Ein gestörter Schlaf schadet der Gesundheit. Er erhöht nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Vorhofflimmern, Herzschwäche oder Bluthochdruck, sondern sogar die Sterberate.
Ein gestörter Schlaf schadet der Gesundheit. Er erhöht nicht nur das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Vorhofflimmern, Herzschwäche oder Bluthochdruck, sondern sogar die Sterberate.
Von Kerstin Kropac
04.10.2023
Bildquelle (Bild oben): iStock / ljubaphoto
Oft werden sie von lautem Schnarchen begleitet: nächtliche Atemaussetzer, die zwischen zehn und 90 Sekunden dauern und mehrmals pro Stunde auftreten können. Die Betroffenen wissen häufig nicht, dass sie unter einer sogenannten Schlafapnoe leiden – und das ist fatal. Diese schlafbezogene Atmungsstörung kann nämlich für das Herz sehr gefährlich werden.
Im Schlaf werden alle Körperfunktionen heruntergefahren. Dann sinkt die Aktivität des sympathischen Nervensystems, das bei Stress oder Anstrengungen den Energieverbrauch anregt – es werden weniger Stresshormone ausgeschüttet. Das Herz schlägt ruhiger. Die Gefäße erweitern sich und der Blutdruck sinkt um etwa 10 mmHg. „Die Arbeitslast des Herzens setzt sich vor allem aus dem Blutdruck und der Herzfrequenz zusammen. Also: Wie oft muss das Herz mit welcher Kraft schlagen? Das entscheidet darüber, wie viel Energie es verbraucht“, erklärt Prof. Michael Arzt, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Universitätsklinikum Regensburg. „Je weniger Energie, desto schonender ist es für das Herz.“ Wenn man also zu wenig oder schlecht schläft, wirkt sich das langfristig ungünstig auf die Herzgesundheit aus.
„Ein Beispiel: Wenn Sie normalerweise acht Stunden schlafen und aus irgendwelchen Gründen nur noch vier schlafen können, bleiben Ihnen vier Stunden, in denen der Blutdruck absinken kann. In der restlichen Zeit haben Sie einen Blutdruck wie am Tag oder sogar noch höher. Ähnliches passiert bei schlechtem Schlaf“, erklärt Prof. Arzt. „Und dieser Schlafmangel bedeutet einen solchen Stress für den Körper, dass der Blutdruck auch am Tag höher sein kann, als er es normalerweise wäre – wenn man ausreichend und gut geschlafen hätte.“ Eine Studie hat beispielsweise gezeigt, dass langfristig weniger als fünf Stunden Schlaf pro Nacht das Risiko von Bluthochdruck verdoppeln kann – und ist der Blutdruck dauerhaft hoch, kommt es zu einer Verdickung der Herzwände. Das wiederum fördert das Entstehen einer Herzschwäche. Dann ist der Körper nicht mehr in der Lage, ausreichend Blut durch den Körper zu pumpen.
Bei unruhigem Schlaf durch sogenannte schlafbezogene Atmungsstörungen, die Schlafapnoe, sind die negativen Effekte auf das Herz sehr stark ausgeprägt. Kommt es im Schlaf regelmäßig zu Atempausen, wachen die Betroffenen ganz kurz auf – meist ohne sich daran erinnern zu können. Dennoch ist der Schlaf unterbrochen, sodass es nicht zu der notwendigen Absenkung des Blutdrucks kommt. „Bei schweren Formen der Schlafapnoe können die Betroffenen bis zu 300-mal pro Nacht aufwachen“, sagt Prof. Arzt. „Studien legen nahe, dass auch eine langjährige schlafbezogene Atmungsstörung zur Entstehung von Bluthochdruck beitragen kann. Deshalb empfehlen wir auch bei Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck, die Schlafqualität abzuklären.“
Studien zeigen außerdem, dass bei Patientinnen und Patienten mit einer Schlafapnoe ein Vorhofflimmern häufig weniger gut therapierbar ist, erklärt der Schlafmediziner. „Medikamente helfen dann zum Beispiel nur 39 Prozent der Betroffenen – bei Patienten ohne Atmungsstörung sind es etwa 70 Prozent.“ Dabei sind bei Menschen mit Vorhofflimmern die schlafbezogenen Atmungsstörungen besonders häufig: Bei 60 bis 70 Prozent der Betroffenen wird eine solche Atmungsstörung diagnostiziert. „Bei Vorhofflimmern erhöht sich das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden“, sagt Prof. Arzt. „Es gibt Studien, die zeigen, dass sich bei Menschen mit einer besonders stark ausgeprägten Atmungsstörung dieses Schlaganfall-Risiko verdoppelt.“ Gleichzeitig ist aber auch die Wahrscheinlichkeit, an Vorhofflimmern zu erkranken – je nach Studie – doppelt bis sechsfach höher, wenn man eine schlafbezogene Atmungsstörung hat. Hier sind allerdings noch weitere Studien nötig.
Kurzer oder gestörter Schlaf geht zudem mit einem erhöhten Atherosklerose-Risiko einher. Der körperliche Stress durch den schlechten Schlaf führt zu einer Adrenalinausschüttung, gleichzeitig steigt der Blutdruck – beide Mechanismen fördern die Entstehung einer Atherosklerose, also einer Verkalkung der Gefäße. „Deshalb sind sowohl Schlafmangel als auch Schichtarbeit durchaus mit einem erhöhten Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkte in Zusammenhang zu bringen. Man geht von einer Verdoppelung bis Verdreifachung aus. Aber auch hier sind noch Studien nötig“, erklärt Prof. Arzt.
Zusätzlich hat der Schlafmangel auch metabolische Effekte: Menschen bekommen bei Schlafentzug mehr Heißhungerattacken auf ungesundes Essen. „Es gibt sehr gute Studien, die zeigen, dass es bei Schichtarbeitern häufiger zu gravierenden Gewichtszunahmen kommt“, sagt Prof. Arzt. „Dann erhöht nicht der Schlafmangel direkt das Herz-Kreislauf-Risiko, sondern die zusätzlichen Erkrankungen. Und kommen dann noch Atemaussetzer im Schlaf dazu, kann auch der Sauerstoffmangel Veränderungen an den Gefäßen begünstigen.“
Allein in Deutschland leben ungefähr 24 Millionen Menschen mit einer Schlafapnoe – es ist eine Volkskrankheit. Die klassischen Symptome sind Schnarchen, Unterbrechungen des Schnarchens, wenn die Atempause kommt und ein insgesamt sehr unruhiger Schlaf, bei dem der Bettnachbar oder die Bettnachbarin merkt, dass sich der Betroffene hin und her wälzt. „Wenn der Verdacht auf eine Schlafapnoe besteht, sollte man eine sogenannte Polygrafie durchführen lassen“, sagt der Schlafexperte. „Dann bekommt man ein einfaches Testgerät mit nach Hause, ähnlich wie ein 24-Stunden-Langzeit-EKG – damit werden der Atemfluss und die Sauerstoffsättigung im Blut gemessen.“ Basierend auf dem Befund wird dann entschieden, ob eine Vorstellung im Schlaflabor erforderlich ist.
Alkoholkonsum und Übergewicht sind typische Risikofaktoren für die schlafbezogene Atmungsstörung. „Aber es gibt auch schlanke Menschen, die betroffen sind. Ihnen helfen häufig sogenannte Unterkieferprotrusionsschienen, die den Unterkiefer etwas nach vorne ziehen, damit genug Platz zum Atmen ist. Das ist wie eine Zahnspange“, erklärt Prof. Arzt. Außerdem gibt es Lagetrainer, also Geräte, die vibrieren, sobald man sich auf den Rücken legt, da die Atemaussetzer vor allem in der Rückenlage auftreten. Wenn all das nicht hilft, können die Betroffenen dauerhaft eine sogenannte Positivdrucktherapie bekommen, also ein kleines Beatmungsgerät für zu Hause.
Das geringste gesundheitliche Risiko haben Menschen mit einer Schlafdauer von sechs bis acht Stunden. „Studien zeigen allerdings, dass Menschen mit einer hohen Schlafeffizienz ein etwa halb so hohes Sterberisiko haben wie Menschen mit einer geringen Schlafeffizienz“, sagt Prof. Arzt. „Es macht also Sinn, sich nicht nur mit der Dauer des eigenen Schlafs, sondern vor allem mit der Schlafqualität zu beschäftigen.“