Wie lässt sich die Schaufensterkrankheit behandeln?
Die Behandlung einer PAVK ist von ihrem Stadium abhängig. „In den niedrigeren Stadien, insbesondere in Stadium 2, ist es vor allem eine symptomatische Therapie“, sagt Prof. Tiefenbacher. „Die Patienten sollten erst einmal ein halbes Jahr lang möglichst viel laufen, am besten in strukturierten Trainingsprogrammen. Oft reicht das aus, um die Durchblutung zu verbessern.“ Gerade jüngere Betroffene, die berufstätig sind, haben aber häufig keine Zeit oder Lust, so viel zu laufen und entscheiden sich eher für eine Intervention. „Das ist die zweite Schiene: die sogenannte interventionelle Angioplastie. Dazu zählt zum Beispiel die Aufdehnung von Engstellen in den Blutgefäßen und die Versorgung mit Stents. Oder man versucht, die Ablagerung aus den Gefäßen herauszuschneiden.“ Alternativ wäre auch ein Bypass möglich, bei dem körpereigene Venen benutzt werden, um verengte Stellen zu überbrücken. „Im Stadium 2 kann man sich für solche Interventionen entscheiden“, sagt die Kardiologin. „Im Stadium 3 und 4 sollte man sie dann auf jeden Fall durchführen. Denn dann geht es um den Erhalt des Beines und nicht mehr nur um die Verbesserung der Gehstrecke.“ Wichtig für alle Stadien ist eine medikamentöse Therapie mit Behandlung der Risikofaktoren, um ein Fortschreiten der Atherosklerose zu verhindern.
Kann bei der PAVK eine Amputation notwendig werden?
Leider kommt es – trotz guter Behandlungsmöglichkeiten – noch viel zu häufig vor, dass aufgrund der Schaufensterkrankheit Amputationen durchgeführt werden müssen. „Durch die kritische Unterversorgung des Gewebes mit Sauerstoff und nährstoffreichem Blut können Wunden entstehen, die sich nicht mehr schließen lassen“, erklärt Prof. Tiefenbacher. „Im schlimmsten Fall kann im weiteren Verlauf sogar der Verlust von Extremitäten drohen.“ Das Problem ist, dass viele Betroffene sich zu spät ärztliche Hilfe suchen. „Die kommen dann in einem Stadium, in dem man auch durch eine Operation oder einen Kathetereingriff das Bein nicht mehr retten kann“, sagt Prof. Tiefenbacher: „Daher der Appell: Wenn die geschilderten Beschwerden auftreten, sollte man sofort überprüfen lassen, ob die Durchblutung in Ordnung ist! Es ist wichtig, frühzeitig zu reagieren.“
Welche Medikamente sollten Patientinnen und Patienten mit einer PAVK einnehmen?
„In der Regel verordnen wir Patientinnen und Patienten mit einer PAVK Aspirin oder andere blutverdünnende Medikamente“, sagt Prof. Tiefenbacher. „Zudem sollten die Risikofaktoren wie Bluthochdruck, die Blutzuckerkrankheit Diabetes oder hohe Cholesterinwerte medikamentös behandelt werden. Dabei sollten bestimmte Zielwerte erreicht werden.“ Wichtig: Die medikamentöse Behandlung ist die Grundlage der PAVK-Therapie in allen Stadien. Zudem sollten Menschen, die rauchen, eine Beratung zur Nikotinentwöhnung bekommen. Dabei kann auch eine medikamentöse Unterstützung sinnvoll sein.
Warum kann ein Gehtraining bei der PAVK helfen?
Sogar Betroffene, die nur noch kürzere Wegstrecken beschwerdefrei laufen können, haben die Chance, durch Gehtraining wieder schmerzfrei zu werden. „Das Training führt dazu, dass sich körpereigene Umgehungskreisläufe bilden. Das heißt: Wenn eines der Hauptgefäße verschlossen oder hochgradig verengt ist, sucht sich das Blut möglicherweise einen Weg über andere, zunächst kleinere Gefäße. Die können sich dann durch die körperliche Aktivität verstärken“, erklärt Prof. Tiefenbacher. „Das kann dazu führen, dass Patientinnen und Patienten irgendwann wieder beschwerdefrei sind, weil sich sozusagen körpereigene Bypässe gebildet haben.“ Optimalerweise findet das Training in einer beaufsichtigten Gehgruppe statt. Allerdings gibt es die nicht überall. Dann sollten die Betroffenen das Training allein durchführen. „Man sollte laufen, bis die Schmerzen kommen, abwarten, bis sie wieder verschwinden und dann weitergehen“, erklärt die Kardiologin. „Und das möglichst jeden Tag. Am Anfang vielleicht nur fünf Minuten, aber später durchaus auch mal eine halbe Stunde oder länger.“
Katheterbehandlung oder Bypass – was ist bei der Schaufensterkrankheit sinnvoll?
Ob eine Katheterbehandlung oder ein Bypass bei Betroffenen mit der Schaufensterkrankheit besser geeignet ist, hängt hauptsächlich vom Befund ab. „Tendenziell versuchen wir, eine Katheterbehandlung durchzuführen“, sagt Prof. Tiefenbacher. „Hat man aber einen Gefäßverschluss über viele Zentimeter, verspricht ein Kathetereingriff wenig Erfolg und man entscheidet sich eher für eine Bypass-Operation.“ Der Nachteil beim Bypass ist, dass der sich nach einigen Jahren wieder verengen kann. Für beide Verfahren gilt: Auch wenn man nach der Behandlung beschwerdefrei ist, bedeutet das nicht, dass man die kommenden 20 Jahre von Durchblutungsproblemen verschont bleibt. „Es ist ganz wichtig, gesund zu leben, also nicht zu rauchen, sich regelmäßig zu bewegen und die weiteren Risikofaktoren gut zu behandeln, um das erneute Auftreten einer PAVK zu verhindern“, sagt die Kardiologin.
Wie lässt sich der Entstehung oder Verschlechterung einer PAVK vorbeugen?
Für die Vorbeugung einer PAVK gelten dieselben Maßnahmen, die auch das Herz schützen. „An erster Stelle steht immer das Lifestyle-Management. Also: nicht rauchen, sich gesund ernähren und viel bewegen“, sagt Prof. Tiefenbacher. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt täglich mindestens 30 Minuten Bewegung, optimal sind 60 Minuten – und das am besten fünfmal pro Woche. Für Menschen, die viel arbeiten, gibt es aber auch das sogenannte Modell der ‚Weekend-Warrior‘. Eine neue Studie hat gezeigt, dass es genauso effektiv ist, wenn man sich nicht täglich, sondern nur am Wochenende bewegt, um auf mindestens 150 Minuten Sport zu kommen. „Ich erlebe Patientinnen und Patienten, die nach ihrer PAVK-Diagnose ihr komplettes Leben umstellen“, erzählt Prof. Tiefenbacher. „Sie nehmen 20 Kilo ab, hören auf zu rauchen und treiben mehr Sport. Denen gelingt es dann tatsächlich häufig, den Prozess umzukehren. Nach einiger Zeit spüren sie überhaupt keine Beschwerden mehr.“