone werden gebildet, wenn die Herzkammern überdehnt sind – also bei erhöhtem Druck oder Volumen, wie es bei einer eingeschränkten Pumpleistung des Herzens typischerweise der Fall ist. Gleichzeitig steigt mit einem pathologisch erhöhten NT Pro BNP-Wert auch das Risiko für Herzrhythmusstörungen.

Ein Herzinfarkt lässt sich zuverlässig durch den Anstieg typischer Biomarker erkennen – vor allem durch das kardiale Troponin. Troponine regulieren die Muskelkontraktion, also das Zusammenziehen der Muskelfasern und sind nur dann im Blut nachweisbar, wenn Muskelzellen geschädigt wurden. Zum Beispiel, wenn Herzmuskelzellen zu wenig sauerstoffreiches Blut bekommen haben – wie beim Herzinfarkt.

Weitere informative Artikel dazu finden Sie auf unserer Übersichtsseite koronare Herzkrankheit.

Diese Seite teilen