Was kommt 2025?

 

Wir werfen einen Blick in die Zukunft und präsentieren einen Ausblick auf die wichtigsten kardiologischen Studien des Jahres 2025. Vor allem die Klasse der RNA-basierten Wirkstoffe (siRNA) und der Antisense-Oligonukleotide (ASO) konnte bisher die Hoffnungen erfüllen und könnte den Beginn einer neuen Ära markieren. Aber auch die Inkretinmimetika Semaglutid und Tirzepatid ließen nicht nur die Pfunde purzeln, sondern senkten auch das kardiovaskuläre Risiko bei Patientinnen und Patienten mit HFpEF und Adipositas. Lesen Sie hier, wie es weitergeht, und auf welche neuen Studien Sie sich 2025 freuen können.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

19.12.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Butusova Elena / Shutterstock.com

Monatelange Blutdrucksenkung mit Zilebesiran

 

Mangelnde Adhärenz ist die Hauptursache dafür, dass weltweit nur etwa ein Viertel der Betroffenen die Blutdruckzielwerte erreichen. Zilebesiran (alle 6 Monate subcutan injiziert) könnte dieses Problem überwinden und zum Meilenstein der kardiovaskulären Prävention werden. Nach vielversprechenden Ergebnissen von KARDIA-1 und KARDIA-2 kommt 2025 mit KARDIA-3 die Fortsetzung des Zilebesiran-Studienprogramms. KARDA-3 untersucht die Wirksamkeit von Zilebesiran als Add-on zu 2 bis 4 Antihypertensiva bei Erwachsenen mit hohem CVD-Risiko.   

 

Wenn Statine nicht ausreichen: Neue Wirkstoffe zur LDL-C-Senkung

 

Der PCSK9-Hemmer Inclisiran wird ebenfalls alle 6 Monate subcutan injiziert. Im umfangreichen ORION-Studienprogramm und zuletzt in der auf dem ACC.2024 vorgestellten VICTORION-INITIATE wurde mehrfach eindrucksvoll bestätigt, dass Inclisiran eine anhaltende LDL-C-Senkung von 50-60 % zusätzlich zur Wirkung von Statinen erreicht. Im nächsten Jahr werden mit VICTORION-Implement Real-World-Daten zu 3 Kohorten (Inclisiran-Monotherapie, Inclisiran in Kombination mit Statinen oder mit Apharese) erwartet. Es bleibt zu hoffen, dass Inclisiran bald allen Patientinnen und Patienten mit zu hohen LDL-C-Werten trotz Statin-Therapie zur Verfügung steht.

 

„Für die Klasse der PCSK9-Hemmer liegen bereits Daten vor. Es geht um die Umsetzung in den verschiedenen Gesundheitssystemen“, so Rubrikleiter Prof. Ulrich Laufs (Universitätsklinikum Leipzig).


Das Fusionsprotein Lerodalcibep ist ein weiterer PCSK9-Inhibitor, dessen Langzeit-Wirksamkeit und -Sicherheit in den Studien LIBerate-OLE und LIBerate-HeFH-OLE erwiesen wurde (präsentiert auf dem AHA 2024). Im kommenden Jahr ist laut Hersteller (LIB Therapeutics) mit der FDA-Zulassung von Lerodalcibep zu rechnen.


Obicetrapib, ein oraler Wirkstoff aus der Klasse der selektiven Cholesterylester-Transferprotein (CETP)-Hemmer, überzeugte ebenfalls in der Phase-3-Studie BROOKLYN durch eine starke LDL-C- und Lp(a)-Senkung bei Familiärer Hypercholesterinämie (FH). Die beiden Phase-3-Studien BROADWAY (Obicetrabip bei HeFH und/oder ASCVD und lipidsenkender Therapie) und TANDEM (Obicetrapib als Fix-Kombi-Tablette mit Ezetimib bei ASCVD und/oder HeFH) werden im nächsten Jahr erwartet. Erste positive Daten gab der Hersteller (NewAmsterdam Pharma) bereits für TANDEM bekannt: Die Fix-Kombination aus Obicetrapib und Ezetimib senkte den LDL-C-Wert am Tag 84 um rund 50 % und über 70 % der Patientinnen und Patienten erreichten die LDL-C-Werte unter 55 mg/dl.1

 

Packender Endspurt um die Lp(a)-Senkung

 

Noch gibt es noch keinen zugelassenen Wirkstoff für die Lp(a)-Senkung, doch das könnte sich bald ändern. Am besten untersucht ist Pelacarsen, ein Antisense-Oligonukleotid, das durch kovalente Bindung den enzymatischen Abbau der apo(A)-mRNA induziert. Besonders groß ist daher das Interesse an den Daten der Pivotal-Studie Lp(a)HORIZON mit über 8.000 Personen mit CVD und erhöhten Lp(a)-Werten, die voraussichtlich Mitte 2025 abgeschlossen sein wird.


Der nächste Kandidat im Rennen ist der siRNA-Wirkstoff Olpasiran, zu dem derzeit die Phase-3-Studie OCEAN(a) mit über 7.000 Patientinnen und Patienten mit ASCVD läuft. Olpasiran zeigte zuvor in der Dosisfindungsstudie OCEAN(a)-DOSE eine Reduktion der Lp(a)-Konzentration um 90 % bei guter Verträglichkeit.2 Eine kürzlich veröffentlichte zusätzliche Analyse zu OCEAN(a)-DOSE ergab außerdem eine bemerkenswerte intraindividuelle Variabilität der Lp(a)-Spiegel, so dass die einmalige Messung der Lp(a)-Werte möglicherweise nicht immer ausreichen könnte.3


Weitere Hoffnungsträger für die Lp(a)-Senkung sind die beiden siRNA-Wirkstoffe Zerlasiran und Lepodisiran. Zerlasiran lieferte ermutigende Daten in der Phase-2-Studie ALPACAR und zu Lepodisiran läuft bereits die Phase-3-Studie ACCLAIM-Lp(a).

 

Der einzige orale Wirkstoff zur Lp(a)-Senkung ist Muvalaplin, der ebenfalls in der Phase-2-Studie KRAKEN überzeugte, so dass auch das Studienprogramm für Muvalaplin zukünftig weiter fortgesetzt werden wird. Möglicherweise könnte somit in den nächsten Jahren eine breite Therapie-Palette für die Lp(a)-Senkung zur Verfügung stehen.

 

Neue Therapieansätze für Herzinsuffizienz

 

Der nicht-steroidale Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist (MRA) Finerenon reduzierte Herzinsuffizienz-Ereignisse signifikant in der Studie FINEARTS-HF, die auf dem ESC-Kongress 2024 präsentiert wurde. Auch in zahlreichen weiteren Subanalysen zu FINEARTS-HF gab es übereinstimmend positive Daten für Finerenon. Falls nächstes Jahr CONFIRMATION-HF (Kombination von Finerenon mit SGLT2-Inhibitoren) diese Ergebnisse bestätigt, ist die Zulassungserweiterung für das Nierenmedikament Finerenon zur Behandlung von Herzinsuffizienz sicherlich für 2025 zu erwarten.


Ein anderer interessanter und innovativer Wirkstoff ist das synthetische Antisense-Oligonukleotid CDR132L, das die Mikro-RNA miR-132 blockiert und so langfristige kardiale Verbesserungen erzielen soll. Die Ergebnisse der Phase-2-Studie HF-REVERT mit 280 Menschen mit reduzierter LVEF (≤ 45 %) nach Myokardinfarkt werden mit großer Spannung 2025 erwartet.


Nach dem eindrucksvollen Erfolg der Phase-3-Studie SUMMIT für den GIP- und GLP-1 Rezeptoragonisten Tirzepatid bei Patientinnen und Patienten mit HFpEF und Adipositas wird es 2025 mit SURPASS-CVOT eine weitere große Tirzepatid-Studie geben zu den kardiovaskulären Langzeit-Effekten im Vergleich zum GLP-1-Analogon Dulaglutid mit über 13.000 Personen mit Diabetes und hohem CVD-Risiko.


Vor Tirzepatid hatte bereits der GLP-1-Agonist Semaglutid Wirksamkeit bewiesen bei adipösen Personen mit HFpEF (STEP-HFpEF) sowie mit zusätzlichem Diabetes mellitus Typ 2 (STEP-HFpEF-DM). Erste Daten zur Phase-3-Studie SOUL zeigen, dass Semaglutid bei Erwachsenen mit Diabetes und Herzkrankheit und/oder chronischer Nierenerkrankung im Vergleich zu Placebo das Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) um 14 % senkte. Die detaillierten Daten werden 2025 vorgestellt.4

 

Was bringen Sentinel-Devices?

 

Spezifische zerebrale Protektionssysteme (Sentinel-Devices) sollen die hirnversorgenden Gefäße während der Klappenimplantation vor Embolien schützen. Auf dem TCT-Kongress 2024 wurde dazu die Studie PROTECTED TAVR präsentiert, die allerdings viele Fragen offen ließ. Nun wurde bekannt, dass die große Studie BHF-PROTECT-TAVR mit über 7.000 Patientinnen und Patienten vorzeitig abgebrochen wurde, da die Aussichten einen Nutzen der Sentinel-Devices nachzuweisen als äußert gering eingeschätzt wurden. Jedoch wird es mit PROTEMBO 2025 eine neue Studie geben, die zum weiteren Erkenntnisgewinn beitragen kann: Gegenstand der Untersuchung ist das neue ProtEmbo-Device im Vergleich zu Sentinel-Devices oder zu keinem Protektionssystem nach der TAVI-Prozedur.

 

Was gibt es Neues bei der Antikoagulation?

 

Die Hoffnungen durch die Faktor-XI-Hemmung Thromboembolien wirksam zu verhindern, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen, sind zuletzt nach dem Aus von Asundexian in der Phase-3-Studie OCEANIC-AF deutlich zusammengeschrumpft. Daran werden wohl im nächsten Jahr die Ergebnisse der Phase-3-Studie OCEANIC-STROKE zur Schlaganfall-Prävention nach ischämischem Hirninfarkt oder Transitorischer Ischämischer Attacke (TIA) kaum etwas ändern.


Nach dem Ausscheiden von Asundexian bleiben noch die beiden Faktor-XI-Hemmer Milvexian und Abelacimab im Rennen. Abelacimab hatte positive Daten in der Phase-2-Studie AZALEA-TIMI 71 geliefert und mit ersten Daten der Phase-3-Studie LILAC-TIMI 76 ist 2025 zu rechnen.

 

Einen Dämpfer gab es auch bereits für Milvexian: In Kombination zur dualen antithrombozytären Therapie reduzierte Milvexian in der Phase-2-Studie AXIOMATIC-SSP nicht das Risiko für Hirninfarkte nach Schlaganfall oder TIA.5 Derzeit läuft die große Phase-3-Studie LIBREXIA-AF zum Vergleich von Milvexian versus Apixaban für die Sekundärprävention bei Vorhofflimmern.


Zudem gab es in letzter Zeit eher schlechte Nachrichten für NOAK: Zum einen war laut einer deutschen Registerstudie die Mortalität mit NOAK überraschenderweise höher gegenüber Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und zum anderen hatten mehrere Studien gezeigt, dass NOAK sich bei mechanischem Herzklappenersatz nicht als Alternative zu VKA eignen.6,7 Ob RENOVATE zum Vergleich von Rivaroxaban versus Warfarin bei mechanischem Herzklappenersatz zu einem anderen Ergebnis kommt, wird sich 2025 zeigen.

 

Studien zu Sirolimus-DCB und Outcomes nach kardiogenem Schock

 

Beim TCT 2024 hatte SIRONA erstmalig gezeigt, dass Sirolimus- und Paclitaxel-DCB gleichwertige Alternativen zur Behandlung der pAVK im femoropoplitealen Gefäßabschnitt sind. Im kommenden Jahr werden weitere Studien zu Sirolimus-beschichteten Ballonkathetern erwartet, wie z.B. SirPAD oder PROMISE-BIF zum Einsatz von Sirolimus- vs. Paclitaxel-DCB bei koronaren Bifurkationsläsionen.


Laut einer beim ESC 2024 vorgestellten Meta-Analyse verbesserten Impella und VA-ECMO im kardiogenen Schock nach STEMI das Überleben, doch der Einfluss des Unloadings auf die Mortalität blieb weiterhin offen. In diesem Kontext kann die prospektive Studie UNLOAD ECMO im nächsten Jahr die Frage beantworten, ob ein zusätzliches LV-Unloading die Mortalität nach kardiogenem Schock reduzieren kann. Andere Studien zu den Outcomes nach kardiogenem Schock, wie ANCHOR, wurden vorrübergehend ausgesetzt wegen technischer Probleme und haben sich daher verzögert oder wurden wie im Fall von REVERSE komplett abgebrochen wegen mangelnder Rekrutierung.

 

Updates von ESC- und AHA-Guidelines 2025

Neben zahlreichen neuen Studien wird es auch 2025 wieder Aktualisierungen von europäischen und US-amerikanischen Leitlinien geben zu folgenden Themen:

 

ESC-Guidelines 2025

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Schwangerschaft
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Gesundheit
  • Myokarditis und Perikarditis
  • Herzklappenerkrankungen

 

AHA-Guidelines 2025

  • Akutes Koronarsyndrom
  • Bluthochdruck
  • Akute Lungenembolie
  • Erwachsene mit angeborenen Herzkrankheiten


Das kommende Jahr 2025 wird sicherlich zahlreiche neue Erkenntnisse bringen und die Therapielandschaft möglicherweise um innovative Wirkstoffe bereichern. Ob Tops oder Flops – auf Herzmedizin.de finden Sie, wie gewohnt, zuverlässige und zeitnahe Informationen zu allen Studien-Highlights sowie fundierte Bewertungen durch hochkarätige und renommierte Expertinnen und Experten.


Wir wünschen Ihnen ein spannendes und erfolgreiches Jahr 2025!


Referenzen

  1. https://ir.newamsterdampharma.com/news-releases/news-release-details/newamsterdam-pharma-announces-positive-topline-data-pivotal-0
  2. O'Donoghue ML et al. Small Interfering RNA to Reduce Lipoprotein(a) in Cardiovascular Disease. N Engl J Med. 2022;387(20):1855-1864. doi: 10.1056/NEJMoa2211023.
  3. Gaba P et al. Intraindividual Variability in Serial Lipoprotein(a) Concentrations Among Placebo-Treated Patients in the OCEAN(a)-DOSE Trial. J Am Coll Cardiol. 2024 Dec 4:S0735-1097(24)10043-5. doi: 10.1016/j.jacc.2024.10.081.
  4. https://www.novonordisk.com/content/nncorp/global/en/news-and-media/news-and-ir-materials/news-details.html?id=171480
  5. Sharma M et al. Safety and efficacy of factor XIa inhibition with milvexian for secondary stroke prevention (AXIOMATIC-SSP): a phase 2, international, randomised, double-blind, placebo-controlled, dose-finding trial. Lancet Neurol. 2024 Jan;23(1):46-59. doi: 10.1016/S1474-4422(23)00403-9.
  6. Engelbertz C et al. Apixaban, edoxaban and rivaroxaban but not dabigatran are associated with higher mortality compared to vitamin-K antagonists: A retrospective German claims da-ta analysis. J Intern Med. 2024 Oct;296(4):362-376.
  7. Bejjani A et al. When Direct Oral Anticoagulants Should Not Be Standard Treatment: JACC State-of-the-Art Review. J Am Coll Cardiol. 2024 Jan 23;83(3):444-465. doi: 10.1016/j.jacc.2023.10.038. Erratum in: J Am Coll Cardiol. 2024 Apr 9;83(14):1351. doi: 10.1016/j.jacc.2024.02.032. PMID: 38233019.

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