Leben nach Herzinfarkt: Einen weiteren Infarkt vermeiden

Nach einem Herzinfarkt ist eine Lebensstiländerung wichtig, um einen zweiten Infarkt zu vermeiden. Dabei gilt es, an verschiedenen Stellschrauben zu drehen – von der Ernährung über Bewegung bis hin zum Stressmanagement. Worauf es im Detail ankommt und wie Betroffene langfristig am Ball bleiben.

Von Nicole Benke

 

30.07.2024


Bildquelle (Bild oben): adobestock / Jacob Lund

Wie hoch ist das Risiko für einen zweiten Herzinfarkt?

Nach einem Herzinfarkt erleiden bis zu einem Drittel der Betroffenen einen zweiten Infarkt, der oft mit einer schlechteren Überlebensrate einhergeht. „Das Risiko für einen zweiten Infarkt besteht immer und sollte ernst genommen werden“, sagt Kardiologe Dr. Franz Goss. Wie hoch es genau ist, ist individuell verschieden. Neben dem Alter spielen Begleiterkrankungen wie Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck eine Rolle. Auch der Lebensstil beeinflusst das Risiko für einen zweiten Infarkt. „Mit ihm hängen viele Erkrankungen, die einen Herzinfarkt begünstigen, direkt zusammen“, so Goss.

 

Gefahr für 2. Infarkt wird unterschätzt

Die Gefahr für einen zweiten Herzinfarkt wird von vielen Patientinnen und Patienten und sogar von Ärztinnen und Ärzten unterschätzt, so das Ergebnis des DGK-Versorgungsforschungsprojekts GULLIVE-R. Auch beim Gesundheitswissen hapert es: 90 Prozent der Befragten denken, gut über ihre Erkrankung informiert zu sein, dabei wissen 80 Prozent der Befragten wissen nicht, wie hoch der LDL-Cholesterinwert sein sollte, nur 40 Prozent kennen ihren Blutdruck. 

Zum Experten

Dr. med. Franz Goss

Dr. med. Franz Goss, FACC, FESC ist Internist und Kardiologe und einer der drei Autoren der GULLIV-R Studie der DGK. Er ist Sprecher des Ausschusses eCardiology „Cross-sectional strategies“ und Mitglied der Projektgruppe „Ethik“ und Taskforce „Mentoring“ der DGK. 

 

Bildquelle: Dr. med. Franz Goss

Lebensstil ändern nach Herzinfarkt: Was ist wichtig?

Zum Leben nach einem Herzinfarkt gehört immer eine Lebensstiländerung. Rauchen, Alkohol meiden, Essen: Es gilt, an verschiedenen Stellschrauben zu drehen, um einen zweiten Infarkt zu vermeiden. 
 

Mit dem Rauchen aufhören

Rauchen ist der größte Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen. Um einen zweiten Herzinfarkt zu vermeiden, ist die wichtigste Maßnahme, das Rauchen komplett einzustellen.

 

Blutdruck und Cholesterin überwachen

Ein dauerhaft hoher Blutdruck kann das Herz und die Blutgefäße schädigen. Hohe Cholesterinwerte begünstigen eine Verengung der Blutgefäße. Entscheidend nach einem Herzinfarkt sind daher ein gut eingestellter Blutdruck und niedere Cholesterinspiegel. Dabei unterstützt die Hausarztpraxis.

 

Medikamente einnehmen

Die nach einem Herzinfarkt verschriebenen Medikamente müssen gewissenhaft eingenommen werden. „Sie sind ein entscheidender Hebel, um das Risiko für einen zweiten Infarkt um bis zu 50 Prozent zu reduzieren“, sagt Goss.

 

Ärztliche Kontrolltermine wahrnehmen

Alle 2–4 Wochen, 3 Monate, 6 Monate und 12 Monate nach einem Herzinfarkt sollten Betroffene zur ärztlichen Kontrolle gehen. Danach ist eine halbjährliche bis jährliche Kontrolle sinnvoll.

 

Regelmäßig bewegen

Sport stabilisiert die Herz-Kreislauf-Regulation und regelmäßige Bewegung reduziert das Risiko für einen zweiten Herzinfarkt um bis zu 15 Prozent. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivitäten pro Woche. „Es muss nicht das Fitnessstudio sein“, sagt Goss. „Ein guter Start ist, sich einen Schrittzähler zuzulegen und 10.000 Schritte pro Tag zu schaffen.“

 

Gesund essen

Auch die Ernährung hat einen großen Einfluss auf die Herzgesundheit. Diäten für die Herzgesundheit gibt es viele. Besonders empfehlenswert ist eine mediterrane Kost mit viel frischem Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen, fettem Fisch und nativem Olivenöl. Außerdem wichtig fürs Herz: Zucker und Salz reduzieren und möglichst wenig Alkohol trinken. 

 

Das Gewicht im Blick haben

Übergewicht schadet dem Herzen und fördert Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck. Schon eine moderate Gewichtsabnahme senkt das Risiko für einen zweiten Herzinfarkt. Zur Orientierung kann der Bauchumfang dienen: Er sollte bei Männern unter 94 und bei Frauen unter 80 Zentimetern liegen.

 

Stress minimieren

Dauerstress macht das Herz krank und auch akute Stresssituationen können zu Herzereignissen führen. Entspannungstechniken wie Meditationen, Yoga oder Atemübungen helfen, Stress abzubauen. 

 

Auf einen Blick – wie lässt sich das Risiko eines weiteren Herzinfarkts minimieren?

  • Mit dem Rauchen aufhören

  • Blutdruck und Cholesterin gut einstellen

  • Medikamente nehmen

  • Regelmäßig zum Arzt gehen

  • Täglich bewegen

  • Gesund ernähren 

  • Gewicht im Blick haben

  • Stress reduzieren

Leben nach Herzinfarkt: Nach ein paar Monaten schwindet die Disziplin

Das Problem: Viele der Maßnahmen sind bekannt, werden aber nicht dauerhaft umgesetzt. „Etwa sechs Monate nach einem Herzinfarkt nehmen die meisten ihre Medikamente gewissenhaft ein – dann geht die Einnahme um 40 bis 50 Prozent zurück. Nur 15 Prozent gehen nach einem Herzinfarkt in eine Herzsportgruppe, lediglich 10 Prozent nehmen an einem Programm zur Raucherentwöhnung teil. Das ist zu wenig“, sagt Goss.

 

Woran liegt es, dass die Motivation nach ein paar Monaten sinkt? „Die Leidenslast nach einem Herzinfarkt ist nicht groß genug“, sagt Goss. „Ein hoher Blutdruck tut nun mal nicht weh. Viele Betroffene leben nach dem Motto: Es ist ja nochmal gutgegangen und jetzt geht es mir doch ganz okay! Verdrängung spielt eine große Rolle. Dabei geht es um eine dauerhafte Änderung der Gewohnheiten – ein Leben lang.“ 

Lebensstil nach Herzinfarkt dauerhaft ändern – so bleiben Sie am Ball

  • Das Unangenehme mit dem Angenehmen verbinden und zum Beispiel während der Lieblingssendung auf dem Hometrainer trainieren. Das fällt vielen leichter, weil die Zeit dabei gefühlt schneller vergeht. 

  • Apps nutzen: Herzgesundheits-Apps erfassen wichtige Gesundheitswerte, erinnern an Arzttermine und halten die Motivation hoch, weil sie Betroffene regelmäßig animieren, sich mit ihrer Herzgesundheit zu beschäftigen. 

  • Mit anderen zusammentun: Ob Herzsportgruppe oder Seniorenfitness im Sportverein: „Soziale Kontakte und der Austausch mit anderen Betroffenen erhöhen die Adhärenz, also das Ausmaß, in dem sich Betroffene an die ärztlichen Empfehlungen halten, enorm“, sagt Goss. 

 

Nicht zuletzt ist es wichtig, sich Wissen über das eigene Krankheitsbild und die Risiken für einen zweiten Infarkt anzueignen. „Wer gut informiert ist, dem fällt es leichter, neue Routinen zu entwickeln und sein Leben nach einem Herzinfarkt dauerhaft gesünder zu gestalten“, ist Goss überzeugt. „Aber dafür muss man etwas tun. Gesundheit ist kein Selbstläufer – man muss sie sich erarbeiten und verdienen.“

 

 

Weitere informative Artikel dazu finden Sie auf unserer Übersichtsseite Herzinfarkt

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