Unser Leben nach dem Herzinfarkt

Wie verändert sich das Leben nach einem Herzinfarkt? Wie bewältigt man Ängste, worauf gilt es zu achten, um gesund zu bleiben? Zwei Betroffene erzählen von ihrem ganz unterschiedlichen Umgang mit den Herausforderungen, die ein Herzinfarkt mit sich bringen kann und von ihrem Leben nach dem Herzinfarkt. 

Von Nicole Benke

 

13.08.2024


Bildquelle (Bild oben): Adobe Stock / Courtney Haas/peopleimages.com

Die Herzgeschichte von Heidi Szymanski beginnt 2010 mit Vorhofflimmern. „Das habe ich damals nicht ernstgenommen“, erinnert sich die heute 67-Jährige. 2018 dann der Infarkt. Ein Schock für die Hamburgerin. „Damit hatte ich nicht gerechnet“, sagt sie. Der Herzinfarkt rüttelt sie auf. Sie bekommt einen Stent und krempelt ihr Leben komplett um. Auch für Hans Britz kommt sein Herzinfarkt überraschend. Denn was seine Herzgesundheit angeht, wähnte er sich in Sicherheit. Der heute 65-Jährige nahm vor dem Infarkt knapp 20 Jahre an einer Herzstudie der Mainzer Uniklinik teil. „Dort wurde mir gesagt, dass mein Risiko für eine schwere Herz-Kreislauferkrankung bei unter fünf Prozent liegt“, sagt er. Im Sommer 2021 erleidet er trotzdem einen schweren Herzinfarkt. „Mein Überleben verdanke ich meiner Frau, die schnell und umsichtig reagiert und sofort den Notarzt verständigt hat“, sagt er. Fünf Stents werden Hans Britz damals eingesetzt. 

Bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute

Eine schnelle medizinische Versorgung ist nach einem Herzinfarkt entscheidend und kann die Überlebenschance und auch die Lebenserwartung nach einem Herzinfarkt deutlich erhöhen. Je länger der Infarkt unbehandelt bleibt, desto mehr Herzmuskelgewebe stirbt ab. Das kann zu irreversiblen Folgeschäden führen. 

Wie geht es weiter nach einem Herzinfarkt?

Das Leben nach dem Herzinfarkt beginnt für Heidi Szymanski und Hans Britz jeweils mit einer mehrwöchigen kardiologischen Reha. Sie werden medikamentös eingestellt, Heidi Szymanski lässt sich in der Reha nach dem Herzinfarkt zudem psychologisch betreuen. „Das hat mir in der Anfangszeit unglaublich geholfen. Gerade die Gruppentherapie, weil ich dort sehen konnte, wie andere mit der Situation umgehen“, sagt sie. Einige Betroffene kämpfen nach einem Herzinfarkt mit Ängsten. Bei Heidi Szymanski kommt die Angst, als sie aus der Reha entlassen wird. „In der Reha fühlte ich mich sicher, zu Hause hatte ich plötzlich Angst zu sterben. Ich traute mich nicht mehr einzuschlafen, ging nur noch mit Handy duschen. Der Gedanke, dass das Leben endlich ist, kam mir tatsächlich erst durch den Herzinfarkt und hat mich plötzlich komplett blockiert“, erinnert sie sich. Mit Hilfe einer Therapeutin gelingt es ihr, ihre Ängste zu bewältigen und die Angst vor dem Tod in etwas Positives umzuwandeln. „Ich lebe mein Leben jetzt viel bewusster und genieße seit meinem Herzinfarkt auch die kleinen Dinge, die mir früher nicht einmal aufgefallen sind oder die ich immer als selbstverständlich angesehen habe“, sagt sie. „Ich bin entspannter und mache mich nicht mehr so verrückt.“

Resilienz macht das Leben nach dem Herzinfarkt leichter

Sich nicht verrückt machen – das ist auch das Motto von Hans Britz. Er ist mit der Diagnose Herzinfarkt von Anfang an unaufgeregt umgegangen. Britz hat Philosophie studiert, dann lange im Weiterbildungsbereich einer Versicherung gearbeitet, heute ist er Job-Coach. „Ich sehe die Welt gelassen. Ich habe in meinem Berufsleben sehr viele Fortbildungen gemacht und bin dadurch ein recht resilienter Mensch, der gut mit Krisen umgehen kann. Das hat mir beim Umgang mit dem Herzinfarkt sehr geholfen“, sagt er. Britz war in einer Herzsportgruppe, nimmt Medikamente und geht regelmäßig zu seiner Kardiologin, ansonsten hat sich sein Leben nach dem Herzinfarkt kaum verändert. „Ich kann eigentlich alles machen wie vorher, da habe ich wirklich Glück.“ Lediglich beim Essen achtet er etwas aufs Cholesterin, und er versucht, sein Stresslevel niedrig zu halten. „In der Reha gab es viele Herzinfarktpatienten, die deutlich jünger waren als ich. Bei fast allen war der Herzinfarkt stressbedingt. Das hat mich schon erschüttert“, erzählt Britz.

Porträt von Hans Britz (links) und Heidi Szymanski (rechts).  Bildquelle: privat Hans Britz (links) und Heidi Szymanski (rechts) berichten von ihrem Leben nach dem Herzinfarkt. Bildquelle: privat

Den Lebensstil nach dem Herzinfarkt ändern

Für Heidi Szymanski hat der Herzinfarkt den gesamten Alltag verändert. Die Hausarbeit und alles, was mit dem Tragen von Gewicht zu tun hat, fällt ihr heute schwerer. „Ich muss etwa meine Einkäufe anders planen als früher“, sagt sie. „Und ich überlege, was ich gebündelt erledigen kann, um mir unnötige Wege zu sparen.“ Zum Leben nach dem Herzinfarkt gehörte für sie eine Lebensstiländerung.  Die ist für viele Betroffene wichtig, um einen zweiten Herzinfarkt zu vermeiden.  Gesund essen, sich bewegen, Stress vermeiden – all das ist wichtig für die Herzgesundheit. Heidi Szymanski hat angefangen, Sport zu treiben, geht seit ihrem Herzinfarkt in eine Herzsportgruppe. „Es macht Spaß und die sozialen Kontakte tun mir gut“, sagt sie. Auch ihre Ernährung hat sie nach dem Herzinfarkt umgestellt. „Im ersten Jahr war ich sehr extrem und habe ganz penibel auf alles geachtet. Bis mein Arzt sagte, dass ich mich nicht zu sehr kasteien sollte – denn das führt wieder zu Stress. Jetzt esse ich einfach bewusster und gesünder als früher.“ Viel frisches Gemüse und hochwertige Fette und dafür wenig Fleisch und Obst stehen seither auf ihrem Speiseplan. 

(Herz-)Gesundheit bekommt niemand geschenkt

So unterschiedlich der Umgang mit dem Herzinfarkt bei beiden auch ist, eins eint Heidi Szymanski und Hans Britz: Sie haben sich in Sachen Gesundheit weitergebildet. Hans Britz kennt heute alle Herzinfarkt-Symptome  genau – auch die untypischen. „Was die Symptome angeht, bin ich hellwach und weiß, dass ich im Notfall schnell reagieren kann. Aber ich lebe nicht in ständiger Alarmbereitschaft, was hätte ich auch davon? Ich bin nicht leichtsinnig und riskiere nichts. Aber ich mache mir erst Sorgen, wenn es nötig ist. Bis dahin genieße ich mein Leben in vollen Zügen.“

 

Heidi Szymanski nimmt nach ihrem Herzinfarkt an allen von der Krankenkasse geförderten Kursen teil, die ihr möglich sind – von der Ernährungsschulung bis zum Kreislauftraining. „Ich habe unglaublich viel über meine Gesundheit gelernt, das kann ich jedem nur ans Herz legen.“ In den Ernährungskursen bekommt sie aber auch mit, dass einige Teilnehmende ihre lieb gewonnenen, aber ungesunden Gewohnheiten gar nicht ändern wollen. „Es war ihnen zu anstrengend. Und das ist es zu Beginn auch. Aber es wird leichter! Inzwischen esse ich zum Beispiel ganz automatisch viel gesünder als vor dem Herzinfarkt. Darauf bin ich stolz, denn das habe ich mir hart erarbeitet. Man kann auch nach einem Herzinfarkt noch richtig alt werden. Aber man muss sich selbst bemühen. Das löst niemand für einen – auch kein Arzt.“ Einzig die Medikamente, die sie täglich nehmen muss, um ihren Stent freizuhalten, erinnern sie heute noch daran, dass sie einen Herzinfarkt hatte. „Ansonsten vergesse ich den Stent oft, so sehr bin ich in meinem neuen Leben nach dem Herzinfarkt inzwischen angekommen.“

 

Weitere informative Artikel dazu finden Sie auf unserer Übersichtsseite Herzinfarkt

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